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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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langsam und vorsichtig nach oben, wobei Lady Missgunst den Schluss bildete.
    Sie stiegen schließlich durch eine Bodenluke von der Größe eines Lagerhauses, die sich auf den geteerten Fußboden eines der Häuser öffnete. An drei der vier Wände des Raumes lagerten in Jute eingewickelte Vorräte. Große Fässer waren umgestürzt, quer durch den Raum gerollt, und lagen nun alle an einer Stelle. Rechts davon war eine Doppeltür, die jetzt offen stand; sie war zweifellos von Baaljagg und Garath aufgebrochen worden und gab den Blick auf eine gepflasterte Straße frei.
    Die Luft war bitterkalt.
    »Es mag sich als lohnend erweisen«, sagte Mok zu Lady Missgunst, »jedes dieser Häuser zu untersuchen, Stockwerk für Stockwerk, um zu entscheiden, welches davon am wenigsten baufällig und somit am ehesten bewohnbar ist. Es scheint hier noch einige Vorratslager zu geben, derer wir uns bedienen können.«
    »Ja, ja«, erwiderte Lady Missgunst zerstreut. »Derart weltliche Notwendigkeiten überlasse ich dir und deinen Brüdern. Die Annahme, die uns zu dieser Reise gebracht hat, beruht auf dem nicht nachprüfbaren Glauben, dass dieses komische Ding uns gezwungenermaßen nach Norden tragen wird, über die gesamte Breite der Bucht von Korall hinweg und schließlich zu der Stadt, die unser Ziel ist. Ich und ganz allein ich muss mich, wie es aussieht, darüber ärgern.«
    »Wie es Euch beliebt, Herrin.«
    »Hüte deine Zunge, Mok!«, schnappte sie.
    Er neigte in stummer Entschuldigung den maskierten Kopf.
    »Meine Diener vergessen sich, wie es scheint. Denkt daran, welches Ausmaß mein Zorn annehmen kann, ihr drei. In der Zwischenzeit werde ich durch die Straßen dieser Stadt bummeln.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und schritt gelangweilt auf die Tür zu.
    Baaljagg und Garath standen drei Schritt dahinter; der Regen prasselte so hart auf ihre breiten Rücken, dass sich ein feiner Gischtnebel bildete. Beide Tiere beäugten eine einsame Gestalt, die im Halbschatten der überhängenden Dachgaube des gegenüberliegenden Hauses stand.
    Einen Augenblick lang hätte Lady Missgunst beinahe geseufzt, doch dann wurde ihr die Tatsache, dass sie die Gestalt nicht erkannte, richtig klar. »Oh! Und ich wollte schon sagen: Mein lieber Tool, Ihr habt schließlich doch noch auf uns gewartet! Aber siehe da, Ihr seid gar nicht Tool, nicht wahr?«
    Der T’lan Imass vor ihnen war kleiner und untersetzter als Tool.
    Drei in einem unbekannten Stil aus schwarzem Eisen gefertigte Breitschwerter hatten die breite, kräftige Brust des untoten Kriegers durchbohrt; zwei waren von hinten in seinen Oberkörper getrieben worden, das dritte von der linken Seite her. Gebrochene Rippen ragten aus schwarzer, salzüberkrusteter Haut. Die Lederriemen aller drei Schwertgriffe hingen in verrotteten, ausgefransten Streifen von den hölzernen Unterplatten der Griffe. Federdünne Überbleibsel alter Zauberei flossen unstet über die verwitterten Klingen.
    Die Gesichtszüge des Kriegers waren außergewöhnlich derb, der Brauenwulst war ein hautloser Knochensteg in einem fleckigen Dunkelbraun, die Wangenknochen sprangen weit vor und reichten hoch hinauf, rahmten abgeflachte, ovale Augenhöhlen ein. Kalt gehämmerte Kupferfänge Kronten die oberen Eckzähne des Untoten. Der T’lan Imass trug keinen Helm. Lange, weiß ausgebleichte und an den Enden mit Haifischzähnen beschwerte Haare baumelten zu beiden Seiten des breiten kinnlosen Gesichts.
    Eine höchst scheußliche, beängstigende Erscheinung, fand Lady Missgunst. »Habt Ihr einen Namen, T’lan Imass?«, fragte sie.
    »Ich habe die Beschwörung gehört«, sagte der Krieger mit einer Stimme, die ganz eindeutig weiblich war. »Sie kam von einem Ort, der zu der Richtung passte, die ich mir bereits ausgesucht hatte. Einem Ort im Norden, der nun nicht mehr fern ist. Ich werde an der Zweiten Zusammenkunft teilnehmen, und ich werde zu meinen Verwandten des Rituals sprechen und ihnen sagen, dass ich Lanas Tog bin. Und dass ich geschickt wurde, um eine Nachricht vom Schicksal der Ifayle T’lan Imass und meiner eigenen Kerluhm T’lan Imass zu überbringen.«
    »Faszinierend«, sagte Lady Missgunst. »Und wie sieht ihr Schicksal aus?«
    »Ich bin die letzte der Kerluhm. Die Ifayle, die unseren ersten Ruf gehört haben, sind so gut wie vernichtet. Die wenigen, die noch übrig sind, können sich nicht aus dem Konflikt befreien. Ich habe selbst nicht damit gerechnet, dass ich den Versuch überstehen würde, doch ich habe es

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