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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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wenn ihr dann glaubt, euch schämen zu müssen – nun, das habt ihr verdammt noch mal auch verdient!«
    Tippa starrte den Rücken des Hauptmanns an. Er hatte sich nicht gerührt. Wollte seine Kompanie nicht ansehen. Konnte es nicht – jetzt nicht. Fäustel hatte eine Art, die Dinge auf den Kopf zu stellen. Paran war ein kranker Mann, und kranke Menschen denken nicht richtig. Bei den Göttern. Ich hatte ein paar Armreifen am Arm, und ich konnte schon nicht mehr klar denken. Oh, sieht aus, als wäre ich gerade in einen Misthaufen getreten. Jemand anderen zu verfluchen heißt, ihm die ganze Schuld zu geben. Fahls Brandblasen sind wohl noch lange nicht verheilt. Verdammt. Bitte, Vermummter, tritt mal kräftig auf meine verfaulte Seele. Tritt so richtig drauf, und dann dreh den Absatz ordentlich rum …
     
    Paran hörte kaum, was hinter seinem Rücken gebrüllt wurde. Er fühlte sich überfallen von dem Druck, den Silberfuchs’ Präsenz ausübte, was zu dem finsteren Wunsch führte, darunter lieber zu Tode gequetscht zu werden – wenn so etwas möglich war – als nachzugeben.
    Ein Schwert zwischen seine Schulterblätter – und diesmal wird sich kein Gott einmischen. Oder ein letzter sturzbachartiger Blutschwall in seinen Magen, wenn dessen Wände schließlich nachgaben – eine schmerzhafte Variante, aber ebenso endgültig wie die andere. Oder ein Sprung hinunter auf die Straße, mitten hinein in den Mob da unten, um in Stücke gerissen und zertrampelt zu werden. Sinnlosigkeit, die Freiheit versprach.
    Sie war in der Tat nahe, als schritte sie über eine Brücke aus Knochen, die sich von ihr bis zu der Stelle erstreckte, wo er jetzt stand.
    Nein, nicht sie. Ihre Macht, die so viel mehr war als einfach nur Flickenseel. Und das machte ihr unbarmherziges Verlangen, seine Verteidigung zu durchbrechen, zu einem weitaus tödlicheren Vorsatz als die bloße Zuneigung einer Liebenden; noch nicht einmal strategische Notwendigkeiten würden es so dringlich machen. Es sei denn, Dujek und Bruth und ihre Armeen werden angegriffen … und das werden sie nicht. Bei den Göttern. Ich weiß nicht, woher ich das weiß – aber ich weiß es. Mit absoluter Gewissheit. Das – das ist gar nicht Flickenseel. Das ist Nachtfrost. Oder Bellurdan. Oder beide. Was wollen sie?
    Er wurde plötzlich von einem Bild erschüttert, das etwas in seinen Gedanken beinahe hörbar einrasten ließ. Fort. Hin. Trockene Fliesen in einer dunklen Höhle, die tief eingeritzten Linien einer Drachenkarte, in Stein gemeißelt; das Bild schien zu zucken, als lebte es.
    Obelisk. Eine der neutralen Karten. Ein schiefer Monolith … jetzt aus grünem Stein. Jade. Hoch über vom Wind gepeitschten Wellen aufragend – nein, über Sanddünen. Gestalten im Schatten des Monolithen. Drei, insgesamt drei. Zerlumpt, gebrochen, dem Tode nahe.
    Und dann geschah etwas jenseits der merkwürdigen Szene … der Himmel zerriss.
    Und der bepelzte Huf eines Gottes betrat die Welt der Sterblichen.
    Entsetzen.
    Brutal in diese Welt gerissen – ach, du hast es dir nicht ausgesucht, oder? Jemand hat dich heruntergezogen, und jetzt …
    Fener war so gut wie tot. Ein Gott, der in der Sphäre der Sterblichen gefangen war, war so hilflos wie ein Kind auf einem Altar. Alles, was man brauchte, waren ein Messer und eine willige Hand.
    So gut wie tot.
    Freudloses Wissen erblühte in seinen Gedanken wie eine Tollkirsche. Doch er wollte nichts damit zu tun haben. Von ihm wurden Entscheidungen verlangt, von Mächten, die so alt waren, dass es jede Vorstellungskraft überstieg. Die Drachenkarten … die Älteren Götter spielten damit … und versuchten jetzt, mit ihm zu spielen.
    So sieht also die Rolle des Herrn der Drachenkarten aus – wenn ich das wirklich geworden bin? Jemand, der tödliches Wissen besitzt und der jetzt verdammt noch mal besänftigen und mäßigen soll? Ich verstehe, was ihr mir sagt, was ich tun soll. Ein Gott fällt, schieb einen anderen an seinen Platz? Sterbliche, die sich dem einen verschworen haben, lass sie sich nun dem anderen verschwören? Beim Abgrund unter uns, sind wir dazu verdammt, wie Kieselsteine auf einem Brett herumgeschoben – herumgeschnippt – zu werden?
    Wut und Empörung fauchten heiß und weiß durch Parans Gedanken. Löschten seine Schmerzen aus. Er spürte, wie er innerlich herumfuhr, um jene fremde Präsenz anzusehen, die ihn so unablässig bedrängt hatte. Fühlte, wie er zerbarst.
    In Ordnung, du wolltest meine Aufmerksamkeit. Du hast sie. Hör

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