Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
bestimmt.
    »Und das Schicksal besitzt seinen eigenen Schwung, Karsa Orlong.«
    »So kommst du also schließlich immer wieder darauf zurück, mich zu piesacken, Bairoth Gild? Du solltest mir zumindest gute Ratschläge erteilen. Dieser Ryllandaras, dieser Vielwandler – seine Worte waren voller Unheil, oder?«
    »Auf absurde Weise unheilvoll, Kriegsführer. Es gibt keine Mächte auf dieser – oder irgendeiner anderen – Welt, die solch eine absolute Bedrohung darstellen. Solche Worte werden von fiebrigen Gefühlen der Furcht hervorgebracht. Vermutlich ist es etwas Persönliches; wer auch immer da vor uns geht, ist mit diesem Ryllandaras aneinander geraten – und der Vielwandler war derjenige, der dabei den Kürzeren gezogen hat.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht, Bairoth Gild. Delum Thord, du hast schon sehr lange nichts mehr gesagt. Was denkst du?«
    »Ich bin beunruhigt, Kriegsführer. Der Vielwandler war immerhin ein mächtiger Dämon. So viele Gestalten anzunehmen und doch eins zu bleiben. In deinen Gedanken zu sprechen, wie ein Gott …«
    Karsa verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Ein Gott … oder ein paar Geister. Er war kein Dämon, Delum Thord. Wir Teblor gehen zu unachtsam mit diesem Wort um. Forkrul Assail. Wechselgänger. Vielwandler. Sie alle sind in Wirklichkeit keine Dämonen, denn sie wurden nicht auf diese Welt herabbeschworen, sondern sie gehören zu dieser – zu unserer – Sphäre. Eigentlich unterscheiden sie sich gar nicht so sehr von uns Teblor – oder den Tiefländern. Unterscheiden sich auch nicht von Rhizan und Kapmotten, von Pferden und Hunden. Sie stammen alle aus dieser Welt, Delum Thord.«
    »Wie du meinst, Kriegsführer. Aber wir Teblor haben dieses Wort niemals auf vereinfachende Weise gebraucht. Ein Dämon zu sein, bezieht sich auch auf das Verhalten, und in dieser Hinsicht kann ein jedes Wesen dämonisch sein. Derjenige namens Ryllandaras hat uns gejagt, und hättest du ihn nicht bis zur Erschöpfung getrieben, hätte er uns angegriffen, auch wenn du das Gegenteil behauptest.«
    Karsa überlegte eine Weile und nickte dann. »Das stimmt, Delum Thord. Du gibst mir den Rat, vorsichtig zu sein. Aber so warst du schon immer, und daher bin ich nicht überrascht. Ich werde allerdings deine Worte deshalb nicht missachten.«
    »Natürlich wirst du das, Karsa Orlong.«
    Ein letzter Streifen Sonnenlicht, dann befand sich der Teblor im Schatten. Das Schmelzwasserrinnsal schwappte um seine Knöchel, als der Pfad schmaler wurde, und der Boden wurde schlüpfrig. Einmal mehr konnte er seinen Atem sehen.
    Ein Stück über ihm zu seiner Linken verlief ein breites Sims, das noch nicht im Schatten lag und knochentrocken aussah. Karsa bog von dem Pfad ab und kletterte an der verwitterten Seitenwand der Rinne empor, bis er in der Lage war, sich hinaufzuziehen. Er richtete sich auf. Dies war kein natürliches Sims. Eher eine Straße, die parallel zu der Schlucht verlief, die sich um den ersten Tafelberg zu ihrer Linken herumwand. Die Felswand des Tafelbergs selbst schien irgendwann vor langer, langer Zeit bis in eine Höhe geglättet worden zu sein, die in etwa Karsas doppelter Körperlänge entsprach. Schwach waren Zeichnungen darauf zu erkennen, etwas vertieft und von den vorüberziehenden Jahrhunderten ihrer Farben beraubt. Eine Prozession von Gestalten in Größe der Tiefländer, barhäuptig und nur mit einem Lendenschurz bekleidet. Sie hielten die Hände hoch über den Köpfen, die Finger ausgestreckt, als wollten sie nach der leeren Luft greifen.
    Der Weg selbst war von Sprüngen und Rissen durchzogen, zerschlagen von den Steinen, die unablässig von dem Tafelberg herabregneten. Trotzdem schien die Straße aus einem einzigen Stück Fels gehauen zu sein, obwohl das natürlich unmöglich war. Immer wieder ansteigend und abfallend und zusammengestaucht wand sie sich um die gekrümmte Felswand herum, entfernte sich dann von dem Tafelberg und führte zu einer Art Rampe, die aus der Entfernung nur verschwommen zu erkennen war und die wahrscheinlich hinunter auf die Ebene führte. Der Horizont direkt voraus und zu seiner Rechten wurde von steinernen Türmen begrenzt, doch Karsa wusste, dass sich hinter ihnen die Fluten der Longshan-See erstreckten.
    Die Müdigkeit zwang den Teblor, sich langsam auf dem Weg niederzulassen, seinen Packsack abzunehmen und sich mit dem Rücken gegen die Felswand zu lehnen. Die Reise war lang gewesen, doch er wusste, dass der Weg, der noch vor ihm lag, um einiges

Weitere Kostenlose Bücher