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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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mit jeder Beleidigung, die Ihr mir entgegenschleudert, größer zu werden. Eine eigentümliche Art zu flirten – «
    »Flirten? Ihr verdammter Narr. Ich wäre weitaus glücklicher, wenn ich zusehen könnte, wie Ihr auf die Nase fallt und von dieser verdammten Göttin windelweich geprügelt werdet, und wenn auch nur wegen der Befriedigung, die mir das verschaffen würde – «
    »Ganz wie ich gesagt habe, meine Liebe.«
    »Tatsächlich? Wenn ich Euch also mit kochendem Öl übergießen würde, dann würdet Ihr mir – immer wieder von Schreien unterbrochen – sagen, dass ich meinen Kopf zwischen Euren – « Sie schloss hörbar den Mund.
    Klugerweise enthielt sich Perl jeglichen Kommentars.
    Mit der flachen Seite des Schwerts? Nein, mit der Schneide. »Ich würde Euch am liebsten umbringen, Perl.«
    »Ich weiß.«
    »Aber für den Augenblick werde ich mich damit begnügen, Euch in meinen Schatten zu stellen.«
    »Danke. Und jetzt geht einfach weiter, in ruhigem, gleichmäßigem Tempo. Mitten hinein in die Mauer aus Sand. Und denkt daran, kneift die Augen fest zu – ich will nicht, dass diese prächtigen Fenster aus Feuer beschädigt werden …«
     
    Sie hatte erwartet, auf Widerstand zu stoßen, doch der Durchgang erwies sich als mühelos. Sechs Schritte durch eine trübe, ockerfarbene Welt – und dann hinaus auf die sonnenverbrannte Ebene der Raraku. Sie blinzelte ins verschwommene Licht der Abenddämmerung. Vier weitere Schritte, hinauf auf einen glatt gescheuerten Felsen, und sie drehte sich um.
    Lächelnd hob Perl die Arme, die Handflächen nach oben gedreht. Er stand einen Schritt hinter ihr.
    Sie überwand die Entfernung, eine behandschuhte Hand fuhr nach oben an seinen Hinterkopf, die andere griff um einiges tiefer nach unten, als sie seinen Mund mit dem ihren verschloss.
    Augenblicke später zerrten sie einander die Kleider vom Leib.
    Überhaupt kein Widerstand.
     
    Keine vier Längen entfernt im Südwesten erwachte Kalam Mekhar schweißgebadet, als die Dunkelheit sich herabsenkte. Die Qualen seiner Träume hallten noch in ihm nach, wenngleich ihr Inhalt sich ihm entzog. Schon wieder dieses Lied … glaube ich. Das immer lauter wurde, sich zu einem Gebrüll auswuchs, das die Welt an der Kehle zu packen schien … Er setzte sich langsam auf und zuckte angesichts der Schmerzen in seinen Muskeln und Gelenken zusammen. In einen engen, schattigen Felsspalt gequetscht zu werden, war einem stärkenden Schlaf nicht förderlich.
    Und die Stimmen in diesem Lied … fremdartig, aber vertraut. Wie Freunde … die noch nie in ihrem Leben ein Wort gesungen haben. Aber es geht nicht darum, den Geist zu unterdrücken – nein, diese Stimmen widmen ihren Gesang dem Krieg …
    Er griff nach seinem Wasserschlauch und nahm einen kräftigen Schluck, um den staubigen Geschmack aus seinem Mund zu bekommen, und verbrachte dann einige Augenblicke damit, seine Waffen und seine Ausrüstung zu überprüfen. Als er damit fertig war, schlug sein Herz wieder ruhig und gleichmäßig, und auch das Zittern seiner Hände hatte sich gelegt.
    Er hielt es für unwahrscheinlich, dass die Göttin des Wirbelwinds seine Anwesenheit bemerken konnte, so lange er bei jeder sich bietenden Gelegenheit durch die Schatten reiste. Und in einem gewissen Sinn war die Nacht selbst ebenfalls nichts als ein Schatten, wie er nur zu gut wusste. Vorausgesetzt, er würde sich tagsüber gut verbergen, konnte er davon ausgehen, Sha’iks Lager unentdeckt zu erreichen.
    Er schulterte seinen Packsack und marschierte los. Die Sterne über ihm waren durch die schwebenden Staubschleier kaum zu sehen. Trotz ihres wilden, sonnenverbrannten Erscheinungsbilds war die Raraku kreuz und quer von zahllosen Pfaden durchzogen. Viele davon führten zu falschen oder vergifteten Quellen; andere in einen ebenso sicheren Tod in der endlosen Sandwüste. Und unter dem Wirrwarr aus Fußstapfen und alten Steinhaufen, die die Stämme aufgeschichtet hatten, wanden sich auf den Hügelkämmen die Überreste alter Küstenstraßen entlang, verbanden miteinander, was vor langer Zeit einmal Inseln in einer riesigen, flachen Bucht gewesen waren.
    Kalam bewegte sich in einem gleichmäßigen Trab durch eine mit Steinen übersäte Senke, in der die Überreste von einem halben Dutzend Schiffen verstreut lagen, deren Holz versteinert war und im düsteren Licht an graue Knochen erinnerte. Der Wirbelwind hatte den Mantel aus Sand hochgehoben, um die Vorgeschichte der Raraku zu enthüllen, die lang

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