SdG 08 - Kinder des Schattens
männlicher Errungenschaften, mein Freund – warte! Hast du gesagt, es sei ein Problem, das ich nicht habe? Wie hast du das gemeint?«
Ublala blinzelte. »Was? Äh, seid Ihr auch auf diesem Gipfel oder wie immer Ihr es genannt habt – seid Ihr da auch?«
Bagg prustete. »Da ist er schon seit Wochen nicht mehr gewesen.«
»Nun, das reicht!« Tehol stürmte zum Herd und holte heraus, was noch von dem geflochtenen Schilf übrig war. Er trat die Flammen aus, hob dann das angesengte Ding auf und setzte es sich auf den Kopf. »In Ordnung, Bagg, lass uns gehen und sie holen. Und was diesen hirnlosen Riesen angeht, so kann er von mir aus allein hier rumhängen und Trübsal blasen. Wie viele Beleidigungen soll ein sensibler Mann wie ich ertragen?«
Dünne Rauchfäden stiegen von dem Schilf auf Tehols Kopf auf.
»Das da oben wird gleich wieder in Flammen aufgehen, Herr.«
»Dann hat der Regen doch etwas Gutes, nicht wahr? Also los.«
Draußen in dem schmalen Durchgang strömte das Wasser knöcheltief in Richtung des verstopften Abflusses am hinteren Ende, wo sich allmählich ein kleiner See bildete. Mit Bagg einen halben Schritt vorneweg durchquerten sie platschend die wirbelnde Wasserfläche, deren Oberfläche durch die unaufhörlich niederprasselnden Regentropfen pockennarbig aussah.
»Ihr solltet Ublala gegenüber ein bisschen mitfühlender sein, Herr«, sagte Bagg über die Schulter. »Er ist ein sehr unglücklicher Mann.«
»Mitgefühl gebührt den Kleingliedrigen, Bagg. Um Ublala raufen sich drei sabbernde Frauen, hast du das vergessen?«
»Das ist ein ziemlich widerliches Bild.«
»Du bist schon zu lange zu alt, mein lieber Diener. Sabbern an sich ist nichts Widerliches.« Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: »Nun gut, vielleicht doch. Aber müssen wir eigentlich über Sex sprechen? Das Thema weckt nostalgische Gefühle in mir.«
»Das möge der Abtrünnige verhüten.«
»Also – wo ist sie?«
»In einem Bordell.«
»Oh. Nun, das ist wirklich Mitleid erregend.«
»Eher so etwas wie eine neu erworbene, rasende Sucht, Herr. Je mehr sie sie füttert, desto hungriger wird sie.«
Sie überquerten die Turol-Allee und begaben sich ins Prostituiertenviertel. Der Regen ließ nach, die letzten Ausläufer der Sturmfront glitten über ihnen am Himmel dahin. »Nun«, bemerkte Tehol mit einem kritischen Unterton, »das ist kein wünschenswerter Zustand für eine meiner am höchsten geschätzten Angestellten. Vor allem, da ihre Sucht ihren gut aussehenden, eleganten Auftraggeber nicht mit einschließt. Irgendetwas sagt mir, dass eigentlich ich hätte in der Ecke sitzen und weinen müssen, und nicht Ublala.«
»Es könnte doch einfach sein, dass Shurq Geschäft und Vergnügen nicht vermischen will.«
»Bagg, du hast mir erzählt, sie sei in einem Bordell.«
»Oh. Richtig. Tut mir Leid.«
»Jetzt fühle ich mich wirklich elend. Heute Morgen habe ich mich nicht elend gefühlt. Wenn das so weitergeht, werde ich heute Abend noch mit einem Beutel voller Münzen um den Hals im Kanal schwimmen.«
»Da sind wir.«
Sie standen vor einem schmalen, dreistöckigen Wohnhaus, das im Vergleich zu den angrenzenden Gebäuden ein bisschen zurückgesetzt stand und ein paar Jahrhunderte älter als alles andere in dieser Straße aussah. An der Vorderseite prangten zwei rechteckige Säulen aus rauchblauem Marmor, umgeben von einer mit Schnitzereien versehenen Fassade. Die als Bas-Relief gestalteten Felder wurden von ineinander verschlungenen, sich in einer Massenorgie windenden und eindeutig weiblichen Dämonen bevölkert, und auf den Säulen hockten steinerne Wasserspeier, die ihre gewaltigen Brüste einladend hochreckten.
Tehol schaute Bagg an. »Das hier ist der Tempel. Sie ist im Tempel?«
»Überrascht Euch das?«
»Ich kann es mir nicht einmal leisten, hier auch nur über die Schwelle zu treten. Selbst Königin Janall kommt nur ein paar Mal im Jahr her. Eine Jahresmitgliedschaft kostet zehntausend Stummel … habe ich gehört … gerüchteweise. Von irgendjemandem. Vor langer, langer Zeit.«
»Matrone Delisp ist offensichtlich sehr erfreut über ihre neueste Errungenschaft.«
»Darauf würde ich wetten. Also – wie holen wir Shurq Elalle da raus, vor allem, da sie ganz offensichtlich ist, wo sie sein möchte, und die Matrone mindestens dreißig Schläger in ihren Diensten hat, die wahrscheinlich versuchen werden, uns aufzuhalten? Sollten wir uns einfach darein fügen, dass die Sache verloren ist, und uns
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