Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
Vom Netzwerk:
hatte.
    Ay.
    Ihr Gott hatte die Himmel herausgefordert mit seiner tierischen Stimme, und nun kamen sie zu ihm. Und … noch jemand anderes.
    Togg wurde langsamer, hob den Kopf – die Ay waren jetzt um ihn herum, Clan um Clan, langbeinige Tundrawölfe, sie wirbelten -
    Sie war hier. Sie war gekommen.
    Sie hatte ihn gefunden.
    Sie rannte. Kam näher. Schulter an Schulter mit Baaljagg, mit der Ay, die so lange ihre verwundete, verlorene Seele in sich getragen hatte. Baaljagg, die kam, um sich mit ihren Verwandten zu vereinen – den Verwandten ihrer Träume.
    Gefühle. Unermessliche Gefühle.
    Und dann war Fanderay an seiner Seite.
    Ihre Tier-Geister berührten einander. Einen Augenblick lang. Sonst geschah nichts. Mehr war nicht nötig.
    Zusammen. Die Schultern aneinander -
    Zwei uralte Wölfe. Gott und Göttin.
    Er sah sie an, ohne zu wissen, wer er selbst war. Oder auch nur, wo er sein könnte, dass er Zeuge dieser Wiedervereinigung werden konnte. Er schaute sie an und empfand für diese beiden nichts als gütige Freude.
    Sie rannten.
    Vor ihnen warteten ihre Throne.
     
    Der Kopf der Mhybe zuckte hoch, ihr Körper versteifte sich, wand sich in dem Versuch, sich loszureißen. So klein er auch war, sie hatte keine Chance gegen seine Kraft.
    »Das sind nur Wölfe, Schätzchen. Wir haben nichts zu befürchten.«
    Nichts zu befürchten. Lügen. Sie haben mich gejagt. Wieder und wieder. Haben mich durch dieses leere Land verfolgt. Und jetzt, hör doch, sind sie wieder gekommen. Und dieser Daru, der mich mit sich schleppt, hat noch nicht einmal ein Messer.
    »Da vorn ist irgendwas«, keuchte Kruppe und verlagerte seine unbeholfene Umarmung, während er unter ihrem Gewicht dahinstolperte. »Es wäre leichter«, stieß er keuchend hervor, »wenn du nur ein altes Weib wärst! Du könntest mich umwerfen, wenn du den Willen dazu aufbrächtest, – ach was! Du könntest mich tragen!«
    Den Willen. Brauche ich nur den Willen aufzubringen. Um mich aus dieser Umarmung zu befreien? Um zu fliehen?
    Aber wohin?
    »Schätzchen, höre Kruppes Worte! Er bittet dich! Dies hier – diese Welt – ist nicht mehr länger Kruppes Traum! Verstehst du? Er muss weitergegeben werden. Er muss übergeben werden!«
    Sie stolperten einen sanften Hang hinauf.
    Wölfe heulten hinter ihnen, kamen schnell näher.
    Lass mich.
    »Liebste Mhybe, so treffend benannt! Du bist jetzt tatsächlich das Gefäß! In deinem Innern – nimm diesen Traum von mir. Erlaube ihm, deinen Geist zu füllen. Kruppe muss ihn an dich weitergeben – verstehst du?«
    Den Willen.
    Sie drehte sich plötzlich, stieß Kruppe einen Ellbogen in den Bauch. Er keuchte, fiel hin. Sie strampelte sich frei, als er fiel, sprang auf die Beine -
    Hinter ihnen Zehntausende von Wölfen. Die auf sie zustürmten. Angeführt von zwei gigantischen Tieren, die blendende Macht ausstrahlten.
    Die Mhybe schrie auf, fuhr herum.
    Eine flache Senke lag vor ihr. Eine lange, niedrige Hütte aus gebogenen Knochen, Häuten und Fellen, mit Hanfseilen zusammengebunden. Der Eingang klaffte weit auf.
    Und vor der Hütte zu einem Haufen zusammengedrängt, eine Gruppe Rhivi.
    Die Mhybe stolperte auf sie zu.
    Wölfe waren plötzlich überall um sie herum, strömten in einem wilden, chaotischen Kreis um die Hütte. Achteten nicht auf die Rhivi. Achteten nicht auf sie.
    Ächzend kam Kruppe nach ein paar Versuchen wieder auf die Beine. Wankend trat er zu ihr. Sie starrte ihn verständnislos an.
    Er zog ein ausgeblichenes Taschentuch aus dem Ärmel und tupfte sich den Schweiß von der Stirn. »Nur ein bisschen tiefer mit dem Ellbogen, meine Liebe …«
    »Was? Was geht hier vor?«
    Kruppe schaute sich um. »Sie sind also drin.«
    »Wer?«
    »Wie – Togg und Fanderay natürlich. Sie sind gekommen, um den Thron der Tiere in Besitz zu nehmen. Oder, in diesem Fall, die Throne. Es ist natürlich nicht so, dass wir – wenn wir die Hütte betreten würden – zwei Wölfe auf Stühlen hocken sehen könnten. Ihre Gegenwart allein erklärt ihren Besitzanspruch, kein Zweifel. Kruppes Vorstellungskraft verlockt ihn, sich andere, sollen wir sagen, alltäglichere Bilder auszumalen, aber das lassen wir am besten, ja? Und nun, Schätzchen, erlaube Kruppe, sich zurückzuziehen. Jene, die sich dir jetzt nähern – tja, das ist das Übergehen eines Traums von dem einen zur anderen, und der großmütige Kruppe muss sich nun in den Hintergrund begeben.«
    Sie drehte sich um.
    Ein Rhivi-Älterer blickte sie an, ein trauriges Lächeln im

Weitere Kostenlose Bücher