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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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zusammen.«
    »Da seht Ihr es. Ich habe doch gewusst, dass es Euch erfreut!« Er breitete die Hände aus. »Wäre es Euch lieber, wenn ich mich geißeln und mir das Fleisch vom Körper peitschen würde?« Angesichts ihrer hochgezogenen Augenbraue kniff er kurz misstrauisch die Augen zusammen, dann holte er tief Luft und sprach weiter. »Wir haben es fast geschafft, Schätzchen. Schon bald werden wir uns in ein schattiges Zelt setzen können, ein Glas eisgekühlten Wein in der Hand, und Muße haben, über die zahllosen Entdeckungen nachzudenken, die wir gemacht haben.«
    »Ich kann es kaum erwarten«, bemerkte sie trocken und verschränkte die Arme.
    Er drehte sich um und blickte den Wirbelwind an. Der brausende, kreischende Mahlstrom beherrschte den Himmel, schleuderte einen nie endenden Staubregen in die Luft. »Natürlich werden wir zunächst die Verteidigung der Göttin durchbrechen müssen – unentdeckt. Ihr habt Pardu-Blut in den Adern, daher wird sie Euch keinerlei Beachtung schenken. Ich hingegen bin zu einem Viertel ein Tiste Andii – «
    Sie zuckte zusammen, schnappte nach Luft. »Ihr seid was?«
    Er blickte sie überrascht an. »Habt Ihr das nicht gewusst? Meine Mutter war von Drift Avalii, ein Halbblut, weißhaarig und wunderschön – zumindest hat man mir das erzählt; ich kann mich nicht an sie erinnern, denn sie hat mich und meinen Vater verlassen, kaum dass ich entwöhnt war.«
    Vor Lostaras geistigem Auge tauchte plötzlich ein Bild auf – Perl, wie er an der Mutterbrust nuckelte –, und sie fand den Anblick höchst beunruhigend. »Dann wart Ihr also eine Lebendgeburt?«
    Sie lächelte, als er beleidigt schwieg.
     
    Sie begaben sich in die Senke hinunter, wo der grimmige Sturm des Wirbelwinds unablässig wütete und sich immer höher über ihnen auftürmte, je näher sie an ihn herankamen. Bald würde die Abenddämmerung hereinbrechen. Sie hatten nicht mehr viel zu essen, allerdings ausreichend Wasser, denn sie hatten ihre Schläuche an der Quelle beim zerstörten Tempel aufgefüllt. Lostara Yils Stiefel fielen ihr förmlich von den Füßen, und Perls Mokassins bestanden nur noch aus um die Füße gewickelten Lumpen. Die Nähte ihrer Kleider waren ausgefranst und unter der unbarmherzigen Sonne brüchig geworden. Das Leder war gerissen, und die Eisenteile waren von ihrem peinigenden Durchgang durch das Thyrllan-Gewirr zerfressen und mit einer Patina aus Schmutz und Rost überzogen.
    Sie fühlte sich müde und erschöpft; sie wusste, dass sie zehn Jahre älter aussah als sie war. Umso mehr Grund, abwechselnd Wut und Abscheu zu empfinden, wenn sie Perls munteres, faltenloses Gesicht und seine merkwürdig geformten Augen ansah, die so klar und strahlend waren. Die Leichtigkeit seiner Schritte ließ in ihr den Wunsch aufkommen, ihm mit der flachen Seite ihres Schwertes den Schädel einzuschlagen.
    »Und wie wollt Ihr der Aufmerksamkeit des Wirbelwinds entgehen, Perl?«, fragte sie, während sie dem Sturm immer näher kamen.
    Er zuckte die Schultern. »Ich habe einen Plan. Der vielleicht klappt – vielleicht auch nicht.«
    »Klingt wie die meisten Eurer Pläne. Dann sagt mir doch, welche gefährliche Rolle Ihr dabei mir zugedacht habt?«
    »Rashan, Thyr und Meanas«, erwiderte er. »Der immer währende Krieg. Dieses Bruchstück eines Gewirrs da vor uns wird von der Göttin nicht vollständig durchschaut. Was nicht überraschend ist, denn sie war anfangs wahrscheinlich kaum mehr als ein Luftgeist. Ich hingegen verstehe es … nun, besser als sie, auf alle Fälle.«
    »Könnt Ihr eigentlich jemals kurz und bündig antworten? ›Schmerzen Eure Füße?‹ ›Oh, Mockra und Rashan und Omtose Phellack, die Gewirre, von denen alle Schmerzen unterhalb des Knies stammen -‹«
    »In Ordnung. Schön. Ich habe vor, mich in Eurem Schatten zu verstecken.«
    »Nun, daran bin ich gewöhnt, Perl. Aber ich sollte Euch vielleicht darauf hinweisen, dass die Mauer des Wirbelwinds das Sonnenlicht ziemlich gründlich verdeckt.«
    »Das stimmt, aber es ist trotzdem da. Ich muss einfach vorsichtig gehen. Vorausgesetzt natürlich, Ihr macht keine plötzlichen, unvorhergesehenen Bewegungen.«
    »Ein Gedanke, der mir in Eurer Gesellschaft erst noch kommen muss, Perl.«
    »Oh, das ist gut. Ich habe allerdings das Gefühl, dass ich nun meinerseits Euch darauf hinweisen sollte, dass Ihr beharrlich eine gewisse Spannung zwischen uns schürt. Eine Spannung, die alles andere als … äh, beruflich ist. Eigenartigerweise scheint sie

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