SdG 08 - Kinder des Schattens
schweißnassen Handflächen. Sie begegneten unterwegs niemandem und waren ein bisschen außer Atem, als sie oben ankamen – natürlich nur, weil die Treppe so steil war, sagte sich Tehol, als er vor der Tür kurz stehen blieb und sich die Hände an seiner nassen Hose abwischte.
Bagg war an seiner Seite, und keuchte mit gesenktem Kopf: »Hol mich der Abtrünnige, womit haben sie das Holz eingerieben?«
»Ich habe keine Ahnung«, gab Tehol zu, »aber ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten.«
»Vielleicht sollten wir uns einen Augenblick ausruhen«, schlug Bagg vor und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht.
»Das ist eine gute Idee. Lass uns das tun.«
Wenig später richtete Tehol sich ächzend wieder auf und nickte Bagg zu. Dessen Antwort bestand in einer Grimasse. Tehol hob eine Hand und klopfte an die schwere Holztür.
»Herein«, erklang es gedämpft.
Tehol öffnete die Tür und trat in den Raum. Hinter ihm zischte Bagg: »Hol mich der Abtrünnige, seht Euch nur all diese Brüste an!«
Die Täfelung an Wänden und Decke nahm das Motiv auf, das auf dem hölzernen Geländer draußen begonnen hatte, ein zügelloses Wuchern, ein Exzess von Brüsten. Sogar der Fußboden unter den dicken Teppichen war uneben.
»Eine einzigartige Besessenheit …«, begann Tehol und wurde unterbochen.
»Oh«, erklang eine Stimme aus dem breiten Bett vor ihnen, »Ihr seid es.«
Tehol räusperte sich. »Shurq Elalle.«
»Wenn Ihr gekommen seid, um meine Dienste in Anspruch zu nehmen«, sagte sie, »dann erleichtert es Euch vielleicht zu hören, dass die große Axt des Scharfrichters ein jämmerlicher Ersatz war.«
»Es regnet, und er ist nass geworden«, sagte Bagg.
Tehol warf ihm über die Schulter einen Blick zu. »Und was hat das für eine Bedeutung?«
»Keine Ahnung, aber ich dachte, Ihr wüsstet es.«
»Ich werde hier nicht weggehen«, sagte Shurq Elalle. »Falls Ihr deswegen gekommen seid.«
»Ihr müsst aber«, entgegnete Tehol. »Die Matrone besteht darauf.«
Sie setzte sich in ihrem Bett etwas aufrechter hin. »Es sind die verdammten Kühe da unten, stimmt’s? Ich habe ihnen alle Kunden weggenommen, und sie wollen, dass ich verschwinde!«
»Ich nehme es an.« Tehol zuckte die Schultern. »Aber das ist nicht besonders überraschend, nicht wahr? Hört zu, Shurq, wir hatten eine Abmachung, erinnert Ihr Euch?«
Ihr Gesicht verdüsterte sich. »Dann soll ich mich also ehrenhaft verhalten? In Ordnung, aber ich habe ein Problem hinsichtlich gewisser Gelüste …«
»Ich wünschte, ich könnte Euch helfen.«
Sie zog die Augenbrauen hoch.
»Oh, ich meinte – ich meine –, ach, ich habe keine Ahnung, was ich meine.« Er verstummte einen Augenblick, dann hellte sich sein Gesicht auf. »Aber ich werde Euch Ublala vorstellen, einen unglücklichen Leibwächter, der sich nach einer gewissen … Bindung sehnt.«
Sie zog die Augenbrauen noch ein wenig mehr hoch.
»Nun, warum nicht? Ihr müsst ihm ja nicht erzählen, dass Ihr tot seid! Er wird es niemals merken, da bin ich mir sicher! Und was Eure Gelüste angeht – ich glaube nicht, dass das in diesem Fall ein Problem darstellen wird. Zwar gibt es da drei Frauen, die ziemlich aufgebracht sein werden, aber darum werde ich mich kümmern. Seht Ihr, das ist eine hervorragende Lösung, Shurq.«
»Ich könnte mir vorstellen, einen Versuch zu wagen, aber ich verspreche Euch nichts. Und jetzt geht bitte vor die Tür, damit ich mich anziehen kann.«
Tehol und Bagg wechselten einen Blick und kamen dann ihrer Aufforderung nach, indem sie sanft die Tür hinter sich zuzogen.
Bagg betrachtete seinen Herrn nachdenklich. »Ich bin überaus beeindruckt«, sagte er nach einem kurzen Augenblick. »Ich dachte wirklich, dies wäre eine Situation, für die es keine Lösung gibt. Herr, meine Bewunderung für Euch wächst wie ein …«
»Hör auf, das Geländer anzustarren, Bagg.«
»Oh, äh, ja. Ihr habt Recht.«
Matrone Delisp wartete am Fußende der Treppe auf sie. Als sie Shurq Elalle sah, die einen Schritt hinter Bagg ging, verzog sich ihr Gesicht voller Abscheu. »Der Abtrünnige segne Euch, Tehol Beddict. Ihr habt etwas gut bei mir.«
Tehol seufzte. »Ich hatte vorhin schon das Gefühl, Ihr hättet mir meine Geschichte nicht ganz geglaubt.«
»Es war die wollene Hose«, erwiderte sie. »Ich habe gehört, dass buchstäblich jeder sie sich inzwischen machen lässt.«
Tehol warf Bagg einen finsteren Blick zu, doch der Diener zog nur die Brauen hoch. »Nicht bei mir,
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