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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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schaute sich um und setzte sich dann langsam aufrecht hin. Mit zitternder Hand zog er ein Taschentuch hervor. »Natürlich. Nachdem Kruppe der Kreatur freie Hand gelassen hat, übernimmt er nun wieder die Herrschaft über seinen eigenen Kopf.« Er hielt einen Augenblick inne, um sich Stirn und Gesicht abzutupfen, und wand sich dann aus dem Sattel und ließ sich mit einem lauten Seufzer auf den Boden sinken. »Ah, hier kommen Kruppes träge Staubfresser. Ich bin hoch erfreut, dass Ihr es geschafft habt, meine Damen! Ist es nicht ein wunderschöner Nachmittag für ein kleines Rennen?«
    Silberfuchs hatte aufgehört zu lachen; die Blicke ihrer verschleierten Augen waren nun auf die verstreuten Knochen gerichtet. Der Vermummte soll mich holen, dieser Pelzumhang steht ihr wirklich ausgezeichnet. Elster schüttelte sich innerlich. Er blickte auf und begegnete Korlats ruhigem, leicht ironischen Blick. Aber, oh, sie verblasst neben dieser Tiste Andii. Verdammt, alter Mann, hör auf, über die letzten Nächte nachzudenken. Klammere dich nicht so fest an dieses Wunder, dass du das Leben aus ihm herausdrückst.
    »Die Kundschafter«, sagte er zu den beiden Frauen, »sind auf einen Kampfplatz gestoßen.«
    »K’Chain Che’Malle«, nickte Korlat, während sie die Knochen betrachtete. »K’ell-Jäger, glücklicherweise untot und nicht aus lebendigem Fleisch. Wahrscheinlich nicht so schnell, wie sie sonst gewesen wären. Trotzdem, auf diese Weise in Stücke gerissen zu werden–«
    »T’lan Ay«, sagte Silberfuchs. »Ihretwegen bin ich gekommen.«
    Elster musterte sie genauer. »Wie meinst du das?«
    Sie zuckte die Schultern. »Um sie mit eigenen Augen zu sehen, Kommandant. Wir kommen näher. Ihr Eurer belagerten Stadt, ich dem Schicksal, für das ich geboren bin. Konvergenz, die Geißel dieser Welt. Doch auch wenn dem so ist«, fuhr sie fort, während sie sich aus dem Sattel schwang und zwischen den Knochen herumging, »gibt es Geschenke. Und das teuerste dieser Geschenke … sind die T’lan Ay.« Sie schwieg einen Augenblick, während der Wind schmeichelnd das Fuchsfell auf ihren Schultern liebkoste, flüsterte den Namen dann noch einmal. »T’lan Ay«
    »Kruppe erschauert, wenn sie sie so nennt … ach … die Götter mögen diese grimmige Schönheit in ihrem Ödland-Tableau segnen, von dem aus strahlende Träume, abgeschwächt von der Zeit, wie Regenbogenflüsse am Himmel sind!« Er machte eine Pause, blinzelte den anderen zu. »Süßer Schlaf, in dem verborgene Poesie haust – das Dahinfließen des Unverbundenen, so glatt, als wäre es miteinander verflochten. Ja?«
    »Leider«, sagte Elster mit grollender Stimme, »bin ich nicht der Richtige, um Eure Abstraktionen zu schätzen, Kruppe.«
    »Natürlich, schlichter Soldat, ganz wie Ihr sagt! Aber halt, kann Kruppe da in Eurem Auge eine gewisse … Spannung entdecken? Die Luft knistert angesichts einer drohenden Gefahr – wollt Ihr etwa leugnen, dass Ihr das spürt, Malazaner? Nein, sagt nichts, die Wahrheit ist in Eurem harten Blick ebenso zu erkennen wie daran, wie sich Eure gepanzerte Faust näher an das Heft Eures Schwerts schiebt.«
    Elster konnte nicht abstreiten, dass sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Er sah sich um und entdeckte die gleiche Wachsamkeit bei den Rhivi und den beiden malazanischen Kundschaftern, die ununterbrochen die Hügelketten auf allen Seiten musterten.
    »Was kommt?«, flüsterte Korlat.
    »Das Geschenk«, murmelte Kruppe mit einem glückseligen Lächeln, während sein Blick auf Silberfuchs ruhte.
    Elster folgte dem Blick des Daru.
    Und sah die Frau, die ihn so sehr an Flickenseel erinnerte. Sie hatte ihnen den Rücken zugekehrt und die Arme hoch erhoben.
    Staub begann durch die Luft zu treiben, erhob sich in wirbelnden Schwaden zu allen Seiten.
    Die T’lan Ay nahmen Gestalt an, im Talgrund, an den Hängen und auf den Kuppen der umgebenden Hügel.
    Zu Tausenden …
    Grauer Staub wurde zu grauem, stumpfem Fell, schwarzen Schultern, Schnauzen von der Farbe von Regenwolken, buschigen Schwänzen mit silbernen und schwarzen Spitzen, während andere braun waren, die Farbe verrotteten, zu Staub zerfallenen Waldes, an der Kehle und am Bauch lohfarben verblasst. Wölfe, groß, mager, mit Augen wie schattige Abgründe. Große, lange Köpfe wandten sich alle gleichzeitig Silberfuchs zu.
    Sie warf einen Blick über die Schulter. Die Augen unter den schweren Lidern richteten sich auf Elster. Sie lächelte. »Meine Eskorte.«
    Der Kommandant starrte

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