SdG 07 - Das Haus der Ketten
ganz genau: für Leoman von den Dreschflegeln würde er sein Leben opfern.
Sie hatten den ganzen Tag stumm und reglos Seite an Seite gelegen, und nun, am späten Nachmittag, sahen sie in der Ferne die ersten Vorreiter auftauchen, die vorsichtig ausschwärmten, während sie in die Mulde aus in der Hitze geborstenem Salz und Lehm vorrückten.
Schließlich rührte sich Corabb. »Wickaner«, zischte er.
»Und Seti«, brummte Leoman.
»Die in den grauen Rüstungen sehen … anders aus.«
Der Mann neben ihm grunzte und fluchte dann. »Khundryl von südlich des Vathar. Ich hatte gehofft … Aber diese geheimnisvollen Rüstungen sehen schwer aus. Die Sieben allein wissen, welche Ahnengräber sie dafür geplündert haben. Die Khundryl sind erst spät zu Reitern geworden, aber mit solchen Rüstungen ist das ja auch kein Wunder, oder?«
Corabb starrte blinzelnd in die riesige Staubwolke hinter den Vorreitern. »Die Vorhut ist ziemlich dicht hinter den Kundschaftern.«
»Ja. Dagegen werden wir etwas unternehmen müssen.«
Ohne ein weiteres Wort zu wechseln zogen sich die beiden Krieger von dem Grat zurück, außer Sicht der Kundschafter; sie hielten kurz an und schoben Sand über die Stelle, an der sie gelegen hatten, dann begaben sie sich hinunter in die Rinne, in der sie ihre Pferde zurückgelassen hatten.
»Heute Nacht«, sagte Leoman, während er nach den Zügeln seines Reittiers griff und sich in den Sattel schwang.
Corabb tat es ihm nach und nickte. Sha’ik würde natürlich wissen, dass sie sich über ihre Anweisungen hinweggesetzt hatten. Denn die Göttin des Wirbelwinds hatte alle ihre Kinder im Auge.
Doch das hier war schließlich ihr eigenes Land, oder etwa nicht? Da konnte man doch nicht zulassen, dass die Eindringlinge einfach so hindurchmarschierten, ohne auf jeglichen Widerstand zu stoßen. Nein, der Sand würde ihr Blut trinken, würde in dieser Nacht dem dunklen Versprechen des Verhüllten Schnitters Ausdruck verleihen.
L’oric stand in der Nähe des Pfads, der zu Toblakais Lichtung führte. Ein beiläufiger Blick rundum, dann entfachte eine kaum wahrnehmbare Geste mit der einen Hand vorsichtig magische Energien – die fast so schnell wieder verschwanden, wie sie gekommen waren. Zufrieden betrat er den Pfad.
Sha’ik mochte abgelenkt sein, doch ihre Göttin war es nicht. Immer stärker spürte er eine suchende Aufmerksamkeit auf sich gerichtet, magische Fühler, die sich in dem Bemühen reckten, ihn zu finden oder seine Bewegungen zu verfolgen. Und es wurde immer schwieriger, diesen magischen Sondierungen zu entgehen – vor allem, seit sie von mehreren Seiten kamen.
Febryl wurde immer nervöser, genau wie Kamist Reloe. Wohingegen Bidithals Paranoia keine Nahrung brauchte – und auch keine brauchen sollte. All diese Zeichen zunehmender Ruhelosigkeit bestärkten L’oric in der Überzeugung, dass die Pläne, wie auch immer sie aussehen mochten, schon bald in die Tat umgesetzt werden würden. Auf die eine oder die andere Weise.
Er hatte nicht damit gerechnet, dass Sha’ik so … unvorbereitet war. Nun ja, mittels eines nicht allzu feinsinnigen Hinweises hatte sie angedeutet, dass sie sich auf außergewöhnliche Weise all dessen bewusst war, was im Lager vor sich ging – und außerdem die beunruhigende Fähigkeit besaß, seine eigenen Tarnzauber zunichte zu machen, die seine Reisen verschleiern sollten. Dennoch – hätte sie bestimmte Dinge gewusst oder auch nur einen entsprechenden Verdacht gehegt, wäre schon längst eine tödliche Reaktion erfolgt. Einige Orte müssen ihr verschlossen bleiben. Ich hatte eigentlich erwartet, dass sie mir heute weit gefährlichere Fragen stellen wurde. Zum Beispiel ›Wo ist Felisin?‹. Andererseits – vielleicht hat sie ja nicht gefragt, weil sie es bereits weiß. Ein Gedanke, der ihn frösteln ließ – nicht nur angesichts der Vorstellung, was sie in diesem Fall alles wusste, sondern vor allem auch, was dies im Hinblick auf Sha’ik bedeuten würde. Dass sie weiß, was Bidithal Felisin angetan hat … und dass es sie nicht kümmert.
Die Abenddämmerung schien immer begierig darauf, sich auf den Wald der steinernen Bäume herabzusenken. Die Spuren, die er auf dem staubigen Pfad vorfand, zeigten ihm zu seiner Erleichterung, dass er noch immer der Einzige war, der in diesen Tagen hier entlangging.
Nicht, dass die Göttin Pfade benötigt hätte. Doch Toblakais Lichtung war von einer Fremdartigkeit, die auf eine Art Schutzzauber hindeutete, als sei die
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