SdG 07 - Das Haus der Ketten
der Mutterschaft …
Felisin beugte sich vor und spuckte in den Sand. Doch der Geschmack all dieser Worte wollte nicht vergehen. Es war nicht überraschend, dass Männer so dachten, dass sie so etwas tun konnten. Aber dass auch Frauen … es war in der Tat bitter, so etwas gutzuheißen. Aber sie waren im Unrecht. Sie haben den falschen Pfad beschritten. Oh ja, meine Mutter hat mich verlassen, aber nicht, um sich in die Arme irgendeines Liebhabers zu stürzen. Nein, es war der Vermummte, der sie umarmt hat.
Bidithal wollte also Hohepriester werden, ja? Dieser Narr. Sha’ik würde in ihrem Tempel einen Platz für ihn finden – oder zumindest für seinen Totenschädel. Vielleicht als Knochentopf zum Hineinpissen. Und dieser Moment würde bald kommen.
Aber das dauert schon … zu lang. Bidithal nimmt jede Nacht Mädchen in die Arme. Er erschafft eine Armee, eine Legion aus Verwundeten, aus Beraubten. Und sie werden begierig sein, diesen Verlust der Lust weiter auszudehnen. Sie sind schließlich Menschen, und es ist menschlich, einen Verlust in eine Tugend zu verwandeln. Um damit leben zu können, um ihn zu rechtfertigen.
Ein matter Lichtschimmer lenkte sie ab, und sie blickte auf. Die in die Bäume um sie herum gehauenen Gesichter glühten. Verströmten graues, magisches Licht. Hinter jedem war … eine Präsenz.
Toblakais Götter.
»Willkommen, Gebrochene.« Die Stimme klang wie Kalksteinfelsen, die sich aneinander rieben. »Ich werde Be’rok genannt. Rachegefühle umschwirren dich, mit solcher Macht, dass sie uns erweckt haben. Wir sind nicht ungehalten über die Beschwörung, Kind.«
»Du bist Toblakais Gott«, murmelte sie. »Du hast nichts mit mir zu tun. Und ich will dich auch nicht. Geh weg, Be’rok. Du und der Rest – geht weg.«
»Wir werden deine Schmerzen lindern. Ich werde dich zu meiner besonderen … Aufgabe machen. Du willst Rache? Die sollst du haben. Derjenige, der dir Schaden zugefügt hat, will die Macht der Wüstengöttin für sich. Er will das ganze Bruchstück des Gewirrs an sich reißen und es nach seinen alptraumhaften Vorstellungen verdrehen. Ach, Kind, auch wenn du es dir – jetzt – nicht vorstellen kannst, aber die Verwundung spielt keine Rolle. Die Gefahr liegt in Bidithals Ehrgeiz. Ein Messer muss in sein Herz gestoßen werden. Würdest du gern dieses Messer sein?«
Sie sagte nichts. Es gab keine Möglichkeit, festzustellen, welches der aus den versteinerten Baumstämmen gehauenen Gesichter das von Be’rok war, daher konnte sie nur von einem zum anderen blicken. Ein kurzer Blick zu den beiden vollständig gestalteten Toblakai-Kriegern zeigte ihr, dass von ihnen keine Emanation ausging; sie standen einfach nur grau und leblos in der Dunkelheit vor der Morgendämmerung.
»Diene uns«, murmelte Be’rok, »und wir werden im Gegenzug dir dienen. Antworte schnell – es kommt jemand.«
Sie bemerkte den schwankenden Lichtfleck einer Laterne auf dem Weg. L’oric. »Wie?«, fragte sie die Götter. »Wie wollt ihr mir dienen?«
»Wir werden dafür sorgen, dass Bidithal auf eine Weise stirbt, die seinen Verbrechen angemessen ist, und dass er … zum richtigen Zeitpunkt sterben wird.«
»Und wie soll ich das Messer sein?«
»Mein Kind«, erwiderte der Gott ruhig, »du bist es bereits.«
Kapitel Drei
Die Teblor haben sich schon lange den Ruf als Schlächter von Kindern und Hilflosen erworben, als todbringende Dämonen, die auf die Nathii losgelassen worden waren – als ein Fluch, den diese nicht verdient hatten. Je eher die Teblor in ihren gebirgigen Weiten ausgelöscht sein werden, desto schneller wird die Erinnerung an sie endlich verblassen. Bis dahin – bis Teblor nicht mehr als ein Name ist, mit dem man Kinder schrecken kann – sehen wir unsere Aufgabe klar und deutlich vor uns.
Der Kreuzzug von 1147
Ayed Kourbourn
D
ie Wölfe trotteten durch den fast schon leuchtenden Nebel, und ihre Augen blitzten, als sie die gewaltigen Köpfe in Richtung des Teblor wandten. Als würden sie einem Elch folgen, der sich durch tiefen Schnee mühte, hielten die großen Tiere auf beiden Seiten mit ihm Schritt, geisterhaft und mit der unerbittlichen Geduld von Raubtieren, die sie nun einmal waren.
Obwohl es unwahrscheinlich war, dass diese Gebirgsräuber jemals zuvor einen Teblor-Krieger gejagt hatten. Karsa hatte nicht damit gerechnet, auf Schnee zu stoßen, zumal sein Weg an der Nordseite des zerklüfteten Gebirgszugs entlangführte. Er hatte Glück, dass er nicht über
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