SdG 08 - Kinder des Schattens
selbstsicher und entschlossen, um darüber hinwegzutäuschen, dass er in die Irre gegangen ist.«
Sie verstummte.
Gedämpftes Gemurmel aus der Menge. Dies war eine kalte Einladung in die Festen.
Abtrünniger, schütze uns, wir stecken in Schwierigkeiten. In schrecklichen Schwierigkeiten.
Hulad zupfte ihn am Arm, deutete zum hinteren Ende der Scheune, wo Schatten lagen, trüb wie schlammiges Wasser. Dort stand eine Gestalt, den Rücken an die von Dreckspritzern übersäte, getünchte Wand gelehnt. Die Freisprecherin. Seren Pedac.
Federhexe blieb stumm, und das Unbehagen wuchs.
Udinaas rappelte sich auf und bahnte sich einen Weg durch die Menge, ohne groß auf die finsteren Blicke der Sklaven zu achten, an denen er sich vorbeischob. Er erreichte die Rückwand und ging an ihr entlang, bis er bei der Freisprecherin war.
»Was ist schief gelaufen?«, fragte sie.
»Ich weiß es nicht …«
Federhexe begann wieder zu sprechen. »Knochenstange steht nun als Thron da, den niemand besetzen soll, denn seine Form widersetzt sich jetzt der Zähmung. Die Rückenlehne des Throns ist nun gebeugt, die Rippen sind nach unten gezogen, die Schulterblätter steil und schmal. Die Armlehnen, auf denen die Arme eines Herrschers ruhen würden, sind jetzt hoch erhoben, tragen Wolfsgesichter, und in ihren Augen brennt wildes Leben.« Sie machte ein Pause. »Die Feste des Tiers hat Zwillingsherrscher gefunden.«
»Das ist unmöglich«, murmelte Seren Pedac.
»Und vor uns nun … die Feste des Azath. Ihre Steine bluten. Die Erde hebt sich und dampft. Ein lautloser, nie endender Schrei lässt die Zweige der uralten Bäume erzittern. Der Azath wird belagert.«
Stimmen erhoben sich, widersprachen. Die Sklaven bewegten sich unruhig.
»Die Feste des Eises!«, rief Federhexe, warf den Kopf in den Nacken und bleckte die Zähne.
Erneut herrschte Stille; alle Augen waren auf sie gerichtet.
»Gespaltene! Leichen liegen vor der zerstörten Schwelle. Urquall Jaghuthan taezmalas. Sie sind nicht hier, um den Schaden wieder in Ordnung zu bringen. Sie sind vergessen, und selbst das Eis kann sich an sie und ihre Bedeutung nicht mehr erinnern.«
»Was für eine Sprache war das?«, fragte Seren Pedac.
»Die Sprache der Jaghut«, erwiderte Udinaas – und klappte dann den Mund zu.
»Wer sind die Jaghut?«
Er zuckte die Schultern. »Die Schöpfer des Eises, Freisprecherin. Es ist nicht wichtig. Sie sind fort.«
Sie packte ihn am Arm und zog ihn zu sich herum. »Woher weißt du das?«
»Die Feste des Drachen«, sagte Federhexe. Ihre Haut glänzte vor Schweiß. »Eleint Tiam purake setoram n’brael buras …«
»Worte in der Drachensprache«, sagte Udinaas, der plötzlich in seinem geheimen Wissen schwelgte. »›Die Kinder der Mutter Tiam, verloren in allem, was sie aufgegeben haben.‹ Mehr oder weniger. Die Poesie geht in der Übersetzung ein wenig verloren …«
»Die Eleint werden alles auf ihrem Weg vernichten, um Rache zu üben«, sagte Federhexe mit krächzender Stimme. »Wie wir alle es in der langen Nacht erleben werden, die kommen wird. Die Königin liegt tot da und wird sich vielleicht niemals wieder erheben. Der Galan windet sich auf einem Baum und flüstert voller Wahnsinn von der Zeit seiner Befreiung. Der Lehensmann ist verloren, er zieht Ketten in einer Welt, in der zu schreiten bedeutet, fortzudauern, und wo stehen bleiben bedeutet, verschlungen zu werden. Der Ritter schreitet auf seinem eigenen verhängnisvollen Weg entlang, und er wird schon bald die Klinge mit seiner Vergeltung kreuzen. Im Tor tobt wütendes Feuer. Wyrm …«
Ihr Kopf zuckte zurück, als wäre sie von einer unsichtbaren Hand geschlagen worden; Blut spritzte aus ihrer Nase, ihrem Mund. Sie keuchte und lächelte dann ein blutiges Lächeln. »Locqui Wyrm wartet. Herrin und Schwester tanzen umeinander, jede auf ihrer Seite der Welt. Bluttrinker wartet ebenso, wartet darauf, gefunden zu werden. Pfadformer spürt Fieber in seinem tödlichen Blut und stolpert am Rande des Abgrunds entlang.
So! Die Festen … außer einer.«
»Jemand muss sie aufhalten«, zischte Seren Pedac und ließ Udinaas’ Arm los.
Jetzt war es an ihm, sie zu packen und festzuhalten. Sie starrte ihn wütend an und versuchte, sich seinem Griff zu entwinden.
Er zog sie nahe an sich heran. »Dies ist nicht Eure Welt, Freisprecherin. Niemand hat Euch eingeladen. Und jetzt bleibt hier stehen und schweigt … oder geht!«
»In der Leeren Feste …«, Federhexes Lächeln wurde breiter,
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