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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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grunzte. »Es ist Wochen her, seit Ihr das letzte Mal runtergekommen seid. Gibt’s ’nen besonderen Grund?«
    »Ich bin mit drei Frauen verabredet.«
    »Braucht Ihr meinen Knüppel?«
    Tehol musterte die mitgenommene Waffe. »Ich möchte dich nicht deiner Verteidigungsmittel berauben.«
    »Mein Gesicht verjagt sie. Nur die Nerek da drüben nicht. Die sind an mir vorbeigekommen.«
    »Haben sie dir Ärger gemacht?«
    »Nein. Tatsächlich gibt’s hier seither viel weniger Ratten. Aber Ihr kennt ja Biri.«
    »Besser als er sich selbst kennt. Erinnere ihn daran, Chalas, wenn er vorhat, ihnen Ärger zu machen.«
    »Das tue ich.«
    Tehol ging weiter, schlängelte sich durch die brodelnde Menge auf dem Platz. Der Untere Markt wucherte von drei Seiten auf ihn hinaus; Tehol hatte noch nie eine armseligere Ansammlung von nutzlosen, zum Verkauf stehenden Gegenständen gesehen. Und die Menschen kauften wie verrückt, einen lieben langen Tag nach dem anderen. Unsere Zivilisation gedeiht auf Dummheit. Und es brauchte nur einen Splitter Klugheit, diese blödsinnige Ader anzuzapfen und ordentlich von den Reichtümern zu trinken. Tröstlich, wenn auch ein wenig bedrückend. Wie die meisten grausamen Wahrheiten.
    Er erreichte die andere Seite, betrat die Rotgasse. Dreißig Schritt weiter und er stand vor dem bogenförmigen Eingang zu Huldos Taverne. Den schattigen Gehweg hinunter und zurück in den sonnenbeschienenen Hof. Ein halbes Dutzend Tische, alle besetzt. Erholung für die glückseligen Unwissenden oder jene, die nicht genug Geld hatten, um die Gruben in Huldos innerem Heiligtum auszuprobieren, wo Tag und Nacht verschiedene schmutzige Aktivitäten stattfanden, wobei besagte Aktivitäten gelegentlich einer künstlerischen Darstellung des Absurden nahe kamen. Ein weiteres Beispiel, überlegte Tehol, für was Menschen bezahlten, wenn sie die Gelegenheit dazu bekamen.
    Die drei Frauen am Tisch in der hinteren Ecke fielen nicht nur durch ihre offensichtliche Einzigartigkeit auf – sie waren die einzigen anwesenden Frauen – sondern durch einen ganzen Haufen feinsinnigerer Unterschiede. Hübsch ist … genau das richtige Wort. Wenn sie Schwestern waren, dann nur ihrer Gesinnung nach und weil alle drei anscheinend eine Vorliebe für eine bestimmte Art martialischen Auftretens hatten, was sich angesichts ihrer Muskeln und des Bündels aus Rüstungen und zugedeckten Waffen, das neben dem Tisch aufgeschichtet war, unschwer erkennen ließ.
    Die auf der linken Seite war rothaarig, ihre feurigen, sonnengebleichten Locken fielen in widerspenstigen Wellen auf ihre breiten Schultern. Sie trank aus einer Flasche mit Tonmantel und verschmähte den mitgebrachten Becher – vielleicht wusste sie aber auch nur nicht, wozu er diente. Ihr Gesicht war das einer Heldenstatue, die eine Kolonnade hätte säumen können, streng und glatt und vollkommen, ihre blauen Augen hatten den starren Blick und die heitere Gleichgültigkeit aller solcher Statuen. Neben ihr stützte sich eine Frau mit beiden Unterarmen auf die kleine Tischplatte, in deren Adern angesichts ihrer honigfarbenen Haut und ihrer leicht schräg stehenden schwarzen Augen ein bisschen Faraed-Blut kreisen musste. Ihre Haare waren entweder dunkelbraun oder schwarz und straff zurückgebunden, so dass ihr herzförmiges Gesicht gut zu erkennen war. Die dritte Frau saß zurückgelehnt auf ihrem Stuhl, das linke Bein leicht nach außen gestellt, während das rechte unaufhörlich auf und ab wippte – schöne Beine, bemerkte Tehol, in enges, fast weiß gegerbtes Rohleder gekleidet. Ihr Kopf war geschoren, die blasse Haut glänzte. Weit auseinander stehende, hellgraue Augen musterten träge die anderen Gäste, und schließlich blieb ihr Blick an Tehol hängen, der auf der Schwelle zum Hof stand.
    Er lächelte.
    Sie grinste spöttisch.
    Urul, Huldos Oberster Servierer, löste sich aus einem nahe gelegenen Schatten und winkte Tehol heran.
    Er trat so nah zu ihm wie möglich. »Du siehst … gut aus, Urul. Ist Huldo da?«
    Uruls Unlust, ein Bad zu nehmen, war legendär. Die Gäste gaben ihre Bestellungen so knapp wie möglich auf und riefen Urul nur selten zu sich, um sich Wein nachschenken zu lassen, ehe das Mahl vorbei war. Er stand jetzt vor Tehol, seine Stirne glänzte vor öligem Schweiß, während er an der weißen Schärpe um seinen Bauch herumfingerte. »Huldo? Nein, der Abtrünnige sei gepriesen. Er ist unten auf dem Tiefen Weg, beim Tauchfest. Tehol, diese Frauen da – sie sind schon den

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