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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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zustimmen – schließlich sind sie in jene tödliche Flut mit hineingezerrt worden«, sagte der Hexenkönig nachdenklich.
    »Wir haben auch gehört«, fuhr Buruk fort, »dass die Schiffe in den Hafen von Träte zurückgekehrt sind. Die Laderäume, in denen sich die kostbare Fracht hätte befinden müssen, waren unerklärlicherweise leer.«
    »Leer? Wie unachtsam.«
    Buruk lehnte sich auf seinem Stuhl zurück; er schloss beide Hände um den Kelch, während er den dunklen Inhalt musterte.
    Hull Beddict ergriff plötzlich das Wort. »Hexenkönig, ich für meinen Teil verspüre keinen Unwillen angesichts der Reaktion auf jene verräterische Tat. Jene Jäger haben seit langem gültige Abmachungen verletzt und daher ihr Schicksal verdient.«
    »Wächter«, sagte Hannan Mosag, und eine neue Ernsthaftigkeit schwang in seiner Stimme mit, »ich bezweifle, dass ihre trauernden Verwandten Euch zustimmen würden. Eure Worte sind kalt. Wenn ich es recht verstehe, spielt der Begriff der Schuld bei Eurem Volk eine beherrschende Rolle. Diese unglücklichen Jäger waren wahrscheinlich Schuldner, oder nicht? Und ihre Verzweiflung wurde von Herren ausgenutzt, die ebenso herzlos waren, wie Ihr es gerade gewesen seid.« Er musterte die drei Letherii, die ihm gegenübersaßen. »Bin ich denn der einzige, dem das Kummer bereitet?«
    »Die möglichen Folgen jenes Gemetzels versprechen noch viel mehr Kummer, Majestät«, sagte Buruk der Bleiche.
    »Ist das denn unausweichlich, Kaufmann?«
    Buruk blinzelte.
    »Das ist es«, antwortete Hull Beddict und beugte sich auf seinem Stuhl vor. »Hexenkönig, gibt es irgendeinen Zweifel, wen dieser Kummer heimsuchen sollte? Ihr habt von kalten Herren gesprochen, und ja, es ist ihr Blut, das bei diesem Unternehmen hätte vergossen werden sollen. Trotzdem – sie sind nur deshalb die Herren, weil die Schuldner sie als solche akzeptieren. Es ist das Gift des Goldes als Maßstab für alles auf der Welt. Auch wenn diese Erntehelfer verzweifelt waren, Höherer, so sind sie dennoch nicht weniger schuldig. Sie spielen alle das gleiche Spiel.«
    »Hull Beddict spricht nur für sich selbst«, sagte Buruk.
    »Tun wir das nicht alle?«, fragte Hannan Mosag.
    »So wünschenswert das auch wäre, Höherer, so wäre es doch eine Lüge, das zu behaupten – zumindest was mich oder Euch angeht.«
    Der Hexenkönig schob seinen Teller beiseite und lehnte sich zurück. »Und was ist mit der Freisprecherin? Sie spricht überhaupt nicht.« Ruhige, sanfte Augen richteten sich auf sie. »Ihr habt diese Männer begleitet, Freisprecherin Seren Pedac.«
    »Das habe ich, Höherer«, erwiderte sie, »und damit ist meine Aufgabe erfüllt.«
    »Und durch Euer Schweigen versucht Ihr, Euch von allem freizusprechen, was aus diesem Treffen entstehen wird.«
    »Das ist die Rolle einer Freisprecherin, Höherer.«
    »Im Gegensatz zu der eines – sagen wir, eines Wächters.«
    Hull Beddict zuckte zusammen und sagte: »Ich bin schon lange kein Wächter mehr, Höherer.«
    »Tatsächlich? Und warum, wenn ich fragen darf, seid Ihr dann hier?«
    »Er hat sich freiwillig gemeldet«, antwortete Buruk. »Es war nicht an mir, ihn wegzuschicken.«
    »Das stimmt. So wie ich die Sache verstehe, lag diese Art von Verantwortung bei der Freisprecherin.« Hannan Mosag beobachtete sie, wartete.
    »Ich habe mich nicht genötigt gefühlt, mich Hull Beddicts Entschluss, uns zu begleiten, zu widersetzen.«
    »Ja«, erwiderte der Hexenkönig. »Ist das nicht eigenartig?«
    Schweiß prickelte unter ihren feuchten Kleidern. »Erlaubt mir, mich zu verbessern, Höherer. Ich habe nicht geglaubt, dass ich Hull Beddict hätte erfolgreich abweisen können, und mich daher entschlossen, die Illusion meiner Autorität aufrechtzuerhalten.«
    Hannan Mosags plötzliches Lächeln war durch und durch entwaffnend. »Eine ehrliche Antwort. Gut gemacht, Freisprecherin. Ihr könnt jetzt gehen.«
    Sie stand zittrig auf und verbeugte sich. »Es war mir ein Vergnügen, Euch zu treffen, Hexenkönig.«
    »Das Gefühl beruht auf Gegenseitigkeit, Freisprecherin. Wir werden später noch miteinander sprechen, Ihr und ich.«
    »Ich bin jederzeit bereit, Höherer.«
    Ohne ihren Kameraden in die Augen zu blicken, trat Seren um den Stuhl herum und strebte dem Ausgang zu.
    Der Hexenkönig hatte ihr die Bürde verwehrt, Zeugin all dessen zu werden, was sich in dieser Nacht noch zwischen ihm, Hull und Buruk ereignen würde. Auf einer persönlichen Ebene schmerzte es, doch sie wusste, dass es sehr

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