SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
Nun, eines Tages werde ich ihm die passende Antwort auf diesen Verrat erteilen.«
Und jetzt konnte auch Karsa durch die schwieligen Sohlen seiner bloßen Füße ein schwaches Zittern spüren – fernes Hufgetrappel. »Wenn du diesem Mebra sowieso nicht getraut hast, wieso hast du ihn dann nicht gleich getötet?«
»Wenn ich jeden töten würde, dem ich nicht so recht traue, hätte ich nicht mehr viel Gesellschaft. Ich brauchte Beweise – und jetzt habe ich sie.«
»Außer, er hat es jemand anderem erzählt.«
»Dann ist er entweder ein Verräter oder dumm – beides hat die gleichen tödlichen Folgen. Komm, wir dürfen es den Malazanern nicht zu leicht machen.«
Sie gingen weiter. Der Tiefländer war unfehlbar darin, Wegstrecken zu wählen, auf denen sie weder Fußspuren noch sonstige Hinweise zurückließen. Dennoch kam das Geräusch der Reiter unerbittlich näher. »Sie haben einen Magier dabei«, murmelte der Tiefländer, während sie über eine weitere Felsplatte dahineilten.
»Wenn wir ihnen bis zum Einbruch der Dunkelheit entkommen«, sagte Karsa, »werde ich zum Jäger – und sie zu Gejagten.«
»Es sind mindestens zwanzig Mann. Wir sollten die Dunkelheit lieber nutzen, um uns davonzumachen. Kannst du die Berge im Südwesten sehen? Das ist unser Ziel. Wenn wir es bis zu den verborgenen Pässen schaffen, sind wir in Sicherheit.«
»Wir können den Pferden nicht entkommen«, brummte Karsa. »Sobald es dunkel wird, höre ich auf, davonzulaufen.«
»Dann wirst du allein angreifen müssen, denn es wird deinen Tod bedeuten.«
»Allein. Das ist gut. Ich brauche keinen Tiefländer, der mir vor den Füßen umherspringt.«
Die Nacht brach rasch herein. Kurz bevor das letzte Tageslicht verblasste, erhaschten die beiden Flüchtlinge, die gerade auf eine mit gewaltigen Felsblöcken übersäte Ebene hinausglitten, einen Blick auf ihre Verfolger. Siebzehn Reiter, drei Ersatzpferde. Alle Malazaner – bis auf zwei – trugen eine vollständige Rüstung mit Helm, und sie waren entweder mit Lanzen oder mit Armbrüsten bewaffnet. Die anderen beiden Reiter konnte Karsa leicht erkennen. Silgar und Damisk.
Karsa erinnerte sich plötzlich daran, dass die beiden Zellen in jener Nacht, als sie vom Gefängnishof geflohen waren, leer gewesen waren. Damals hatte er sich weiter keine Gedanken darüber gemacht, sondern angenommen, dass die beiden Gefangenen für die Nacht nach drinnen gebracht worden waren.
Die Verfolger hatten die beiden Flüchtlinge nicht gesehen, die schnell wieder hinter den Felsblöcken Deckung suchten.
»Ich habe sie zu einem alten Lagerplatz geführt«, flüsterte der Tiefländer an Karsas Seite. »Hör doch. Sie schlagen ihr Lager auf. Die beiden, die keine Soldaten sind – «
»Ja. Der Sklavenmeister und sein Leibwächter.«
»Sie müssen ihm das Otataral-Fußkettchen abgenommen haben. Scheint so, als wollte er dich unbedingt haben.«
Karsa zuckte die Schultern. »Und er wird mich finden. Heute Nacht. Ich bin fertig mit den beiden. Keiner von ihnen wird die Morgendämmerung erleben, das schwöre ich bei Urugal.«
»Du kannst nicht ganz allein zwei Trupps angreifen.«
»Dann betrachte es als Ablenkungsmanöver, und nutze die Gelegenheit zur Flucht, Tiefländer.« Und mit diesen Worten drehte der Teblor sich um und machte sich auf den Weg zum Lager der Malazaner.
Er hatte kein Interesse daran zu warten, bis sie sich vollständig niedergelassen hatten. Die Armbrustschützen waren den ganzen Tag mit gespannten Waffen geritten. Genau in diesem Moment würden sie vermutlich die geflochtenen Stränge austauschen – vorausgesetzt, sie folgten den gleichen Gewohnheiten, die Karsa bei den Trupps des Ashok-Regiments gesehen hatte. Andere würden den Pferden die Sättel abnehmen und die Tiere versorgen, während die meisten übrigen Soldaten mit Essensvorbereitungen und dem Aufschlagen der Zelte beschäftigt sein würden. Im äußersten Fall gäbe es zwei oder drei Mann als Posten rings um das Lager.
Hinter einem großen Felsblock direkt vor dem malazanischen Lager machte Karsa Halt. Er konnte hören, wie sie ihr Nachtlager vorbereiteten. Der Teblor nahm eine Hand voll Sand und trocknete den Schweiß an seinen Händen, dann nahm er sein Blutschwert in die Rechte und schob sich vorwärts.
Drei Dungfeuer waren entfacht worden, die Feuerstellen jeweils mit großen Felsbrocken gesichert, um das Licht zu dämpfen, das die flackernden Flammen gaben. Die Pferde standen in einem mit Seilen begrenzten Pferch,
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