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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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seine zerfetzten Hände zurückgelassen hatten.
    Plötzlich wurde ihm die sengende Hitze in der Höhle bewusst, und er blickte langsam auf.
    Die Sieben Götter standen ihm in einem weiten Halbkreis gegenüber; das Licht der Feuerstelle flackerte über ihre zerschmetterten, zerbrochenen Körper. Sie hielten Waffen, die der Klinge ähnelten, die nun vor ihm lag – wobei diese Waffen natürlich, passend zu ihren untersetzten Gestalten, kleiner waren.
    »Ihr seid wirklich gekommen«, bemerkte Karsa.
    Derjenige, den er als Urugal kannte, antwortete. »Das sind wir. Wir sind nun frei von den Banden des Rituals. Die Ketten sind zerbrochen, Karsa Orlong.«
    Ein anderer Gott sprach mit tiefer, krächzender Stimme. »Das Gewirr von Tellann hat dein Schwert gefunden, Karsa Orlong.« Das Genick des Gottes war verdreht, gebrochen, der Kopf war auf eine Schulter gesunken und wurde dort nur noch notdürftig von ein paar Muskeln und Sehnen festgehalten. »Es wird niemals zerbrechen.«
    Karsa grunzte. »In der Höhle da hinten liegen viele zerbrochene Waffen.«
    »Ältere Zauberei«, antwortete Urugal. »Und feindliche Gewirre. Unser Volk hat viele Kriege geführt.«
    »Das habt ihr T’lan Imass in der Tat getan«, sagte der Teblor-Krieger. »Ich bin Stufen hinuntergeschritten, die aus den Knochen eurer Verwandten gemacht waren. Ich habe eure Gefallenen gesehen – eine so gewaltige Anzahl, dass sie jedes Vorstellungsvermögen übersteigt.« Er musterte die sieben Kreaturen, die vor ihm standen. »Welche Schlacht hat euer Ende bedeutet?«
    Urugal zuckte die Schultern. »Das ist nicht von Bedeutung, Karsa Orlong. Ein Kampf, der schon lange zurückliegt, gegen einen Feind, der längst zu Staub zerfallen ist – ein Fehlschlag, der am besten vergessen werden sollte. Wir haben zahllose Kriege erlebt, und was haben sie gebracht? Die Jaghut waren sowieso dem Untergang geweiht – wir haben das Unausweichliche nur beschleunigt. Andere Feinde haben sich angekündigt und sich uns in den Weg gestellt. Ihre Gründe waren uns gleichgültig, keiner von ihnen konnte uns von unserem Weg abbringen. Und so haben wir sie niedergemacht. Wieder und wieder. Kriege ohne jede Bedeutung, Kriege, die im Grunde genommen nichts geändert haben. Leben heißt leiden. Existieren – selbst so, wie wir es tun – heißt Widerstand leisten.«
    »Das ist alles, was dabei herausgekommen ist«, sagte die T’lan Imass, die ’Siballe genannt wurde. »In seiner Gesamtheit. Stein, Meer, Wald, Stadt – und jede Kreatur, die jemals gelebt hat –, sie alle kämpfen den gleichen Kampf. Das Sein widersetzt sich dem Nichtsein. Ordnung führt Krieg gegen das Chaos der Auflösung und der Unordnung. Dies ist die einzige Wahrheit von Bedeutung, die größte aller Wahrheiten, Karsa Orlong. Was verehren die Götter selbst, wenn nicht Vollkommenheit? Den nicht zu erringenden Sieg über die Natur, über die Unsicherheit der Natur. Es gibt viele Bezeichnungen für diesen Kampf. Ordnung gegen Chaos, Struktur gegen Auflösung, Licht gegen Dunkel, Leben gegen Tod. Aber sie bedeuten alle dasselbe.«
    Der T’lan Imass mit dem gebrochenen Genick sprach im Flüsterton, seine Worte klangen wie ein leiernder Singsang. »Das Ranag lahmt. Ist weit von der Herde entfernt. Doch es zieht weiter, hinter ihr her. Es sucht den Schutz der Herde. Die Zeit wird es heilen. Oder schwächen. Zwei Möglichkeiten. Aber das lahme Ranag kennt nur die störrische Hoffnung. Denn das ist seine Natur. Die Ay haben es gesehen und rücken jetzt näher. Die Beute ist noch immer stark. Aber allein. Die Ay erkennen Schwäche sofort. Wie einen Geruch im kalten Wind. Sie rennen neben dem stolpernden Ranag her. Und treiben es von der Herde fort. Doch noch immer ist es voll störrischer Hoffnung. Es stellt sich zum Kampf. Den Kopf gesenkt und bereit, den Feind auf die Hörner zu nehmen, seine Rippen zu zerschmettern, ihn davonzuschleudern. Doch die Ay sind schlau. Sie umkreisen die Beute und greifen an und springen schnell wieder weg. Wieder und wieder. Hunger führt Krieg gegen störrische Hoffnung. Bis das Ranag erschöpft ist. Bis es blutet. Stolpert. Dann greifen die Ay alle gleichzeitig an. Schnappen nach seinem Nacken. Seinen Beinen. Seiner Kehle. Bis das Ranag zu Boden gezogen wird. Und die störrische Hoffnung weicht, Karsa Orlong. Sie weicht, wie sie es immer tun muss, der stillen Unausweichlichkeit.«
    Der Teblor bleckte die Zähne. »Doch euer neuer Herr würde dem lahmen Tier Schutz gewähren. Ihm einen

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