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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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blinzelte und nickte dann. »Oh, das muss Anaster sein, der die Tenescowri angeführt hat.«
    »So ist es, Hauptmann. Wir sind noch nicht fertig mit ihm.«
    »Ich verstehe …«Er zögerte.
    »Hat er sich von seinen Wunden erholt?«
    »Das verlorene Auge? Er ist von unseren Heilern behandelt worden.«
    »Vielleicht«, meinte Destriant Velbara, »sollte ich mein Ersuchen an Hohefaust Dujek Einarm richten.«
    »Nein, das wird nicht nötig sein. Ich kann im Namen der Malazaner sprechen. In dieser Eigenschaft ist es allerdings meine Pflicht, Euch ein paar Fragen zu stellen.«
    »Wie Ihr wollt, Hauptmann. Fangt an.«
    »Was habt Ihr mit dem Gefangenen vor?«
    Sie runzelte die Stirn. »Hauptmann?«
    »Ganz egal, welche Verbrechen er auch begangen haben mag, wir heißen Folter nicht gut. Wenn es also erforderlich sein sollte, würden wir uns gezwungen sehen, Anaster zu schützen und Euer Ersuchen abzulehnen.«
    Sie schaute kurz zur Seite und richtete ihren kühlen Blick dann wieder auf ihn. Paran wurde plötzlich klar, dass sie viel jünger war, als er anfangs angenommen hatte. »Folter ist ein relativer Begriff, Hauptmann.«
    »Tatsächlich?«
    »Bitte, Hauptmann, erlaubt mir fortzufahren.«
    »Nun gut.«
    »Dieser Mann – Anaster – mag das, was wir für ihn vorgesehen haben, sehr wohl als Folter betrachten, aber das ist eine Furcht, die aus Unwissenheit geboren ist. Ihm wird nichts geschehen. Tatsächlich hat mein Schild-Amboss genau das Gegenteil für den unglücklichen Mann im Sinn.«
    »Sie will ihm den Schmerz nehmen.«
    Der Destriant nickte.
    »Diese geistige Umarmung – genau wie die, die Itkovian Rath’Fener gewährt hat.«
    »Genau, Hauptmann.«
    Paran schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »Dieser Gedanke entsetzt Anaster?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Weil er nichts anderes in seinem Innern kennt. Er hat seine ganze Identität mit dem Schmerz in seiner Seele gleichgesetzt. Und daher fürchtet er dessen Ende.«
    Paran drehte sich zu dem malazanischen Lager um. »Folgt mir«, sagte er.
    »Hauptmann?«, fragte sie hinter ihm.
    »Er gehört Euch, Destriant. Mit meinem Segen.«
    Sie stolperte, taumelte gegen ihr Pferd, das schnaubte und zur Seite tänzelte.
    Paran wirbelte herum. »Was – «
    Die Frau richtete sich wieder auf, fuhr sich kurz mit der Hand an die Stirn und schüttelte den Kopf. »Es tut mir Leid. Euer Gebrauch dieses Worts hatte … Gewicht.«
    »Mein Gebrauch – oh.«
    Oh. Beim Atem des Vermummten, Ganoes – das war verdammt leichtsinnig. »Und?«, fragte er widerstrebend.
    »Und … ich bin mir nicht sicher, Hauptmann. Aber ich glaube, Ihr wärt gut beraten, wenn Ihr in Zukunft etwas mehr … Vorsicht walten lassen würdet.«
    »Ja, ich glaube, Ihr habt Recht. Habt Ihr Euch ausreichend erholt, um weiterzugehen?«
    Sie nickte, griff nach den Zügeln ihres Pferdes.
    Denk nicht darüber nach, Ganoes Paran. Betrachte es als Warnung und nichts weiter. Du hast Anaster nichts getan – du kennst den Mann nicht einmal. Eine Warnung, und du wirst sie verdammt noch mal beherzigen …

Kapitel Neun
     
    Glas ist Sand und Sand ist Glas!
    Die Ameise tanzt blind, wie es blinde Ameisen tun,
    an der Kante des Randes und am Rand der Kante.
     
    Weiß in der Nacht und grau am Tag -
    lächelnde Spinne, sie lächelt niemals, aber sie lächelt,
    obwohl die Ameise es niemals sieht, blind wie sie ist -
     
    und jetzt war!
     
              Geschichten, um Kinder zu erschrecken
                       Malesen, der Rachsüchtige (geb.?)
     
    S
    innlose Panik lässt sie leider zucken.«
    Die Stimme des Domänensers über ihm sagte: »Ich glaube, es … hat in letzter Zeit geradezu übermäßig zugenommen, Heiliger.«
    Die Antwort des Pannionischen Sehers war ein Kreischen: »Glaubst du, ich kann das nicht sehen? Glaubst du, ich bin blind?«
    »Ihr seid allwissend«, brummte der Offizier der Domänenser. »Ich habe lediglich meiner Besorgnis Ausdruck verliehen, Heiliger. Er kann nicht mehr laufen, und sein Atem klingt so mühsam in seiner missgestalteten Brust.«
    »Er« … verkrüppelt … gebrochene Rippen schließen sich enger um die Lunge, wie Skelettfinger, immer enger. Domänenser. Ich bin es, den du da beschreibst.
    Aber wer bin ich?
    Einst habe ich Macht gespürt. Vor langer Zeit.
    Da ist ein Wolf.
    Ein Wolf. In diesem Käfig gefangen – in meiner Brust, in diesen Knochen, ja, er kann nicht atmen. Es schmerzt so, zu atmen.
    Das Geheul ist verstummt. Zum Schweigen gebracht. Der Wolf kann

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