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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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spürte, wie sich ihre Hand um die seine schloss – plötzlich war er wieder heil – und ihre Wärme strömte durch ihn hindurch.
     
    Jetzt konnte er sein Herz hören, das als Reaktion auf die Berührung laut klopfte. Und dann noch ein anderes Herz, weiter entfernt, doch es kam schnell näher, und es schlug im richtigen Takt. Aber es war nicht ihr Herz, und in Udinaas breitete sich Entsetzen aus.
    Seine Mutter trat zurück, und langsam glättete sich ihre gerunzelte Stirn wieder. »Sie kommen«, sagte sie.
    Trull starrte auf die beiden Sklaven hinunter. Udinaas aus seinem eigenen Haushalt. Und die andere, eine von Mayens Dienerinnen, die wegen ihrer prophetischen Kräfte Federhexe genannt wurde. Die Löcher in ihren Hemden waren noch immer mit Blutflecken besudelt, doch die Wunden selbst hatten sich geschlossen. Eine andere Art von Blut war auf Udinaas’ Brust gespritzt – goldenes Blut, das noch feucht schimmerte.
    »Ich sollte das Werfen der Fliesen für ungesetzlich erklären«, brummte Hannan Mosag. »In unserer Mitte Letherii-Zauberei zuzulassen ist gefährlich und nachlässig.«
    »Doch sie hat auch etwas Gutes, Hochkönig«, sagte Uruth. Trull konnte erkennen, dass sie noch immer beunruhigt war.
    »Und was soll das Gutes sein, Frau von Tomad?«
    »Sie wirkt wie ein Weckruf, Hochkönig, und wir täten gut daran, ihn zu beachten.«
    Hannan Mosag verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Auf dem Hemd des Mannes ist Wyrmblut. Hat er sich angesteckt?«
    »Möglicherweise«, räumte Uruth ein. »Der größte Teil von dem, was als die Seele eines Letherii gilt, bleibt meinen Künsten verborgen, Hochkönig.«
    »Eine Schwäche, die uns alle heimsucht, Uruth«, sagte der Hexenkönig. Indem er ihren wahren Namen benutzte, erwies er ihr eine große Ehre. »Der hier muss die ganze Zeit unter Beobachtung bleiben«, fuhr er, den Blick auf Udinaas gerichtet, fort. »Wenn Wyrmblut in ihm ist, wird es schließlich sichtbar werden. Wem gehört er?«
    Tomad Sengar räusperte sich. »Er gehört mir, Hexenkönig.«
    Hannan Mosag runzelte die Stirn, und Trull wusste, dass er an seinen Traum dachte – und an seine Entscheidung, die Familie Sengar in seine Geschichte zu weben. Es gab nicht viele Zufälle auf der Welt. Als er wieder sprach, klang die Stimme des Hexenkönigs härter. »Diese Federhexe, sie gehört Mayen, nicht wahr? Sag mir, Uruth, hast du ihre Macht spüren können, als du sie geheilt hast?«
    Trulls Mutter schüttelte den Kopf. »Sie ist nicht besonders beeindruckend. Es sei denn …«
    »Es sei denn was?«
    Uruth zuckte die Schultern. »Es sei denn, sie hat sie trotz ihrer Wunden gut verborgen. Wenn das der Fall ist, übertrifft ihre Macht die meine.«
    Unmöglich. Sie ist eine Letherii. Eine Sklavin und noch immer eine Jungfrau.
    Hannan Mosags Grunzen deutete an, dass er ähnliche Gedanken hegte. »Sie wurde von einem Wyrm angegriffen, einer Kreatur, die zu beherrschen ihre Fähigkeiten ganz eindeutig bei weitem übersteigt. Nein, das Kind stolpert. Schlecht unterrichtet, ohne eine Ahnung von der Größe all dessen zu haben, womit sie spielt. Seht, erst jetzt erlangt sie das Bewusstsein zurück.«
    Federhexes Augen öffneten sich flatternd; ihr Blick war verständnislos, wurde aber schnell von kreatürlichem Entsetzen abgelöst.
    Hannan Mosag seufzte. »Sie wird einige Zeit lang nicht von Nutzen für uns sein. Überlasst sie der Obhut von Uruth und den anderen Frauen.« Er blickte Tomad Sengar an. »Wenn Binadas zurückkommt …«
    Tomad nickte.
    Trull warf Forcht einen Blick zu. Hinter ihm knieten die Sklaven, die dem Werfen der Fliesen beigewohnt hatten, die Köpfe gegen den Boden gepresst und vollkommen reglos, wie sie es seit Uruths Ankunft gewesen waren. Es schien, als wären Forchts harte Augen auf etwas gerichtet, das sonst niemand sehen konnte.
    Wenn Binadas zurückkommt … werden Tomads Söhne aufbrechen. In die eisige Einöde.
    Ein schwaches Stöhnen von Udinaas.
    Der Hexenkönig achtete nicht darauf, als er die Scheune verließ, flankiert von seinen K’risnan, während sein Schattenwächter einen Schritt hinter ihm dahinglitt. An der Schwelle machte das monströse Gespenst aus eigenem Antrieb Halt, um einen einzigen Blick zurückzuwerfen – auch wenn es unmöglich zu sagen war, wem der Blick aus den formlosen Augen galt.
    Udinaas stöhnte ein zweites Mal auf, und Trull sah, dass die Arme und Beine des Sklaven zitterten.
    Das Gespenst auf der Schwelle war verschwunden.

Kapitel Zwei
     
    Gebieterin

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