SdG 05 - Der Tag des Sehers
Nichtsdestotrotz schafften es knapp zwei Dutzend nicht, der magischen Woge zu entgehen.
Rauch und Staub hüllten den östlichen Teil Koralls ein.
Über dem Hauptmann und seinem Trupp kreischten die noch übrigen Kondore vor Wut auf.
»Das hat mehr oder weniger geklappt«, flüsterte der Schnelle Ben. »Die Straßen da drüben waren vermutlich voller pannionischer Soldaten.«
»Ganz zu schweigen«, brachte Paran gepresst hervor, »vom Rest der Brückenverbrenner.«
»Die müssten sich schon längst zurückgezogen haben.«
Paran hörte, wie sehr der Magier sich um einen hoffnungsvollen Ton bemühte.
Ein Knaller hatte fünfzig Schritt hinter Tippa und ihrem dezimierten Trupp die Straße getroffen, weniger als zehn Schritt hinter dem K’ell-Jäger, der auf sie losgegangen war. Die untote Kreatur war von der Explosion ausgelöscht worden und hatte dabei den größten Teil des tödlichen Regens aus herumschwirrenden Pflastersteinen abgefangen.
Fetzen vertrockneter Haut, Fleisch und Knochensplitter hagelten fast in Reichweite der Brückenverbrenner herab.
Tippa hob eine Hand, um die Soldaten anhalten zu lassen. Sie war nicht die Einzige, die erst ein paar Mal wieder tief Luft holen und warten musste, bis sich ihr wild pochendes Herz wieder beruhigt hatte und langsamer schlug.
»Das ändert verdammt noch mal alles«, keuchte Blend neben Tippa.
Tippa machte sich nicht die Mühe, ihr darauf eine Antwort zu geben, doch sie konnte nicht umhin, Blends verbittertem Kommentar zuzustimmen. Wie Paran sie angewiesen hatte, hatten sie die Aufmerksamkeit zumindest von einigen der K’Chain Che’Malle auf sich gezogen.
Und bitter dafür bezahlt.
Beim letzten Durchzählen waren noch sechzehn Brückenverbrenner kampffähig gewesen und sechs verwundet, wovon wiederum drei sich bereits am Tor des Vermummten herumdrückten. Die K’Chain Che’Malle waren mehr als schnell – sie waren wie Blitze. Und unerbittlich. Fetzer schafften kaum mehr, als sie zu verärgern.
Wie auch immer, es war keine Munition mehr da. Tippa hatte ihre Soldaten auf einen der K’ell-Jäger gehetzt, um ihre Chancen im Nahkampf abwägen zu können. Das würde sie nie wieder tun. Sie hatten Glück gehabt, dass sie sich überhaupt noch hatten zurückziehen können. Zu sehen, wie überall um sie herum ihre Freunde dort, wo sie standen, in Stücke gehauen wurden, war ein Bild, das sie für den Rest ihrer Tage verfolgen würde – Tage? Mir bleiben keine Tage mehr. Ich wäre überrascht, wenn wir bis zum nächsten Glockenschlag überleben.
»Der Vermummte soll uns holen, da ist noch einer!«
Leutnant Tippa wirbelte herum, als sie den Aufschrei hörte.
Ein weiterer Jäger war aus einem Seitengässchen aufgetaucht; seine Krallen kratzten über die Pflastersteine, er hielt den Kopf tief geduckt, die Klingen vorgestreckt.
Weniger als fünfzehn Schritt entfernt, und jetzt schwang der Kopf in ihre Richtung herum.
In Ordnung … dann also nur noch ein paar Herzschläge.
»Verteilt euch!«
Gerade als die Brückenverbrenner in alle Richtungen davonschießen wollten, barst ganz in der Nähe des K’Chain Che’Malle eine Mauer. Ziegel flogen auf die Straße, und Staub quoll aus der Öffnung, gefolgt von einem weiteren Jäger, doch der war so gut wie am Ende. Sein Kopf baumelte wild hin und her – er hing nur noch mit ein paar Sehnen am Hals –, und ihm fehlte ein Arm. Ein Bein endete knapp oberhalb des Knöchels in einem Stumpf. Die Kreatur fiel hin, krachte mit brechenden Rippen auf die Pflastersteine und rührte sich nicht mehr.
Die Brückenverbrenner standen wie erstarrt.
Wie der erste K’Chain Che’Malle. Dann zischte er und drehte sich zu dem Loch in der Mauer des Gebäudes um.
Durch den Staub trat ein T’lan Imass. Das vertrocknete Fleisch zerfetzt, in Streifen herabhängend, so dass überall die glänzenden Knochen zu sehen waren; ein aus einem Totenschädel gefertigter Helm, der einst Hörner getragen hatte. Das Feuersteinschwert in seinen Händen war so schartig, dass es wie gezähnt aussah.
Ohne weiter auf die Malazaner zu achten, wandte der Imass sich dem K’Chain Che’Malle zu.
Der Jäger stieß ein Zischen aus und griff an.
Tippa vermochte dem Schlagabtausch nicht zu folgen, so schnell folgten Hiebe und Paraden aufeinander. Mit einem Mal, so schien es, begann der K’Chain Che’Malle zu wanken, als ihm ein Bein knapp über dem Gelenk abgetrennt wurde, das wohl eine Art Knie darstellte. Ein Schwert landete klirrend auf den
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