SdG 07 - Das Haus der Ketten
all dem reinigen, was sie hervorgebracht haben, von diesem Ungeziefer mit den stolzen Augen, das eine einzige Mutter geboren hat. Natürlich konnte sie nicht am Ritual teilnehmen. Eine neue Welt hatte in ihr gewartet.
Und jetzt werde ich mich schließlich von neuem erheben. In das Fleisch eines dieser Kinder gehüllt, werde ich diese Welt vernichten.
Sie konnte sehen, wie der Pfad sich öffnete, der Weg klar und einladend vor ihr lag. Ein Tunnel mit Wänden aus wirbelnden, sich windenden Schatten.
Es würde gut sein, wieder zu gehen.
Warmes Fleisch und die Hitze des Blutes zu spüren.
Wasser zu schmecken. Essen.
Zu atmen.
Zu töten.
Ohne auf irgendetwas zu achten oder etwas zu hören, schritt Sha’ik den Abhang hinunter. Die Senke – das Schlachtfeld – erwartete sie. Sie konnte malazanische Kundschafter auf dem gegenüberliegenden Grat erkennen; einer ritt ins Lager zurück, während die anderen einfach nur beobachteten.
Dann hatten sie es also verstanden. Sie hatte gewusst, dass es so sein würde.
Undeutliche, aus weiter Ferne heranwehende Rufe hinter ihr. Sie lächelte. Natürlich. Am Ende sind es die beiden Krieger, die mich als Erste gefunden haben. Ich war eine Närrin, dass ich an ihnen gezweifelt habe. Und ich weiß, dass jeder von ihnen an meiner statt hier stehen würde.
Aber das können sie nicht.
Dies ist mein Kampf. Und der der Göttin.
»Kommt herein.«
Hauptmann Keneb hielt einen kurzen Augenblick inne und versuchte sich zu sammeln, ehe er das Kommandozelt betrat.
Sie legte gerade ihre Rüstung an. Eine nüchterne Tätigkeit, die leichter gewesen wäre, wenn ihr ein Diener oder eine Dienerin zur Hand gegangen wäre, doch das war nicht Tavores Art.
Obwohl das vielleicht auch wieder nicht ganz die Wahrheit war. »Mandata.«
»Was ist, Hauptmann?«
»Ich komme gerade vom Zelt der Faust. Ein Feldscher und ein Heiler sind sogleich herbeigerufen worden, doch es war bereits zu spät. Mandata Tavore, Gamet ist letzte Nacht gestorben. In seinem Kopf ist ein Blutgefäß geplatzt – der Feldscher glaubt, dass es ein Blutgerinnsel war und dass es von jener Nacht stammt, in der er vom Pferd gestürzt ist. Es … es tut mir Leid.«
Ihr abgespanntes, reizloses Gesicht war blass geworden. Er sah, wie sie ihre Hand Halt suchend an die Tischkante legte. »Gamet … ist tot?«
»Er ist im Schlaf gestorben.«
Sie drehte sich um, starrte auf die Ausrüstungsgegenstände, die auf dem Tisch lagen. »Ich danke Euch, Hauptmann. Geht jetzt, und lasst T’amber – «
Von draußen war ein Tumult zu hören, und dann kam ein junger Wickaner ins Zelt gestürmt. »Mandata! Sha’ik ist hinunter in die Senke gegangen! Sie fordert Euch heraus!«
Nach einem langen Moment nickte Tavore. »Sehr gut. Vergesst den letzten Befehl, Hauptmann. Ihr könnt jetzt beide gehen.« Sie drehte sich wieder um und zurrte die Riemen und Schnallen ihrer Rüstung fest.
Keneb winkte den Wickaner voraus, und sie verließen das Zelt.
Draußen zögerte der Hauptmann. Es ist das, was Gamet tun würde … oder?
»Wird sie gegen sie kämpfen?«, fragte der Wickaner.
Er warf ihm einen Blick zu. »Das wird sie. Geh zu Temul zurück, mein Junge. Wie auch immer, vor uns liegt heute noch eine Schlacht.« Er schaute dem jungen Krieger hinterher, der eilig davonrannte.
Dann drehte er sich zu dem bescheidenen Zelt um, das zwanzig Schritt zu seiner Linken stand. Vor der Zeltklappe standen keine Wachen. Keneb machte vor dem Eingang Halt. »Lady T’amber, seid Ihr da drinnen?«
Eine Gestalt tauchte auf. Sie war in festes Leder gekleidet – eine leichte Rüstung, wie Keneb überrascht feststellte –, und an ihrer Hüfte hing ein Langschwert. »Wünscht die Mandata, mit ihren morgendlichen Übungen zu beginnen?«
Keneb blickte in die ruhigen, bernsteinfarbenen Augen der jungen Frau. Sie wirkten unergründlich. Er schüttelte sich innerlich. »Gamet ist letzte Nacht gestorben. Ich habe es gerade der Mandata mitgeteilt.«
Die Frau warf einen raschen Blick in Richtung des Kommandozelts. »Ich verstehe.«
»Und jetzt steht Sha’ik in der Senke zwischen den beiden Armeen … und wartet. Es kam mir in den Sinn, dass die Mandata vielleicht dankbar für ein wenig Hilfe beim Anlegen ihrer Rüstung wäre, Lady T’amber.«
Zu seiner Überraschung drehte sie sich wieder zu ihrem Zelt um. »Heute Morgen nicht, Hauptmann. Ich verstehe Eure Beweggründe … aber nein. Heute Morgen nicht. Guten Tag, Hauptmann.«
Dann war sie fort.
Keneb war
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