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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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gut möglich war, dass er ihr gerade das Leben gerettet hatte.
    Jedenfalls war alles gesagt worden, was gesagt werden musste. Sie fragte sich, ob Hull Beddict das begriffen hatte. Dass dies bei Buruk der Fall war, daran gab es keinen Zweifel.
    Wir sind in der Tat schlimm aus dem Gleichgewicht gebracht worden. Hannan Mosag, der Hexenkönig, will Frieden.
    Es hatte wieder zu regnen angefangen. Sie zog sich ihren Umhang enger um die Schultern.
    Armer Hull.
     
    Jemand schob sich an seine Seite. Udinaas schaute auf und sah Hulad, das vertraute, faltige Gesicht abgespannt, besorgt und blass. »Bist du in Ordnung?«
    Hulad zuckte die Schultern. »Ich habe mich gerade daran erinnert, wie es beim letzten Mal war, als sie die Fliesen geworfen hat, Udinaas. Ich bin heute Abend ziemlich am Ende mit meinen Nerven.«
    Udinaas sagte nichts. Einigermaßen überrascht stellte er fest, dass er nichts dergleichen verspürte. Er hatte sich verändert, das war klar. Federhexe hatte – wie er gehört hatte – die volle Wucht von Mayens Missfallen zu spüren bekommen. Es schien, als hätte Uruth ihren Zorn über die Segnung der Nerek zwar ruhig und knapp, aber mit deutlichen Worten mitgeteilt. Anschließend hatte Mayen sich mit einer Gerte auf dem Rücken ihrer Sklavin abreagiert.
    Wenn es um den Umgang mit Sklaven ging, war so etwas wie Gerechtigkeit natürlich nicht von Bedeutung.
    Er schaute zu, wie sie ins Zentrum des freigeräumten Bereichs schritt. Dieses Mal hockten noch mehr Sklaven in der großen Scheune als beim letzten Mal. Zweifellos waren sie von den bedeutungsschwangeren Geschichten über das letzte Werfen der Fliesen angelockt worden. Das ist fast so gut wie die Tauchtage.
    Federhexe setzte sich auf den festgestampften Fußboden, und alle anderen taten es ihr schnell nach; sie bewegten sich mit einem Eifer, den sie selbst nicht aufbringen konnte, grün und blau geprügelt, wie sie war. Udinaas sah, wie weh ihr jede Bewegung tat, und er fragte sich, inwieweit sie ihm die Schuld an ihrem Leiden gab. Mayen war keine härtere Herrin als die anderen Edur. Schläge waren glücklicherweise selten; machte sich ein Sklave eines unerhörten Verbrechens schuldig, wurde er meist mit einem raschen Tod bestraft. Wenn man einen Sklaven nicht töten wollte, was für einen Sinn hatte es dann, ihn arbeitsunfähig zu machen?
    Beim letzten Werfen war es gar nicht zum eigentlichen Zerstreuen der Fliesen gekommen. Die plötzliche Ankunft des Wyrm hatte Federhexe aus der Sphäre der manifestierten Festen gerissen. Udinaas spürte ein erstes erwartungsvolles Zittern in seiner Brust.
    Plötzlich herrschte Stille, als Federhexe die Augen schloss und den Kopf senkte; ihr blondes Haar schloss sich wie ein Vorhang vor ihrem Gesicht. Sie erschauerte, holte dann tief und zittrig Luft und blickte mit leeren Augen auf, in denen langsam das Dunkle einer sternenlosen Nacht heraufzog, wie hinter einer Schicht dünner werdenden Nebels, gefolgt von Spiralen aus leuchtendem Licht.
    Die Anfänge mit ihrer Maske aus Entsetzen schwappten über sie hinweg, verzerrten ihre Gesichtszüge zu etwas Ursprünglichem und Kaltem. Sie starrte nun, wie Udinaas wusste, in den Abgrund, schwebte in dem gewaltigen Vergessen all dessen, was zwischen den Sternen lag. Es gab noch keine Schöpfer, genausowenig wie die Welten, die sie erschaffen würden.
    Und jetzt die Angelpunkte. Feuer, Dolmen und der Abtrünnige. Der Abtrünnige, der den Festen Gestalt verleiht …
    »Geht mit mir zu den Festen.«
    Die Letherii-Sklaven stießen den lang angehaltenen Atem aus.
    »Wir stehen auf Dolmen, und alles ist, wie es sein sollte.« Doch in ihrer Stimme lag eine gewisse Anspannung. »Zu leben heißt, Krieg gegen den Abgrund zuführen. Wenn wir wachsen, sehen wir uns als Eroberer, wenn wir stillstehen, sehen wir uns als Belagerte, und wenn wir sterben, werden unsere letzten Verteidigungen angegriffen. Das sind die Wahrheiten der Feste des Tiers. Klinge und Knöchelchen, der Krieg, dem wir nicht entfliehen können. Das Alter hat dem Ältesten das Gesicht zerkratzt und die Augen ausgedrückt. Er ist narbig und von Schlachten gezeichnet. Scharteke schnattert mit bitterem Speichel und zuckt in Träumen vom Fliegen. Sehers Mund bewegt sich, doch es ist niemand da, der zuhören könnte. Schamane bejammert das Gewebe der Toten auf Feldern voller Knochen, doch er glaubt nicht, dass eines der Muster bleibt, die er aus den zerstreuten Überresten erschafft. Fährtensucher setzt seine Schritte

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