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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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schüttelte den Kopf. »Nein, das habt Ihr nicht. Wie ich schon gesagt habe, wir wissen Bescheid. Und wenn wir reden …«
    »Ihr sagt andauernd, dass Ihr irgendetwas wisst«, sagte Tehol schulterzuckend.
    »Wie Ihr gesagt habt, kommen wir von den Inseln«, erwiderte sie lächelnd.
    »Aber doch nicht von den Inseln.«
    »Natürlich nicht – wer würde da schon hingehen? Und darauf habt Ihr gebaut.«
    Tehol stand auf. »Es heißt, fünf Flügel bringen einem einen Kriecher. In Ordnung, Ihr habt ein Gebäude gekauft.«
    »Ihr werdet es tun«, beharrte Shand. »Denn wenn es herauskommt, wird Hull Euch umbringen.«
    »Hull?« Endlich konnte Tehol lächeln. »Mein Bruder hat keine Ahnung davon.«
    Und dann kostete er das Vergnügen aus zu sehen, dass er die drei Frauen aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. So, nun merkt ihr auch mal, wie sich so was anfühlt.
     
    »Hull könnte sich als Problem erweisen.«
    Brys Beddict war nicht in der Lage, den Mann, der vor ihm stand, lange anzusehen. Die sanften kleinen Augen, die zwischen Falten von rosafarbenem Fleisch hervorspähten, schienen in gewisser Weise nicht ganz menschlich zu sein, denn sie waren so reglos, dass der Finadd der Königlichen Garde das Gefühl hatte, in die Augen einer Schlange zu blicken. Eine Kobra, mitten auf der Flussstraße zusammengerollt, ein paar Tage vor Anbruch der Regenzeit. Sie ist vom Fluss raufgekommen, dreimal so lang wie ein Mann groß ist, und ihr Kopf ruht auf den armdicken Windungen ihres Körpers. Möge das dahinstapfende Vieh sich vorsehen, das die Karren die Straße entlangzieht. Möge der Viehtreiber sich vorsehen, der so dumm ist, sich ihr zu nähern.
    »Finadd?«
    Brys zwang sich dazu, den großen Mann wieder anzusehen. »Erster Eunuch, ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Ich habe meinen Bruder seit Jahren weder gesehen noch mit ihm gesprochen. Und ich werde auch die Delegation nicht begleiten.«
    Der Erste Eunuch Nifadas drehte sich um und schritt geräuschlos zu dem hochlehnigen hölzernen Stuhl hinter dem wuchtigen Schreibtisch, der sein Arbeitszimmer beherrschte. Er setzte sich in einer langsamen, gleichmäßigen Bewegung. »Beruhigt Euch, Finadd Beddict. Ich habe großen Respekt vor Eurem Bruder Hull. Ich bewundere seine lautere Gesinnung und verstehe voll und ganz die Beweggründe für die … Entscheidung, die er in der Vergangenheit getroffen hat.«
    »Vergebt mir, aber dann seid Ihr schon sehr viel weiter als ich, Erster Eunuch. Ich verstehe meinen Bruder – meine Brüder – ganz und gar nicht. Das ist leider schon immer so gewesen.«
    Nifadas blinzelte schläfrig, dann nickte er. »Familien sind seltsame Gebilde, nicht wahr? Was meine eigenen Erfahrungen betrifft, so bleiben mir natürlich viele der mit diesem Thema verbundenen Feinheiten verschlossen. Doch mein Ausgeschlossensein – wenn man es denn so nennen will – hat mir in der Vergangenheit einen gewissermaßen objektiven Standpunkt erlaubt, von dem aus ich häufig die Mechanismen solch bedeutungsschwangerer Beziehungen klarsichtig beobachten konnte.« Er schaute auf und fixierte Brys erneut mit seinem Blick. »Gestattet Ihr mir eine Bemerkung … oder vielleicht auch zwei?«
    »Ich bitte um Vergebung, Erster Eunuch …«
    Nifadas wedelte mit einer plumpen Hand und brachte ihn so zum Schweigen. »Das ist nicht nötig. Ich war anmaßend. Und ich habe mich auch nicht erklärt. Wie Ihr wisst, sind die Vorbereitungen bereits weit fortgeschritten. Das Große Treffen rückt bedrohlich näher. Man hat mich informiert, dass Hull Beddict sich auf dem Weg in die Lande der Hiroth Buruk dem Bleichen und Seren Pedac angeschlossen hat. Weiterhin nehme ich als sicher an, dass Buruk einen Haufen Anweisungen mit sich herumträgt – wobei keine einzige davon von mir stammt, wie ich hinzufügen möchte. Mit anderen Worten, es ist wahrscheinlich, dass besagte Anweisungen die Interessen des Königs nicht nur nicht widerspiegeln, sondern sogar im Widerspruch zu den Wünschen unserer Majestät stehen.« Er blinzelte erneut, langsam und gemessen. »Das ist zugegebenermaßen bedenklich. Und auch unwillkommen. Meine Befürchtung sieht folgendermaßen aus: Hull könnte … die Sachlage … missverstehen …«
    »Indem er annimmt, dass Buruk im Namen von König Diskanar handelt, meint Ihr.«
    »Ganz genau.«
    »Und dann würde er versuchen, den Absichten des Kaufmanns entgegenzuwirken.«
    Nifadas gab einen zustimmenden Seufzer von sich.
    »Was für sich betrachtet nicht

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