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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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wieder davonmachen?«
    Bagg zuckte die Schultern. »Das zu entscheiden ist an Euch, Herr.«
    »Gut.« Tehol dachte nach. »Ich würde zumindest gerne kurz mit ihr sprechen.«
    »Das ist vermutlich alles, was Ihr Euch leisten könnt.«
    »Mach dich nicht lächerlich, Bagg. Sie lässt sich nicht nach Worten bezahlen … oder doch?«
    »Sie könnte sich genauso gut fürs Ansehen bezahlen lassen, Herr. Unsere tote Diebin ist erblüht …«
    »Das hat sie nur mir zu verdanken! Wer hat für ihre Generalüberholung gesorgt? Oder für die Reparaturmaßnahmen im Trockendock, die neue Farbschicht? Wir hatten eine Abmachung …«
    »Erzählt es ihr, Herr, nicht mir. Mir ist sehr wohl bekannt, dass Ihr alles Erdenkliche tut, um Eure eigenen absonderlichen Gelüste zu befriedigen.«
    »Ich werde dich nicht einmal fragen, was du damit meinst, Bagg. Es klingt schmutzig, und mein schmutziges Ich geht nur mich etwas an.«
    »So ist es, Herr, so ist es. Wie gut, dass Ihr nicht von der nostalgischen Sorte seid.«
    Tehol starrte Bagg einen Moment lang düster an, dann wandte er seine Aufmerksamkeit erneut dem Tempel zu. Das älteste Bordell im ganzen Land. Einige sagten, es hätte schon hier gestanden, lange bevor die Stadt darum herum in die Höhe geschossen sei, und in der Tat war die Stadt gerade wegen des Bordells entstanden. Das ergab nicht allzu viel Sinn, doch das war bei vielen Dingen so, wenn es um die Liebe und ihre vielen trügerischen, aber verführerischen Schattierungen ging. Er legte den Kopf in den Nacken, um die Wasserspeier zu mustern, wobei ihm der verkohlte Schilfhut herunterrutschte und mit einem Platschen auf den Pflastersteinen landete. »Nun, damit ist der Fall erledigt. Entweder ich bleibe hier stehen und meine Haare werden nass oder ich gehe hinein.«
    »Soweit ich es beurteilen kann, Herr, war mein Regenhut ein tragischer Fehlschlag, ganz egal, wie man es betrachtet.«
    »Deine überkritische Natur macht dich fertig, Bagg. Folge mir!«
    Mit der Entschlossenheit eines Eigentümers stieg Tehol die Stufen hinauf. Als er auf dem oberen Absatz ankam, schwang die Vordertür auf, und im Türrahmen erschien ein großer Mann mit Kapuze und Wappenrock, der eine gewaltige doppelklingige Axt in den behandschuhten Fäusten hielt.
    Tehol blieb entsetzt stehen; Bagg, der noch eine Stufe weiter unten war, stolperte von hinten gegen ihn.
    »Entschuldigt«, brachte Tehol heraus, während er zur Seite trat und Bagg dabei mitzog. »Seid Ihr auf dem Weg zu einer Enthauptung?« Er winkte den Mann vorbei.
    Im Schatten der Kapuze glitzerten kleine Augen. »Ich danke Euch, mein Herr«, sagte der Mann mit krächzender Stimme. »Ihr seid höchst liebenswürdig.« Er trat auf den Treppenabsatz hinaus und blieb dann stehen. »Es regnet.«
    »Aber es hört jeden Moment auf, jede Wette. Könnt Ihr den blauen Himmel da drüben sehen?«
    Der Riese mit der Axt schaute Tehol an. »Falls Euch irgendjemand fragt, mein Herr, so habt Ihr mich hier nie gesehen.«
    »Ihr habt mein Wort.«
    »Ihr seid zu gütig.« Er wandte sich wieder der Straße zu und stieg dann vorsichtig die Stufen hinunter.
    »Uuh«, sagte er, als er auf die Straße trat, »es ist nass! Uuh!«
    Tehol und Bagg schauten ihm hinterher, wie er vornübergebeugt im Zickzack davonhastete, um den tieferen Pfützen auszuweichen.
    Bagg seufzte. »Ich muss zugeben, dass sein plötzliches Auftauchen mich bis ins Mark erschreckt hat.«
    Tehol musterte seinen Diener. »Tatsächlich? Armer Bagg, du musst unbedingt etwas für deine Nerven tun. Und jetzt komm. Du hast nichts zu befürchten, solange du bei mir bist.«
    Sie betraten den Tempel.
    Und Tehol blieb erneut stehen, so plötzlich wie beim ersten Mal, als eine Messerspitze knapp unter seinem rechten Auge seine Wange berührte. Hektisch blinzelte er. Bagg schaffte es, ebenfalls rechtzeitig stehen zu bleiben und nicht in seinen Herrn zu rennen. Tehol war ihm dafür so dankbar, dass ihm die Knie weich wurden.
    Dicht an seinem Ohr murmelte eine süße weibliche Stimme: »Ihr seid nicht verkleidet, mein Herr. Und das bedeutet – nun, wir wissen beide, was das bedeutet, oder?«
    »Ich bin wegen meiner Tochter gekommen …«
    »Also das ist wirklich in höchstem Maße geschmacklos. Solche verdrehten, krankhaften Begierden können wir hier überhaupt nicht leiden …«
    »Ich habt mich falsch verstanden – verständlicherweise, natürlich, wollte ich sagen. Ich meinte, ich bin gekommen, um sie zurückzuholen, ehe es zu spät ist.«
    »Wie

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