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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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und sich wieder miteinander zu verbinden, so dass die Jagd erneut aufgenommen werden konnte.
    Doch Kurald Emurlahn, mochte es jetzt auch in Einzelteile zerfallen sein oder nicht, war den T’lan Imass nicht freundlich gesonnen. Ohne einen Knochenwerfer an seiner Seite konnte Onrack seine Tellann-Kräfte nicht ausdehnen, konnte er seine Verwandten nicht erreichen, ihnen nicht mitteilen, dass er überlebt hatte. Für die meisten seiner Art wäre das allein schon ein ausreichender Grund gewesen … sich aufzugeben. Die schäumenden Wogen, denen er erst vor kurzem entstiegen war, boten wahres Vergessen. Sich aufzulösen war die einzige Möglichkeit, dem in alle Ewigkeit geltenden Ritual zu entfliehen, und selbst unter den Logros – den Wächtern des Ersten Thrones – gab es, wie Onrack wusste, einige, die diesen Pfad erwählt hatten. Oder etwas noch Schlimmeres …
    Der Krieger dachte nicht sonderlich lange über die Frage nach, ob er seiner Existenz möglicherweise ein Ende bereiten sollte. In Wirklichkeit quälte ihn seine Unsterblichkeit längst nicht so wie die meisten anderen T’lan Imass.
    Schließlich gab es immer noch etwas Neues zu sehen.
    Er bemerkte Bewegung unter der Haut des nächsten Welses, schwache Hinweise darauf, dass sich etwas zusammenzog, etwas zu Bewusstsein erwachte. Onrack zog sein zweihändiges, gekrümmtes Obsidian-Schwert. Die meisten Dinge, über die er normalerweise stolperte, mussten getötet werden. Gelegentlich aus Gründen der Selbstverteidigung, jedoch häufig auch aus plötzlichem und wahrscheinlich gegenseitigem Ekel. Er hatte schon lange aufgehört, sich zu fragen, warum das so sein musste.
    Von seinen breiten Schultern hing @krispelig und farblos die verrottete Haut eines Enkar’al. Es war eine ziemlich neue Errungenschaft, weniger als tausend Jahre alt. Noch ein Beispiel für eine Kreatur, die ihn auf den ersten Blick gehasst hatte. Obwohl vielleicht die schwarze, geriffelte Klinge, die auf ihren Kopf zugeschnellt war, ihre Reaktion ein wenig beeinflusst hatte.
    Onrack kam zu dem Schluss, dass es noch einige Zeit dauern würde, bis das Biest aus seiner Haut krabbelte. Er senkte seine Waffe und ging an ihm vorbei. Die außergewöhnliche, Kontinente umspannende Mauer des Entstehenden war ein Kuriosum an sich. Nachdem der Krieger kurz nachgedacht hatte, beschloss er, sie in ihrer gesamten Länge abzuschreiten. Oder zumindest so weit, bis er auf eine Bresche stieße und nicht mehr weiterkäme.
    Er setzte sich wieder in Bewegung, schlurfte auf seinen lederumwickelten Füßen vorwärts; sein Schwert hielt er locker in der Linken, so dass die Schwertspitze eine ziellose Furche in den getrockneten Lehm ritzte. Schlammklumpen hingen an seinem zerfetzten Lederhemd und den Lederriemen seines Wehrgehenks. Schlammiges Wasser war in die verschiedenen Risse und Löcher seines Körpers gesickert und troff jetzt mit jedem schweren Schritt wieder heraus. Einst hatte er einen Helm besessen, eine beeindruckende Trophäe aus seiner Jugend, doch der war bei der letzten Schlacht gegen die Jaghut-Familie in der Jhag-Odhan zerschmettert worden. Ein einziger, diagonal geführter Hieb, der auch ein Fünftel seines Schädels mitgenommen hatte, so dass ihm nun auf der rechten Seite Scheitel- und Schläfenbein fehlten. Jaghut-Frauen verfügten über eine Stärke, die man ihnen nicht ansah, und bewundernswerte Wildheit – besonders, wenn sie in die Ecke gedrängt wurden.
    Der Himmel über ihm hatte einen krankhaften Farbstich, aber er hatte sich mittlerweile daran gewöhnt. Dieses Teilstück des seit langer Zeit zerfallenen Gewirrs der Tiste Edur war bei weitem das größte, auf das er bisher gestoßen war, größer selbst als dasjenige, das Tremorlor umgab, das Azath-Haus in der Odhan. Und dieses Stück hatte eine Zeit der Stabilität erlebt, die ausgereicht hatte, dass sich Zivilisationen gebildet und Gelehrte der Zauberei damit begonnen hatten, die Macht von Kurald Emurlahn zu enträtseln, obwohl diese Bewohner keine Tiste Edur gewesen waren.
    Müßig stellte sich Onrack die Frage, ob die abtrünnigen T’lan Imass, die er und seine Verwandten verfolgten, wohl irgendwie die Wunde erzeugt hatten, die dazu geführt hatte, dass diese Welt überflutet worden war. Angesichts der Gründlichkeit, mit der die Sintflut ihre Spuren verwischt hatte, schien es ihm durchaus wahrscheinlich. Entweder das, oder aber die Tiste Edur waren zurückgekehrt, um wieder Anspruch auf das zu erheben, was ihnen einst gehört

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