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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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vorübergehend blind, da Rhulad Sengar nach dem Schwert griff.
    War das etwa die Barmherzigkeit eines Gottes? Er war nicht überzeugt davon.
     
    In vier Tagen würde die Delegation der Letherii eintreffen. Zwei Nächte waren vergangen, seit der Hexenkönig Seren, Hull und Buruk den Bleichen zu sich an seine Festtafel geladen hatte. Buruk war gehobener Stimmung, eine Entwicklung, die Seren Pedac nicht überrascht hatte. Kaufleute, deren Interessen sich auf Weisheit gründeten, bevorzugten langfristige Geschäfte, statt auf spekulative Unternehmungen zu setzen. Natürlich gab es auch Aasgeier unter den Händlern, die nach Streit hungerten und häufig von solcher Zwietracht profitierten, doch Buruk der Bleiche gehörte nicht dazu.
    Im Gegensatz zu den Wünschen derjenigen zu Hause in Letheras, die Buruk zwangsverpflichtet hatten, wollte der Händler keinen Krieg. Und so hatte sich nach Hannan Mosags Mitteilung, dass die Edur Frieden wollten, der Aufruhr in Buruks Seele gelegt. Die Sache lag jetzt nicht mehr in seinen Händen.
    Wenn der Hexenkönig Frieden wollte, stand ihm ein harter Kampf bevor. Doch Seren Pedacs Vertrauen in Hannan Mosag war gewachsen. Der Anführer der Edur verfügte über Schlauheit und Flexibilität. Bei den Verhandlungen würde es keine Machenschaften geben und kein Verrat würde in das Gewebe großzügiger Versprechen geflochten werden.
    Eine Last war von ihren Schultern genommen worden, und das Einzige, was ihre Erleichterung trübte, war der Gedanke an Hull Beddict. Ihm war klar geworden, dass seinen Wünschen nicht entsprochen werden würde. Zumindest nicht von Hannan Mosag. Wenn Hull also tatsächlich seinen Krieg haben wollte, würde er notwendigerweise von den Letherii ausgehen müssen. Und daher würde er – wenn er diesem Pfad folgen wollte – seine Loyalität nach außen hin ändern müssen. Er würde nicht mehr auf der Seite der Tiste Edur stehen, sondern sich zumindest mit einem Teil der Letherii-Delegation zusammenschließen müssen – einer Gruppe, die durch Verrat und unverminderte Gier geprägt wurde.
    Hull hatte das Dorf verlassen und war jetzt irgendwo draußen im Wald. Sie wusste, dass er rechtzeitig zum Beginn der Verhandlungen zurückkehren würde, aber vermutlich nicht vorher. Sie beneidete ihn nicht um den Zwiespalt, in dem er steckte.
    Mit erneuerter Tatkraft entschloss sich Buruk der Bleiche, sich um den Verkauf seiner Waren zu kümmern, und um das zu tun, musste er eine Freisprecherin bei sich haben. Drei Nerek folgten ihnen, als sie zu den Schmieden gingen; jeder der drei trug einen Eisenbarren.
    Seit dem Festmahl im Langhaus des Hexenkönigs hatte es unablässig geregnet. Überall auf den gepflasterten Straßen flossen kleine Rinnsale und größere Ströme. Im Umkreis der Schmieden hingen beißende Wolken tief über dem Dorf und überzogen die aus Holz und Stein bestehenden Wände mit öligem Ruß. In schwere Regenumhänge gehüllte Sklaven waren überall in den engen Durchgängen zwischen den Mauern der Innenhöfe unterwegs.
    Seren führte Buruk und seine Diener zu einem flachen, steinernen Gebäude mit hohen, an Schlitze erinnernden Fenstern; der Eingang befand sich drei Stufen über dem Boden und wurde von Schwarzholzsäulen flankiert, die so bearbeitet waren, dass sie wie gehämmerte, mit Nieten und Dellen übersäte Bronze aussahen. Die Tür bestand aus Schwarzholz mit Einlegearbeiten aus Silber und schwarzem Eisen in Form einer archaischen, stilisierten Schrift, von der Seren vermutete, dass sie auch schattengewirkte Bannzauber enthielt.
    Sie wandte sich an Buruk. »Ich muss zunächst allein eintreten, um mit den …«
    Die Tür wurde so heftig aufgerissen, dass sie einen Schreck bekam; drei Edur eilten heraus und schoben sich an ihr vorbei. Sie starrte ihnen hinterher, verwundert über ihre angespannten Mienen. Furcht flatterte wie ein Schmetterling in ihrem Bauch. »Schickt die Nerek wieder zurück«, sagte sie zu Buruk. »Da ist etwas geschehen.«
    Der Händler widersprach ihr nicht. Er winkte, und die drei Nerek eilten davon.
    Statt das Gildenhaus zu betreten, begaben sich Seren und Buruk zur Hauptstraße, wobei sie immer mehr Edur sahen, die aus Gebäuden und Seitensträßchen auftauchten und sich entlang des Zugangs zum Viertel der Adligen aufstellten. Niemand sprach.
    »Was geht hier vor, Freisprecherin?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das hier ist ein guter Platz.« Sie hatten einen ausreichend freien Blick mindestens zweihundert Schritt die Straße

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