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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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unseren Verbündeten nichts auf?«
    »Im Augenblick. In der Vergangenheit und zweifellos auch in der Zukunft, wie Kruppe behauptet. Malazanische Geheimnisse, ja! Absonderliche Leute, verkündet Kruppe. Die Disziplin bei besagtem Marsch nähert sich der unordentlichen Auflösung, Staub steigt auf, der auf vielen Längen hin zu sehen ist, doch was man sieht – nun, das ist nichts als Staub!«
    »Genau was ich meine«, grollte Hetan.
    »Und das ist eine wichtige Meinung.«
    »Dann hast du es also bemerkt?«
    »Was bemerkt, meine Liebe? Eure prächtigen Rundungen? Wie könnte Kruppe solch wunderbare, wenn auch etwas barbarische Schönheit nicht bemerken? Wie eine Prärieblume – «
    »Die kurz davor ist, dich umzubringen«, schnitt Hetan ihm grinsend das Wort ab.
    »Eine Prärieblume, bemerkt Kruppe, wie sie auch an stachligen Kakteen blüht – «
    »Achte auf deine Worte, Mann aus Schweinefett.«
    »Kruppe achtet immer auf seine Worte, denn Behutsamkeit ist ihm … äh …«
    »Heute morgen«, fasste Hetan nach einem Moment zusammen, »habe ich eine Kompanie Seesoldaten die Zelte von drei Kompanien abbrechen sehen, überall im malazanischen Lager. Eine für drei, wieder und wieder.«
    »Oh ja, man kann auf die Malazaner zählen!«
    Hetan ritt näher heran, streckte einen Arm aus und packte Kruppe am Kragen seines Umhangs. Sie zog ihn halb aus dem Sattel, und ihr Grinsen wurde breiter. »Mann aus Schweinefett«, zischte sie, »wenn ich dich besteige – schon bald –, wird dieses Maultier eine Schlepptrage brauchen, um das zu tragen, was dann noch von dir übrig sein wird. Jeden in deinen Tanz der Worte hineinzuziehen ist eine tolle Begabung, aber heute Nacht werde ich dir die Luft aus der Lunge treiben. Ich werde dich tagelang sprachlos machen. Und all das werde ich tun, um zu beweisen, wer von uns beiden das Sagen hat. Und noch eine weitere Bemerkung von dir, und ich warte nicht bis heute Nacht – dann biete ich diesen Kindern und allen anderen ein Schauspiel, das du, Daru, niemals wirst vergessen machen können. Oh, daran, wie dir die Augen aus dem Kopf treten, sehe ich, dass du mich verstanden hast. Gut. Und jetzt hör auf, das Maultier mit deinen Knien zu kneifen – das Tier hasst so etwas. Setz dich in den Sattel, als wäre es ein Pferd, denn es glaubt, dass es eines ist. Es sieht, wie alle anderen reiten, sieht, wie die Pferde ihre Lasten tragen. Seine Augen stehen niemals still – hast du das nicht bemerkt? Dies ist das wachsamste Tier, das diese Welt jemals gesehen hat, und frag mich nicht, warum. So, das war’s, was ich sagen wollte. Bis heute Nacht, Mann aus Schweinefett, wenn ich zusehen werde, wie du schmilzt.« Sie ließ ihn los.
    Keuchend plumpste Kruppe zurück in den Sattel. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen – und schloss ihn dann schnell wieder.
    Cafal grunzte. »Er lernt schnell, Schwester.«
    Sie schnaubte. »Das tut ihr alle, Bruder.«
    Sie ritten davon.
    Kruppe starrte ihnen nach, holte dabei sein Taschentuch aus einem Ärmel und betupfte sich die Stirn. »Meine Güte! Meine Güte, oh, meine Güte. Hast du das gehört, Maultier? Kruppe ist es, der verloren ist. Verloren!«
     
    Elster musterte die beiden Frauen, die vor ihm standen. »Erlaubnis verweigert«, sagte er.
    »Sie ist nicht hier«, wiederholte eine der beiden Seesoldatinnen. »Wir haben niemanden mehr, auf den wir aufpassen müssen.«
    »Ihr werdet euch nicht wieder eurer Kompanie anschließen, Soldatinnen. Ihr bleibt bei mir. Habt ihr noch etwas zu besprechen? Nein? Wegtreten.«
    Die beiden Seesoldatinnen wechselten einen raschen Blick, salutierten und stapften davon.
    »Manchmal«, meinte Artanthos, der ein halbes Dutzend Schritt entfernt stand, »fliegt es einem plötzlich um die Ohren, nicht wahr?«
    Elster beäugte den Mann. »Was?«
    »Dassem Ultors Führungsstil. Soldaten, denen erlaubt wurde, zu denken, Fragen zu stellen, zu diskutieren …«
    »Was uns zur besten Armee macht, die diese Welt je gesehen hat, Standartenträger.«
    »Trotzdem …«
    »Nichts ›trotzdem‹. Deshalb sind wir die besten. Und wenn die Zeit für die schweren Befehle kommt, siehst du die Disziplin – du hast sie vielleicht hier und jetzt nicht gesehen, aber sie ist da, unter der Oberfläche, und sie hält.«
    »Ganz wie Ihr meint«, erwiderte Artanthos schulterzuckend.
    Elster führte sein Pferd zum Pferch. Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden, und allmählich verblasste auch das letzte fahle Licht. Auf allen Seiten

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