SdG 07 - Das Haus der Ketten
Halbkreis bildeten.
Er verlangsamte seine Schritte, machte seine Waffe bereit. Diesmal war sogar Bairoth Gild sprachlos – zweifellos war er ebenso verunsichert wie Karsa.
Zischend erklang die krächzende, keuchende Stimme eines Fremden in Karsas Geist: »Das hat uns wirklich Spaß gemacht, Toblakai. Du bist drei Nächte und beinahe vier Tage ohne Pause gelaufen. Es wäre eine tragische Untertreibung zu behaupten, wir wären beeindruckt. So etwas haben wir noch nie zuvor erlebt. Siehst du, wie unsere Flanken sich heben und senken? Du hast uns erschöpft. Und sieh dich selbst an – du atmest tief, und deine Augen sind rot gerändert, und dennoch stehst du da, ohne dass deine Beine zittern oder das merkwürdige Schwert in deinen Händen schwankt. Wirst du uns nun Schaden zufügen, Krieger?«
Karsa schüttelte den Kopf. Die fremde Stimme sprach malazanisch. »Ihr seid also so etwas wie ein Wechselgänger. Aber ihr seid viele, nicht einer. Dann müsst ihr ein … Vielwandler sein, ja? Ich habe Wechselgänger getötet – der Pelz hier auf meinen Schultern ist Beweis genug, solltet ihr an meinen Worten zweifeln. Greift mich an, wenn ihr wollt, und nachdem ich euch alle getötet habe, werde ich einen Umhang haben, um den mich selbst die Götter beneiden werden.«
» Wir sind nicht mehr daran interessiert, dich zu töten, Krieger. Im Gegenteil, wir treten jetzt an dich heran, um dir eine Warnung zu übermitteln.«
»Was für eine Warnung?«
»Du folgst jemandes Spur.«
Karsa zuckte die Schultern. »Zwei Männer – beide sind schwer, aber der eine ist größer. Sie gehen nebeneinander.«
»Nebeneinander, ja. Und was sagt dir das?«
»Dass keiner führt und keiner folgt.«
»Gefahr ruht auf deinen Schultern, Toblakai. Um dich herum ist eine Aura der Bedrohung – ein weiterer Grund, warum wir uns nicht mit dir anlegen werden. Mächte wetteifern um deine Seele. Zu viele Mächte. Zu tödliche. Aber beherzige unsere Warnung: Solltest du dich mit einem dieser Reisenden anlegen … wird die ganze Welt es bedauern. Die ganze Welt, Krieger.«
Karsa zuckte ein zweites Mal die Schultern. »Ich habe im Augenblick nicht vor, gegen irgendjemanden zu kämpfen, Vielwandler. Andererseits – wenn sich jemand mit mir anlegt, muss nicht ich mich für das verantworten, was immer die Welt dann bedauern mag. Und jetzt habe ich genug gesagt. Geht mir aus dem Weg, oder ich werde euch alle töten.«
Die Wölfe zögerten. »Sag ihnen, dass Ryllandaras versucht hat, dir davon abzuraten. Bevor du deine letzte Tat vollbringst – eine, die diese Welt zerstören wird.«
Er schaute zu, wie sie herumwirbelten und sich den Hang hinuntertrollten.
Bairoth Gilds Lachen dröhnte wie schwacher Donner durch seine Gedanken. Karsa nickte. »Niemand würde die Verantwortung für etwas übernehmen, das noch gar nicht passiert ist«, brummte er. »Allein dadurch bekommt diese Warnung etwas merkwürdig Zwingendes.«
»Du entwickelst dich tatsächlich weiter, Karsa Orlong. Was wirst du jetzt tun?«
Karsa bleckte die Zähne, während er sich das Schwert wieder auf den Rücken schlang. »Was ich tun werde, Bairoth Gild? Nun, ich werde diesen unheilvollen Reisenden natürlich gegenübertreten.«
Dieses Mal lachte Bairoth Gild nicht.
Ströme von Schmelzwasser flossen über das brüchige Felsgestein unter Karsas Mokassins. Weiter vorn führte der Abstieg in ein dicht gedrängtes Labyrinth aus Sandstein-Tafelbergen, deren ebene Flächen Kappen aus Eis und Schnee trugen. Trotz der hellen Nachmittagssonne am wolkenlosen Himmel blieben die engen, gewundenen Durchgänge zwischen den Tafelbergen im tiefen Schatten.
Doch der Schnee unter seinen Füßen war verschwunden, und er konnte bereits eine neue Wärme in der Luft spüren. Es schien nur ein einziger Weg nach unten zu führen, und der war ebenso ein Bachbett wie ein Pfad. Da der Teblor keinerlei Spuren fand, konnte er nur vermuten, dass die beiden Fremden vor ihm den gleichen Weg genommen hatten.
Er bewegte sich jetzt langsamer; seine Beine waren schwer vor Müdigkeit. Den Vielwandler-Wölfen gegenüber hätte er sich natürlich nie anmerken lassen, wie erschöpft er tatsächlich war, doch diese Gefahr lag jetzt hinter ihm. Er stand kurz davor zusammenzubrechen – nicht unbedingt die beste Ausgangsposition, um vielleicht schon bald die Klinge mit einem weltenzerstörenden Dämon zu kreuzen.
Doch noch immer trugen seine Beine ihn weiter, wie aus eigenem Antrieb. Wie vom Schicksal dazu
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