Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
Vom Netzwerk:
Finnest in den Händen.
    Auf der Brust des Jaghut hockte eine kleine Gestalt aus Zweigen und verknoteten Gräsern und kicherte hämisch.
    »Wer, im Namen des Vermummten – «
    Eine gewaltige schwarze Gestalt brach mit einem zischenden Fauchen aus dem Portal. Paran schrie auf, wirbelte herum, schwang sein Schwert in einem verzweifelten, waagrechten Hieb.
    Traf auf Muskeln, dann auf Knochen.
    Etwas – eine Pfote – drosch gegen Parans Brust, riss ihn von den Beinen.
    »Halt – du verdammte Katze!«
    Der Schrei des Schnellen Ben wurde von einer magischen Detonation untermalt, die den Panther vor Schmerzen aufschreien ließ.
    »Auf die Beine, Paran!«, keuchte der Magier. »Ich bin fertig.«
    Auf die Beine? Bei den Göttern, ich fühle mich, als wäre ich in tausend kleine Stücke zerbrochen, und der Kerl will, dass ich aufstehe. Irgendwie schaffte er es aber doch, stellte sich dem Tier torkelnd noch einmal entgegen.
    Es kauerte sechs Schritt entfernt, der Schwanz peitschte, Augen wie glühende Kohle starrten ihn an. In einem lautlosen Fauchen entblößte es seine Fänge.
    Von irgendwo im Innern des Hauptmanns stieg eine Antwort auf – ein Grollen. Tiefer als eine menschliche Kehle es hätte hervorbringen können. Eine brutale Kraft floss in ihn hinein, stahl ihm jegliches Bewusstsein für seinen eigenen Körper – außer dass er jetzt, wie er feststellte – irgendwie –, auf Augenhöhe mit dem riesigen Panther war.
    Er hörte den Schnellen Ben flüstern: »Beim Abgrund hienieden!«
    Die große Raubkatze hatte die Ohren angelegt und zögerte ganz offensichtlich.
    Was sieht sie, im Namen des Vermummten?
    »Knochenwerfer!«, schnappte der Schnelle Ben. »Warte. Schau dich um – schau, wo wir sind! Wir sind nicht deine Feinde – wir suchen das Gleiche, was du suchst. Hier. Und jetzt.«
    Der Panther wich noch einen Schritt zurück, und Paran sah, dass er sich zum Angriff spannte.
    »Rache allein reicht nicht!«, schrie der Magier.
    Die Katze zuckte zusammen. Einen Augenblick später sah Paran, wie sich ihre Muskeln entspannten, dann verschwamm das Tier, veränderte die Gestalt – und eine kleine, dunkle, grobknochige Frau stand vor ihnen. Auf ihrer rechten Schulter klaffte ein tiefer Schnitt, das Blut lief an ihrem Arm herunter und färbte ihn rot, tropfte von ihren Fingerspitzen auf den staubigen Boden. Schwarze, außergewöhnlich schöne Augen sahen ihn an.
    Paran seufzte langsam, spürte, wie etwas in ihm sich legte – und dann konnte er seinen eigenen Körper wieder spüren – seine zitternden Glieder, den schweißnassen Schwertgriff in seiner Hand.
    »Wer bist du?«, fragte sie.
    Der Hauptmann zuckte die Schultern.
    Ihr Blick wandte sich von ihm ab, ging über ihn hinweg. »Morn«, sagte sie.
    Langsam drehte Paran sich um.
    Er spürte den Riss wie einen körperlichen Schlag gegen sein Herz. Ein Striemen in der Luft, fast in Reichweite des zerfetzten Dachs eines verlassenen Turms. Eine Wunde, aus der Schmerz strömte – solcher Schmerz … eine Ewigkeit – bei den Göttern hienieden, da ist eine Seele drin. Ein Kind. Gefangen. Es versiegelt die Wunde. Ich erinnere mich an das Kind – das Kind aus meinen Träumen …
    Der Schnelle Ben war wieder auf den Beinen; er stand da und schaute auf den magisch gefesselten Seher hinab, auf dessen Brust noch immer die Stockschlinge kauerte.
    Der Jaghut, in dessen unmenschlichen Augen nacktes Entsetzen stand, starrte seinerseits zu ihm empor.
    Der Magier lächelte. »Du und ich, Seher, wir werden jetzt zu einer Vereinbarung kommen.« Er hatte noch immer den Finnest in der Hand und hielt ihn nun langsam hoch. »Die Macht der Matrone … befindet sich in diesem Ei. Richtig? Eine Macht, die sich nicht selbst fühlen kann, die aber nichtsdestotrotz lebendig ist. Dem Körper entrissen, in dem sie einst gehaust hat, empfindet sie vermutlich keinen Schmerz. Sie existiert einfach, hier, in diesem Finnest, und jeder kann sie benutzen. Jeder.«
    »Nein«, krächzte der Jaghut, und seine Augen weiteten sich vor Furcht. »Der Finnest ist auf mich ausgerichtet. Auf mich allein. Du törichter – «
    »Lass deine Beleidigungen, Seher. Willst du meinen Vorschlag hören? Oder sollen Paran und ich einfach beiseite gehen und dich den zärtlichen Krallen dieser Knochenwerferin überlassen?«
    Die schwarzhaarige Frau trat zu ihnen. »Was hast du vor, Magier?«
    Der Schnelle Ben warf ihr einen kurzen Blick zu. »Eine Vereinbarung, Knochenwerferin, bei der jeder gewinnt.«
    Sie grinste

Weitere Kostenlose Bücher