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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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dieser Fußspuren,
    Geliebte des Kielwassers, wo er gerade
    vorbeigezogen ist,
    denn der Pfad, den er beschreitet
    ist zwischen uns allen.
     
    Der süße Geschmack des Verlusts
    nährt jeden Gebirgsbach,
    Schmelzwasser, das warm wie Blut
    und unsere Träume ausdünnend
    hinab zu den Meeren fließt.
     
    Denn dort, wo er sie hinführt,
    gibt es keine Knochen mehr,
    und der Pfad, den er entlangschreitet,
    ist Fleisch ohne Leben
    und das Meer erinnert sich an nichts.
     
    Die Ballade von den Alten Festen
    Fisher kel Tath
     
    E
    in Blick zurück. Weit unten im Westen glitzerte der innerste Teil der Fingerfoerde im nebligen Dunst, jener durch und durch blassen Reflexion des Himmels, die das schwarze, unergründliche Wasser tarnte. Abgesehen von dem steinigen Pfad unmittelbar hinter Seren Pedac ragten auf allen anderen Seiten ringsum zerklüftete Berge in den Himmel, deren schneebedeckte Gipfel von einer Sonne vergoldet wurden, die sie von ihrem Standpunkt am südlichen Ende des Sattelpasses aus nicht sehen konnte.
    Der Wind, der an ihr vorbeifauchte, stank nach Eis, wie der nach kaltem Verfall riechende, verweilende Atem des Winters. Sie zog ihre Felle enger um sich und drehte sich um, versuchte abzuschätzen, wie der Tross auf dem Pfad unter ihr vorankam.
    Drei mit kräftigen Rädern versehene Wagen, die schwankten und knirschten. Gruppen von Nerek mit nackten Oberkörpern liefen um jeden Wagen herum; die vorne mühten sich an Seilen ab, während die am hinteren Ende die Haltekeile vorwärts schoben, um das unhandliche Gefährt am Zurückrollen zu hindern.
    In den Wagen befanden sich neben anderen Handelsgütern auch neunzig Barren Eisen, dreißig in jedem Wagen. Dabei handelte es sich natürlich nicht um den berühmten Letheriistahl, der jenseits der Grenzen nicht verkauft werden durfte, sondern um welchen vom nächstniedrigeren Qualitätsgrad, mit Kohlenstoff gehärtet und praktisch frei von Unreinheiten. Jeder Barren war so lang wie Serens Arm und doppelt so dick.
    Die Luft war bitterkalt und dünn. Dennoch arbeiteten die Nerek halb nackt; Schweiß dampfte auf ihrer glatten Haut. Wenn ein Haltekeil versagte, würde der nächststehende Stammeskrieger sich selbst vor das Rad werfen.
    Und dafür zahlte ihnen Buruk der Bleiche zwei Stummel am Tag.
    Seren Pedac war Buruks Freisprecherin, gewährte ihm Zutritt zu den Landen der Edur; sie war eine von sieben, die bei den letzten Verhandlungen als solche gebilligt worden waren. Kein Händler durfte das Territorium der Edur betreten, wenn er nicht von einem Freisprecher oder einer Freisprecherin geführt wurde. Die Gebote für Seren Pedac und die sechs anderen waren hoch gewesen. Buruk hatte für Seren am höchsten geboten, und jetzt gehörte sie ihm. Oder besser, ihm gehörten ihre Dienste als Führerin und Spurenleserin – ein Unterschied, dessen er sich immer weniger bewusst zu sein schien.
    Doch dies war das sechste Jahr des Kontrakts. Es blieben nur noch vier.
    Vielleicht.
    Sie drehte sich erneut um und musterte den vor ihnen liegenden, immer noch ansteigenden Pass. Sie waren keine hundert Höhenschritt mehr von der Baumgrenze entfernt. Kniehohe, jahrhundertealte Zwergeichen und Fichten säumten den unebenen Pfad. Moose und Flechte bedeckten die gewaltigen Felsbrocken, die in lang vergangenen Zeitaltern von Flüssen aus Eis heruntergerissen worden waren. Noch immer hielten sich verharschte Schneeflächen an schattigen Stellen. Hier bewegte der Wind nichts – weder die drahtigen Fichten noch die knorrigen, kahlen Zweige der Eichen. Angesichts solch unbeweglicher Unerschütterlichkeit konnte er nur heulen.
    Der erste Wagen ratterte hinter ihr auf ebenes Gelände; die Nerek stießen laute Rufe aus, während sie ihn schnell vorwärts und an ihr vorbeirollten und schließlich abstellten. Dann eilten die Stammesangehörigen zurück, um ihren Kameraden zu helfen, die sich noch immer auf der Steigung befanden.
    Eine Tür quietschte, und Buruk der Bleiche kletterte aus dem ersten Wagen. Er stellte sich breitbeinig hin, als müsse er sich erst wieder daran erinnern, wie es war, das Gleichgewicht zu halten; zusammenzuckend wandte er sich von dem eisigen Wind ab, griff nach seiner pelzgesäumten Kapuze und schlug sie hoch, während er Seren Pedac einen Blick zuwarf.
    »Ich werde mir diesen Anblick in die Knochen meines Schädels meißeln, gepriesene Freisprecherin! Wo natürlich schon ein ganzer Haufen anderer Bilder ist. Der dunkelbraune Pelzumhang, die erhabene, urzeitliche

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