SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
wobei sie schnappten und sich zankten. Delum machte einen Satz nach vorn, um einem der Hunde einen Lungenflügel aus dem Maul zu reißen, wobei er herausfordernd die Zähne bleckte. Er zog sich ein Stück zur Seite zurück und kauerte sich über seine Beute.
Karsa schaute zu, wie Nager aufstand und zu Delum Thord hinübertrottete, schaute zu, wie Delum winselnd die Lunge fallen ließ und sich flach und mit gesenktem Kopf auf den Boden duckte, während Nager einen Augenblick lang das Blut um das Organ herum aufleckte und dann zu seiner eigenen Mahlzeit zurücktrottete.
Karsa grunzte. »Nagers Meute hat ein neues Mitglied.« Als keine Antwort kam, blickte er zu Bairoth herüber, der Delum voller Entsetzen anstarrte. »Siehst du sein Lächeln, Bairoth Gild? Delum Thord hat sein Glück gefunden, und das sagt uns, dass er nicht weiter zurückkommen wird. Warum sollte er auch?«
Bairoth starrte seine blutigen Hände an, das Schlachtermesser, das im ersterbenden Licht rot erglühte. »Hast du nie Trauer verspürt, Kriegsführer?«, fragte er flüsternd.
»Nein. Er ist nicht tot.«
»Besser, er wär’s!«, schnappte Bairoth.
»Dann töte ihn.«
Blanker Hass blitzte in Bairoths Augen auf. »Karsa Orlong, was hat sie zu dir gesagt?«
Karsa runzelte angesichts dieser unerwarteten Frage die Stirn und zuckte dann die Schultern. »Sie hat mich meiner Unwissenheit wegen verdammt. Aber ihre Worte konnten mich nicht verwunden, denn ich habe auf alles, was sie gesagt hat, mit Gleichgültigkeit reagiert.«
Bairoth kniff die Augen zusammen. »Du machst einen Witz aus dem, was geschehen ist? Kriegsführer, du führst mich nicht länger. Ich werde deine Flanke in deinem verfluchten Krieg nicht decken. Wir haben zu viel verloren – «
»In dir ist Schwäche, Bairoth Gild. Das habe ich schon immer gewusst. Schon seit Jahren. Du unterscheidest dich nicht wirklich von dem, was aus Delum geworden ist, und das ist es, was dich nun so quält. Hast du tatsächlich geglaubt, wir würden alle drei ohne Narben von dieser Reise zurückkehren? Hast du geglaubt, wir wären vor unseren Feinden gefeit?«
»Dann denkst du also – «
Karsa lachte rau auf. »Du bist ein Narr, Bairoth Gild. Wie sind wir wohl so weit gekommen? Durch die Lande der Rathyd und der Sunyd? Wie haben wir all die Kämpfe überstanden, die wir gefochten haben? Unser Sieg war kein Geschenk der Sieben. Wir haben uns unseren Erfolg selbst erarbeitet – durch unser Geschick im Umgang mit dem Schwert und durch meine Führung. Doch du hast in mir nur Tollkühnheit gesehen, wie bei einem Jugendlichen, der den Pfad des Kriegers gerade erst betreten hat. Du hast dich selbst getäuscht, und das hat dich getröstet. Du bist mir nicht überlegen, Bairoth Gild. In nichts.«
Bairoth Gild starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an; seine blutroten Hände zitterten.
»Und jetzt«, knurrte Karsa, »solltest du überleben, diese Reise überleben, mich überleben, dann, so schlage ich vor, solltest du noch einmal von neuem über den Wert der Gefolgschaft nachdenken. Dein Leben liegt in der Hand deines Anführers. Folge mir zum Sieg, Bairoth Gild, oder bleibe auf der Strecke. Wie auch immer, ich werde die Geschichte mit wahren Worten erzählen. Also – wie willst du es haben?«
Gefühle flackerten wie Lauffeuer über Bairoths breites, plötzlich bleiches Gesicht. Er holte ein halbes Dutzend Mal gequält Luft.
»Ich führe diese Meute an«, sagte Karsa leise. »Ich und niemand anderes. Willst du mich herausfordern?«
Bairoth sank langsam in die Hocke; er packte das Schlachtermesser fester. Sein Blick wurde ruhiger, seine Augen waren jetzt auf gleicher Höhe mit Karsas. »Wir lieben uns schon eine ganze Weile, Dayliss und ich. Du hattest keine Ahnung, während wir über deine unbeholfenen Versuche, um sie zu werben, gelacht haben. Tag für Tag bist du zwischen uns herumstolziert, hast geprahlt, mich herausgefordert, immer wieder versucht, mich in ihren Augen herabzusetzen. Aber wir haben insgeheim gelacht, Dayliss und ich, und wir haben die Nächte miteinander verbracht, einander in den Armen gehalten. Karsa Orlong, es könnte sein, dass du der Einzige bist, der in unser Dorf zurückkehrt – in der Tat, ich bin überzeugt davon, dass du es schaffen wirst, während mein Leben schon so gut wie zu Ende ist, aber davor fürchte ich mich nicht. Und wenn du in unser Dorf zurückkehrst, Kriegsführer, wirst du Dayliss zu deinem Weib machen. Aber eine Gewissheit wird dir bis zum Ende
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