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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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stechende Schmerzen. Er versuchte, langsamer zu atmen, und wandte seine Gedanken bewusst von den Schmerzen ab, die ihm seine Nerven übermittelten.
    Die Teblor hatten jahrhundertelang in Blindheit gelebt, hatten keine Ahnung von der wachsenden Zahl der Tiefländer und der dadurch wachsenden Bedrohung gehabt. Grenzen, die einst mit grausamer Entschlossenheit verteidigt wurden, waren aus irgendwelchen Gründen aufgegeben und offen gelassen worden für die alles vergiftenden Einflüsse aus dem Süden. Es war wichtig, das wurde Karsa klar, den Grund für dieses moralische Versagen zu finden. Die Sunyd waren niemals einer der stärksten Stämme gewesen, doch sie waren trotzdem Teblor, und was sie befallen hatte, konnte mit der Zeit auch alle anderen befallen. Es war unangenehm, sich dieser Tatsache zu stellen, doch davor die Augen zu verschließen würde bedeuten, den gleichen Weg noch einmal zu gehen.
    Es gab Fehler, mit denen man sich auseinander setzen musste. Pahlk, sein eigener Großvater, war bei weitem nicht der Krieger mit den glorreichen Taten gewesen, der zu sein er vorgegeben hatte. Wäre Pahlk mit wahren Geschichten zum Stamm zurückgekehrt, wären die Warnungen, die darin mitschwangen, gehört worden. Eine langsame, aber unaufhaltsame Invasion kam Schritt für Schritt auf die Teblor zu. Ein Krieg, der ihren Geist ebenso bedrohte wie ihre Siedlungsgebiete. Vielleicht hätten solche Warnungen schon ausgereicht, die Stämme zu vereinen.
    Er dachte darüber nach, und Dunkelheit legte sich auf seine Gedanken. Nein. Pahlks Versagen war noch größer gewesen; sein größtes Verbrechen waren nicht seine Lügen – es war sein Mangel an Mut. Er war unfähig gewesen, sich von den Strukturen zu befreien, die die Teblor banden. Die Verhaltensregeln seines Volkes, die engen Grenzen der Erwartungen und das für sie typische Festhalten am Althergebrachten, das Abweichler mit der Drohung tödlicher Isolation zermalmte – das waren die Dinge, die seinem Großvater den Mut geraubt hatten.
    Aber wahrscheinlich nicht meinem Vater.
    Der Wagen unter ihm ruckte ein weiteres Mal.
    Ich habe dein Misstrauen als Schwäche betrachtet. Deinen Unwillen, an den endlosen, tödlichen Spielen unseres Stammes teilzunehmen, bei denen es um Stolz und Vergeltung geht – das habe ich als Feigheit angesehen. Andererseits – was hast du getan, um unsere Traditionen herauszufordern? Nichts. Deine einzige Antwort war, dich zu verstecken – und alles herabzusetzen, was ich getan habe, meine Hingabe zu verspotten …
    Um mich auf diesen Augenblick vorzubereiten.
    Sehr schön, Vater, ich kann den Schimmer der Zufriedenheit in deinen Augen sehen, oh ja. Aber das eine sage ich dir: Du hast deinem Sohn nichts als Verletzungen zugefügt. Und ich habe mehr als genug Verletzungen ertragen.
    Urugal war mit ihm. Alle Sieben waren mit ihm. Ihre Macht würde ihn all dem gegenüber unempfindlich machen, was seinem Geist zusetzte. Eines Tages würde er zu seinem Volk zurückkehren und die herrschenden Regeln zerschmettern. Er würde die Teblor vereinen, und sie würden hinter ihm her marschieren … hinunter ins Tiefland.
    All die Dinge, die bis zu jenem Augenblick geschehen würden, all das, was ihn jetzt quälte, war nichts weiter als Vorbereitung. Er würde die Waffe der Erlösung sein, und es war der Feind selbst, der sie jetzt schärfte.
    Es scheint, als wären beide Seiten mit Blindheit geschlagen. Und so werden meine Worte sich als wahr erweisen.
    Dies waren seine letzten Gedanken, ehe er erneut das Bewusstsein verlor.
     
    Aufgeregte Stimmen weckten ihn. Der Abend dämmerte, und die Luft war voller Gerüche nach Pferden, Staub und gewürzten Gerichten. Der Wagen unter ihm bewegte sich nicht, so dass er neben den Stimmen die Geräusche vieler Menschen bei den unterschiedlichsten Verrichtungen hören konnte, untermalt vom Rauschen eines Flusses.
    »Oh, du bist mal wieder wach«, sagte Torvald Nom.
    Karsa öffnete die Augen, bewegte sich aber nicht.
    »Das hier ist Culvernfurt«, fuhr der Daru fort. »Hier schwirren die neuesten Nachrichten aus dem Süden umher, sie haben mächtig Wirbel gemacht. Naja, ein kleiner Wirbel, angesichts der Größe dieser Scheißhausgrube von einer Stadt. Hier haust der Abschaum der Nathii, das sagt eine ganze Menge. Die malazanische Kompanie ist aber ziemlich durcheinander. Fahl ist gefallen, verstehst du. Eine große Schlacht mit einer Menge Magie, und Mondbrut hat sich zurückgezogen – hat sich wohl tatsächlich nach

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