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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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ist der Zweite«, gab Mok lakonisch zurück.
    Lady Missgunst verdrehte die Augen. »Was für eine scharfsinnige Beobachtung.«
    »Das Verlangen des Ich hat Vorrang, Herrin. Immer, denn sonst gäbe es keine Besten. Es gäbe überhaupt keine Hierarchie. Die Seguleh würden von wimmernden, elenden Wichten regiert werden, die in ihrer Sucht nach dem Gemeinwohl blindlings auf den Hilflosen herumtrampeln würden. Oder von Despoten, die sich vor jeder Herausforderung hinter einer Armee verstecken und so brutale Gewalt statt eines rechtschaffenen Anspruchs auf Ehre ins Leben rufen würden. Wir kennen andere Länder, Herrin. Wir wissen viel mehr, als Ihr glaubt.«
    Sie drehte sich um und musterte ihn. »Ach, du meine Güte. Und die ganze Zeit bin ich davon ausgegangen, dass mir unterhaltsame Gespräche verwehrt sind.«
    »Wir sind gegen Eure Verachtung immun, Herrin.«
    »Wohl kaum. Du hast die ganze Zeit gelitten, seit ich dich wieder aufgeweckt habe. Gelitten? Genau betrachtet hast du vor Wut gekocht.«
    »Es gibt einige Dinge zu besprechen, Herrin«, sagte Mok.
    »Bist du sicher? Willst du vielleicht zufällig etwas zu diesem wilden Sturm sagen, der unser Vorankommen behindert? Oder zu den fliehenden Überresten der Armee, die uns hierher verfolgt hat? Sie werden nicht zurückkehren, das kann ich dir versichern – «
    »Ihr habt ihnen eine Seuche geschickt.«
    »Was für eine ungeheuerliche Anklage! Es ist ein Wunder, dass diese Krankheit sie nicht schon vor langer Zeit hingestreckt hat, da sie sich schließlich gegenseitig aufessen, und das auch noch ohne sich zivilisierter Methoden wie des Kochens zu bedienen. Ach je, dass du mich einmal so anklagen würdest – «
    »Garath wird von dieser Seuche dahingerafft, Herrin.«
    »Was? Unsinn! Er ist von seinen Wunden geschwächt – «
    »Wunden, die von der Macht seines Geistes schon lange hätten geheilt werden müssen. Das Fieber, das seine Lungen füllt, ist das gleiche, das die Pannionier befallen hat.« Er drehte sich langsam um und sah sie an. »Tut etwas – «
    »Was für eine Ungeheuerlichkeit – «
    »Herrin.«
    »Oh, in Ordnung. Aber kannst du die wunderbare Ironie nicht sehen? Poliel, die Königin der Pestilenz, hat sich mit dem Verkrüppelten Gott verbündet. Eine Entscheidung, die mich sehr aufregt, wie du wissen sollst. Wie schlau von mir, ihr Gewirr zu plündern und so ihre Verbündeten zu bedrängen.«
    »Ich bezweifle, dass die Opfer diese Ironie zu würdigen wissen, Herrin. Und Garath tut es auch nicht, nehme ich an.«
    »Es wäre viel besser, wenn du wortkarg geblieben wärst.«
    »Heilt ihn.«
    »Er wird mich nicht an sich heranlassen!«
    »Garath kann nicht mehr aufstehen, Herrin. Wenn Ihr ihn nicht heilt, wird er sich nie wieder von der Stelle erheben, wo er jetzt liegt.«
    »Oh, was bist du nur für ein erbärmlicher Kerl! Wenn du Unrecht hast und er versucht, mich zu beißen, werde ich sehr ungehalten mit dir sein, Mok. Ich werde deine Lenden unfruchtbar machen. Ich werde dafür sorgen, dass du schielst, so dass jeder, der dich und deine komische Maske ansieht, furchtbar lachen muss. Und ich werde mir noch andere Dinge einfallen lassen, das versichere ich dir.«
    »Heilt ihn.«
    »Natürlich tue ich das! Garath ist schließlich mein geliebter Kamerad. Auch wenn er einmal versucht hat, auf mein Kleid zu pinkeln – obwohl ich zugebe, dass das vielleicht auch einer von K’ruls Streichen war, denn Garath hat zum damaligen Zeitpunkt geschlafen. Schon gut, schon gut, hör auf, mich zu unterbrechen.«
    Sie ging zu dem gewaltigen Hund hinüber.
    Seine Augen waren glasig, sein Atem stoßweise und keuchend. Garath hob nicht einmal den Kopf, als sie ganz nah an ihn herantrat.
    »Oh je, vergib mir meine Unaufmerksamkeit, mein teures Hündchen. Ich hatte nur an die Wunden gedacht und daher schon angefangen, mich zu grämen. Du bist von unziemlichen Dämpfen niedergestreckt worden? Das können wir nicht hinnehmen. Und das ist tatsächlich auch leicht unwirksam zu machen.« Sie streckte eine Hand aus und legte sie leicht auf das heiße, dampfende Fell. »Da – «
    Garath drehte den Kopf und zog langsam die Lefzen hoch.
    Lady Missgunst sprang zurück. »Und so dankst du mir? Ich habe dich geheilt, mein Lieber!«
    »Zunächst einmal habt Ihr ihn krank gemacht, Herrin«, bemerkte Mok hinter ihr.
    »Sei still, mit dir rede ich nicht mehr. Garath! Sieh doch nur, wie deine Kraft zurückkehrt – man kann förmlich zusehen! Sieh doch nur, du kannst schon wieder

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