SdG 05 - Der Tag des Sehers
nicht in die Enge getrieben hätte, wüssten wir es immer noch nicht.«
Elster betrachtete den Bodensatz des Biers in dem Krug in seinen Händen. »Der Schnelle Ben ist gerissen«, murmelte er. »Ich kann wirklich nicht sagen, wie viel er sich schon zusammengereimt hat. Er kann manchmal sehr verschlossen sein.«
»Aber er ist doch wohl noch willig?«
»Oh ja. Und er hat deutlich gemacht, dass er enormes Vertrauen in Ganoes Paran hat. In diesen neuen Herrn der Drachenkarten.«
»Findest du das merkwürdig?«
»Ein bisschen. Paran ist von einem Gott benutzt worden. Er ist im Innern dieses Schwertes gewesen, im Innern von Dragnipur. Er hat das Blut eines Schattenhunds in seinen Adern. Und niemand von uns weiß, was für Veränderungen diese Dinge in ihm bewirkt haben oder was sie bedeuten. Er ist alles andere als berechenbar gewesen, und er ist so gut wie unmöglich zu lenken – oh, natürlich befolgt er die Befehle, die ich ihm erteile, aber ich glaube, wenn Laseen darauf baut, dass sie ihn benutzen kann, könnte sie eine Überraschung erleben.«
»Du magst ihn, stimmt’s?«
»Ich bewundere ihn, Dujek. Wegen seiner Spannkraft, wegen seiner Fähigkeit, sich mit unbarmherzigem Mut selbst zu prüfen, und am meisten wegen seiner Menschlichkeit.«
»Das reicht, um Vertrauen zu rechtfertigen, würde ich sagen.«
Elster schnitt eine Grimasse. »Du hast mich mit meinen eigenen Waffen geschlagen.«
»Besser als mit denen von jemand anderem.«
»Ich denke darüber nach, mich zur Ruhe zu setzen, Dujek. Wenn dieser Krieg vorbei ist.«
»Das habe ich schon vermutet, mein Freund.«
Elster blickte auf. »Glaubst du, dass sie mich gehen lässt?«
»Ich glaube nicht, dass wir ihr die Entscheidung überlassen sollten.«
»Soll ich ertrinken, so wie Crust und Urko? Soll man sehen, wie ich erschlagen werde, und dann verschwindet mein Leichnam wie der von Dassem?«
»Angenommen, dass nichts von alledem wirklich geschehen ist – «
»Dujek – «
»In Ordnung, aber gewisse Zweifel bleiben, das musst du doch zugeben.«
»Ich teile diese Zweifel nicht, und eines Tages werde ich Duiker aufspüren und die Wahrheit aus ihm herausholen – wenn irgendjemand etwas weiß, dann dieser wunderliche Historiker.«
»Hat der Schnelle Ben schon etwas von Kalam gehört?«
»Falls ja, hat er es mir nicht gesagt.«
»Wo ist dein Magier gerade?«
»Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er mit den Leuten von der Trygalle-Handelsgilde gequatscht.«
»Angesichts dessen, was uns bevorsteht, sollte der Bursche lieber ein bisschen schlafen.«
Elster stellte den Krug auf den Tisch und stand auf. »Genau wie wir, alter Freund«, sagte er und zuckte zusammen, als er sein verletztes Bein zu sehr belastete. »Wann kommen die Schwarzen Moranth?«
»In zwei Nächten.«
Elster gab ein Brummen von sich, wandte sich dann dem Zeltausgang zu. »Gute Nacht, Dujek.«
»Gute Nacht, Elster. Oh, eins noch.«
»Ja?«
»Tayschrenn. Er wollte sich bei dir entschuldigen. Für das, was den Brückenverbrennern zugestoßen ist.«
»Er weiß, wo er mich findet, Dujek.«
»Er wartet auf einen geeigneten Augenblick.«
»Was ist ein geeigneter Augenblick?«
»Ich weiß es nicht genau, aber bisher hat es wohl noch keinen gegeben.«
Elster schwieg ein halbes Dutzend Herzschläge lang, dann griff er nach der Zeltklappe. »Bis morgen früh, Dujek.«
»Bis dann«, erwiderte die Hohefaust.
Als Elster auf sein eigenes Zelt zuging, sah er, dass eine große, dunkel gekleidete Gestalt davor stand und auf ihn wartete.
Er lächelte, als er näher kam. »Ich habe dich vermisst.«
»Ich dich auch«, antwortete Korlat.
»Bruth hat dich ganz schön in Trab gehalten. Komm mit rein, es dauert nur einen Moment, dann ist die Laterne an.«
Er hörte, wie sie hinter ihm seufzte, als sie das Zelt betraten. »Es wäre mir lieber, du würdest dir die Mühe gar nicht machen.«
»Nun, du kannst im Dunkeln sehen, aber – «
Sie zog ihn herum und lehnte sich gegen ihn. »Wenn wir uns unterhalten müssen, dann mach es bitte kurz«, murmelte sie. »Die Antwort auf das, was ich mir wünsche, besteht nicht aus Worten.«
Er legte die Arme um sie. »Ich habe mich nur gefragt, ob du Silberfuchs gefunden hast.«
»Nein. Anscheinend ist sie in der Lage, auf Pfaden zu reisen, von denen ich nicht gedacht hätte, dass sie noch existieren. Stattdessen sind zwei ihrer untoten Wölfe aufgetaucht … um mich nach Hause zu geleiten. Sie sind … ungewöhnlich.«
Elster
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