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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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sicheren Zufluchtsort bieten.«
    »Du überschreitest die Brücke, noch ehe wir sie gebaut haben, Karsa Orlong«, sagte Urugal. »Es sieht ganz so aus, als hätte Bairoth Gild dir das Denken beigebracht, bevor er selbst versagt hat und gestorben ist. Du bist der Bezeichnung Kriegsführer wahrhaftig würdig.«
    »Vollkommenheit ist eine Illusion«, sagte ’Siballe. »Und so trachten Sterbliche und Unsterbliche gleichermaßen nach etwas, das unerreichbar ist. Unser neuer Herr versucht, das Muster zu ändern, Karsa Orlong. Als dritte Macht, die den ewig währenden Krieg zwischen Ordnung und Auflösung für immer verändern wird.«
    »Ein Herr, der die Verehrung des Unvollkommenen fordert«, knurrte der Teblor.
    ’Siballe nickte mit dem Kopf. Es knirschte. »Ja.«
    Karsa stellte fest, dass er durstig war. Er ging zu seinem Packsack und holte einen Wasserschlauch heraus. Nachdem er ein paar große Schlucke getrunken hatte, trat er wieder zu seinem Schwert. Er schloss beide Hände um den Griff und hob die Waffe hoch, musterte die geriffelte Klinge.
    »Ein außergewöhnliches Stück«, sagte Urugal. »Wenn die Waffen der Imass einen Gott haben könnten …«
    Karsa grinste den T’lan Imass an, vor dem er einst – in seiner Jugend – gekniet hatte, auf einer weit entfernt gelegenen Lichtung. Damals war die Welt in seinen Augen gleichermaßen einfach und … vollkommen gewesen. »Ihr seid keine Götter.«
    »Wir sind Götter«, erwiderte Urugal. »Ein Gott zu sein, bedeutet Gläubige zu haben.«
    »Sie zu führen«, fügte ’Siballe hinzu.
    »Ihr habt Unrecht, alle beide«, sagte Karsa. »Ein Gott zu sein, heißt die Bürde der Gläubigen zu kennen. Habt ihr uns beschützt? Nein, das habt ihr nicht. Habt ihr uns Trost gespendet? Wart ihr barmherzig? Oder auch nur mitleidig? Für die Teblor wart ihr Sklavenhalter, T’lan Imass, gierige, hungrige Herren, die harte Forderungen gestellt und grausame Opfer erwartet haben – alles nur, um eure eigenen Wünsche zu nähren. Ihr wart die unsichtbaren Ketten der Teblor.« Sein Blick blieb an ’Siballe hängen. »Und du, Frau mit dem Namen ’Siballe die Ungefundene – du hast Kinder geraubt.«
    »Unvollkommene Kinder, Karsa Orlong, die ansonsten gestorben wären. Und es ist für sie kein Grund zur Trauer, meine Geschenke erhalten zu haben.«
    »Natürlich, das kann ich mir vorstellen. Die Trauer bleibt ganz allein den Müttern und Vätern, die sie dir ausgeliefert haben. Wie kurz das Leben eines Kindes auch sein mag – die Liebe seiner Eltern ist eine Kraft, die ihm nicht verweigert werden sollte. Und noch etwas solltest du wissen, ’Siballe – ihr macht die Unvollkommenheit nichts aus.« Seine Stimme klang selbst in seinen eigenen Ohren rau, kam krächzend aus einer zugeschnürten Kehle. »Verehre die Unvollkommenheit, hast du gesagt. Eine Metapher, die du hast Wirklichkeit werden lassen, indem du verlangt hast, jene Kinder zu opfern. Doch du hast das entscheidende Geschenk vergessen, das mit der Verehrung verbunden ist. Du hast keinerlei Vorstellung davon, was es bedeutet, die Bürden derjenigen zu erleichtern, die dich verehren. Doch auch das ist noch nicht dein schlimmstes Verbrechen.
    Nein. Du hast uns dann auch noch deine eigenen Bürden aufgeladen.« Er richtete den Blick auf einen der anderen T’lan Imass. »Sag mir eines, Urugal: Was haben die Teblor getan, um so etwas zu verdienen?«
    »Dein eigenes Volk hat vergessen – «
    »Sag es mir.«
    Urugal zuckte die Schultern. »Ihr habt versagt.«
    Unfähig, auch nur einen Ton herauszubringen, starrte Karsa den übel zugerichteten Gott an. Das Schwert in seinen Händen zitterte. Er hatte es die ganze Zeit hoch gehalten, und jetzt drohte das Gewicht seine Arme schließlich doch nach unten zu ziehen. Er richtete den Blick fest auf die Waffe und senkte dann langsam die Spitze, bis sie auf dem Boden ruhte.
    »Auch wir haben versagt, einst, vor langer Zeit«, sagte ’Siballe. »Solche Dinge können nicht ungeschehen gemacht werden. Also lieferst du dich ihnen aus und leidest ewige Qualen. Oder du entscheidest dich dafür, die Bürde abzuwerfen. Karsa Orlong, die Antwort, die wir dir geben, ist einfach: versagen heißt, einen Fehler zu offenbaren. Stelle dich dieser Erkenntnis, kehre ihr nicht den Rücken, schwöre keine hohlen Eide, dass du deinen Fehler niemals wiederholen wirst. Er ist geschehen. Feiere ihn! Das ist unsere Antwort, und tatsächlich ist uns diese Antwort vom Verkrüppelten Gott gezeigt worden.«
    Die

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