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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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Imass niedergehauen werden?«
    »Er hat Recht«, sagte die Frau. »Aber selbst wenn es so ist – lieber das, als eine Ewigkeit der Qualen, die deine Schwester nun erleidet.«
    »Ich brauche nur zu warten«, zischte der Seher. »Eines Tages wird irgendein Narr zu diesem Ort kommen, er wird das Portal erforschen, wird hineingreifen–«
    »Und wird dadurch den Austausch vornehmen? Deine Schwester befreien?«
    »Ja! Ohne dass die T’lan Imass zusehen oder davon wissen! Ohne dass – «
    »Ein kleines Kind«, meinte der Schnelle Ben. »Allein. In einem Ödland. Ich habe eine bessere Idee.«
    Der Jaghut fletschte die Zähne zu einem lautlosen Knurren.
    Der Magier kauerte sich langsam neben dem Seher hin. »Omtose Phellack. Dein Gewirr – es wird belagert, oder? Die T’lan Imass haben vor langer Zeit eine Bresche hineingeschlagen. Und nun erfahren sie es, wann immer es enthüllt wird. Sie wissen, wo es geschieht, und sie kommen …«
    Der Jaghut starrte ihn lediglich finster an.
    Der schnelle Ben seufzte. »Die Sache ist die, Seher – ich habe einen Platz für dein Gewirr gefunden. Einen Ort, der … verborgen bleiben kann. Jenseits der Fähigkeiten der T’lan Imass, es aufzuspüren. Omtose Phellack kann überleben, Seher, mit seiner ganzen Macht. Überleben – und heilen.«
    »Lügen.«
    Die Stockschlinge auf seiner Brust sprach. »Hör dem Magier zu, Jaghut. Er bietet dir eine Gnade, die du gar nicht verdienst.«
    Paran räusperte sich. »Seher, war dir bewusst, dass du manipuliert worden bist? Deine Macht – sie kam nicht aus Omtose Phellack, oder?«
    »Ich habe benutzt, was ich finden konnte«, knirschte der Jaghut.
    »Das Gewirr des Chaos, ja. In dem ein verwundeter Gott gefangen ist. Der Angekettete, eine Kreatur von enormer Macht, eine Kreatur voller Schmerzen, die nur eines will: diese Welt vernichten, jedes einzelne Gewirr vernichten – auch Omtose Phellack. Deine Wünsche sind ihm gleichgültig, Seher, und er hat dich benutzt. Schlimmer, das Gift seiner Seele – er hat durch dich gesprochen. Ist durch Schmerz und Leiden gediehen … durch dich. Seit wann waren die Jaghut nur an Zerstörung interessiert? Noch nicht einmal die Tyrannen haben mit solcher Grausamkeit geherrscht wie du. Sag mir eines, Seher: Fühlst du dich innerlich immer noch so? Empfindest du bei dem Gedanken, anderen Schmerzen zuzufügen, immer noch Vergnügen?«
    Der Jaghut sagte sehr lange nichts.
    Bei den Göttern, Ben. Ich hoffe, du hast Recht. Ich hoffe, dass der Wahnsinn dieses Sehers nicht sein eigener war. Dass er jetzt fort ist – weggerissen -
    »Ich fühle mich … leer. Aber andererseits – warum sollte ich dir glauben?«
    Paran betrachtete den Jaghut, sagte dann: »Lass ihn frei, Ben.«
    »Nein, warte – «
    »Lass ihn gehen. Man kann nicht mit einem Gefangenen verhandeln und glauben, dass er auch nur ein einziges Wort glaubt. Seher, der Ort, den der Schnelle Ben im Kopf hat – niemand – absolut niemand – wird in der Lage sein, dich dort zu manipulieren. Und was vielleicht noch viel wichtiger ist – du wirst die Möglichkeit haben, den Angeketteten für seine Frechheit zahlen zu lassen. Und zu guter Letzt wirst du eine Schwester haben – die immer noch ein Kind ist –, für die es notwendig sein wird zu genesen. Seher, sie wird dich brauchen.«
    »Du verlässt dich zu sehr darauf, dass dieser Jaghut noch einen Fetzen Ehre, Anstand und Mitleid besitzt«, sagte die Knochenwerferin. »Mit all dem, was er getan hat – ob nun willentlich oder nicht –, wird er das Kind verderben, genauso wie er selbst verdorben worden ist.«
    Paran zuckte die Schultern. »Was hat das Kind dann für ein Glück, dass sie und ihr Bruder nicht ganz allein sein werden.«
    Die Augen des Sehers verengten sich. »Nicht allein?«
    »Befreie ihn, Schneller Ben.«
    Der Magier seufzte, sagte dann zu der Stockschlinge, die auf der Brust des Jaghut kauerte. »Lass ihn gehen, Talamandas.«
    »Wir werden es wahrscheinlich bereuen«, antwortete das merkwürdige Wesen und kletterte von dem Jaghut herunter. Das magische Netz flackerte und verschwand.
    Der Seher mühte sich auf die Beine. Er zögerte, den Blick auf den Finnest in der Hand des Schnellen Ben gerichtet.
    »Dieser andere Ort«, flüsterte er schließlich und blickte Paran an, »ist er weit von hier?«
     
    Das Jaghut-Kind, ein Mädchen von kaum einer Hand voll Jahren, kam aus dem verwundeten Gewirr heraus, als hätte sie sich verirrt, die kleinen Hände auf eine Weise im Schoß gefaltet,

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