Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
Vom Netzwerk:
leicht zu.
    »Ach, meine Liebe«, flüsterte Murillio, »ich wollte, ich könnte meine Worte zurücknehmen …«
    Warum denn? Sie waren wahr. Die Worte kamen aus deinem Herzen, und es ist ein großzügiges Herz, trotz deiner verantwortungslosen Jugendjahre. Du hast meinen Fluch nur benannt. Das ändert nichts. Muss man Mitleid mit mir haben? Anscheinend nur, wenn ich schlafe. Ins Gesicht sagst du mir nichts, und du glaubst, dein Schweigen sei Güte. Aber es verhöhnt mich, denn es kommt als Gleichgültigkeit bei mir an.
    Und mein Schweigen? Diesen beiden freundlichen Männern gegenüber, die jetzt auf mich herabblicken? Welchen meiner zahllosen Makel lässt das erkennen?
    Es scheint, als wäre euer Mitleid nichts im Vergleich zu meinem eigenen.
    Und dann trieben ihre Gedanken davon. Das ockergelbe, baumlose Ödland ihrer Träume erschien. Und sie war mitten darin.
    Sie begann zu rennen.
     
    Dujek warf beim Eintreten seinen gepanzerten Handschuh gegen die Zeltwand; sein Gesicht war dunkel vor Wut.
    Elster entkorkte den Bierkrug und füllte zwei Pokale, die vor ihm auf dem kleinen Feldtisch standen. Beide Männer waren mit Staub und Schweiß verschmiert.
    »Was ist das für ein Wahnsinn?«, krächzte die Hohefaust, schnappte sich einen Pokal und begann, im Zelt auf und ab zu gehen.
    Elster streckte seine zerschlagenen Beine aus; der Stuhl unter ihm knarrte. Er nahm einen kräftigen Schluck Bier, seufzte und sagte: »Welchen Wahnsinn meinst du, Dujek?«
    »Stimmt, die Liste wird allmählich verdammt lang. Der Verkrüppelte Gott! Die schlimmsten Legenden drehen sich um diesen zerschmetterten Scheißkerl – «
    »Das Gedicht von Fisher Kel Tath, darüber, wie er angekettet wurde …«
    »Nun, ich bin keiner, der Gedichte liest, aber, beim Vermummten, ich habe Teile davon von Schenkensängern und ähnlichen Leuten gehört. Bei Feners Eiern, das ist nicht der Krieg, den zu führen ich mich verpflichtet habe.«
    Elster blickte die Hohefaust aus zusammengekniffenen Augen an. »Dann lass es.«
    Dujek hörte auf, hin und her zu marschieren, und sah seinen Stellvertreter an. »Weiter«, sagte er nach einem Augenblick.
    »Bruth hat es gewusst«, fuhr Elster mit einem Schulterzucken fort, das ihm ein Stöhnen entlockte. Genau wie Korlat. »Wenn er es gewusst hat, kann man davon ausgehen, dass auch Anomander Rake es gewusst hat. Und Kallor – obwohl mir das begeisterte Leuchten in seinen Augen ganz und gar nicht gefallen hat. Also, zwei Aufgestiegene und ein Möchtegern-Aufgestiegener. Der Verkrüppelte Gott ist zu mächtig für Leute wie dich und mich, wir haben keine Chance gegen ihn, Hohefaust. Überlass es ihnen, sich mit ihm zu befassen – ihnen und den Göttern. Schließlich waren sowohl Rake als auch Bruth dabei, als er angekettet wurde.«
    »Du willst damit sagen, es ist ihr Problem.«
    »Offen gesagt – ja, das ist es.«
    »Für das wir alle bezahlen, und vielleicht schon bald den höchsten Preis. Ich werde nicht zusehen, wie meine Armee in diesem ganz besonderen Spiel verheizt wird, Elster. Wir sind losmarschiert, um die Pannionische Domäne zu zerschmettern, ein Reich von Sterblichen – nach allem, was wir herausgefunden hatten.«
    »Es sieht so aus, als ob beide Seiten nicht mit offenen Karten spielen, Dujek.«
    »Und? Soll mich das etwa beruhigen?« Hohefaust Dujek Einarm starrte seinen Stellvertreter einen Augenblick lang düster an, dann trank er in langen Zügen sein Bier aus und streckte ihm den leeren Pokal entgegen.
    Elster füllte ihn wieder. »Wir können uns schwerlich über diese Art falsches Spiel beklagen«, polterte er. »Oder, mein Freund?«
    Dujek verstummte, brummte dann wortlos vor sich hin.
    In der Tat. Beruhige dich, Hohefaust. Versuche klar zu denken. »Davon abgesehen«, fuhr Elster fort, »habe ich Vertrauen.«
    »In was?«, schnappte Dujek. »In wen? Ich bitte dich, sag es mir!«
    »In einen gewissen kurz gewachsenen, korpulenten, widerlichen kleinen Mann – «
    »In Kruppe? Hast du den Verstand verloren?«
    Elster lächelte. »Alter Freund, schau dir doch an, wie du vor Wut kochst. Wie du dich darüber ärgerst, dass du manipuliert worden bist. Benutzt. Möglicherweise auch getäuscht. Und jetzt überlege einmal, wie sich ein Aufgestiegener wie Caladan Bruth fühlen muss, wenn ihm klar wird, dass er manipuliert worden ist? Würde er so wütend werden, dass er die Beherrschung verliert? Würde er so wütend werden, dass er seinen Hammer nehmen und versuchen würde, diesen

Weitere Kostenlose Bücher