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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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auflöste. Sah, wie die Säulen hindurchrauschten, die Magie der Letherii beiseite wischten.
    Eine traf das Zentrum des Kaufmanns-Bataillons; der dunkle Staub blähte sich zu den Seiten hin auf und rollte den Hügel hinauf.
    Einen Moment lang konnte sie nichts erkennen, dann begann die Säule, sich neu zu formieren. Allerdings nicht in derselben Form wie zuvor. Jetzt war es nicht Staub, der sich in Spiralen himmelwärts wand, jetzt waren es lebende Soldaten.
    Deren Fleisch sich, noch während sie hinschaute, schwarz verfärbte, als würde es verfaulen.
    Sie schrien, als sie emporgerissen wurden, schrien, als ihr Fleisch sich schälte. Sie schrien -
    Der Schatten über Unnutal Hebaz wurde dunkler. Sie blickte nach oben.
    Und schloss die Augen.
     
    Ein großes Bruchstück in wütender Raserei dahinwirbelnder Letherii-Zauberei prallte seitlich von einer zusammenbrechenden Säule ab, stürzte zu Boden und schnitt einen blutigen Pfad durch den Kern der Merude-Krieger, die sich tausend Schritt entfernt links von Trull befanden.
    Die Krieger starben direkt dort, wo sie standen, in einem roten Nebel.
    Das weiße Feuer, jetzt rosa gefleckt, rollte durch die Menge auf den K’risnan auf jener Seite zu. Im letzten Augenblick hob der junge Zauberer die Arme, dann verschlang ihn die magische Woge.
    Als sie schwächer wurde, schwankte und sich schließlich auflöste, war der K’risnan verschwunden, genau wie jene Edur, die zu dicht bei ihm gestanden hatten. Die Erde war geschwärzt und von Rissen durchzogen.
    Auf der anderen Seite des Todesstreifens stiegen die Säulen aus sich drehenden Körpern erneut in den Himmel. Immer höher, so dass die Masse aus wirbelndem Fleisch zu einem trüben Farbton verschwamm und schließlich weißen Knochen und poliertem Stahl Platz machte. Noch immer wuchsen die Säulen in die Höhe, verschlangen mehr und mehr Soldaten; ganze Kompanien wurden von den Verteidigungsanlagen gerissen und in den sich windenden Rachen gezogen.
    Ahlrada Ahn streckte einen Arm aus und zog Trull dicht an sich heran. »Er muss damit aufhören!«
    Trull riss sich wild los, schüttelte den Kopf. »Das ist nicht Rhulad! Das ist der Hexenkönig!« Hannan Mosag, wetteiferst du jetzt mit Rhulad um den Thron des Wahnsinns?
    Um sie herum verwandelte die Welt sich in schiere Raserei. Brodelnde kugelförmige Bruchstücke aus Letherii-Magie krachten dröhnend da und dort zu Boden, fetzten durch die Ränge der Tiste Edur und verschlangen Schattengespenster zu Hunderten. Eine Kugel landete inmitten einer Kompanie Dämonen und setzte sie alle in Brand, einschließlich des Kenryll’ah, der sie anführte.
    Eine andere raste über den Boden auf die Anhöhe zu, die sich westlich der Streitkräfte des Imperators erhob. Es gab nichts, was sich ihr hätte entgegenstellen können, als sie den Hang hinaufraste und das Lager der Frauen, Alten und Kinder traf.
    Trull machte sich stolpernd in diese Richtung auf, doch Ahlrada Ahn zerrte ihn zurück.
    Letherii-Soldaten, die jetzt nur noch aus Knochen bestanden, wirbelten über den Hügeln am Himmel herum. Das Kaufmanns-Bataillon. Die Zerrissene Brigade. Das Schlangengürtel-Bataillon. Das Königs-Bataillon. All die lebenden Soldaten. Dahin.
    Die Säulen hatten mittlerweile begonnen, sich in unterschiedliche Richtungen zu bewegen – die eine ostwärts, die andere westwärts –, und stürzten sich auf weitere Reihen panikerfüllter Soldaten. Sie verschlangen alles, denn ihr Hunger war unendlich, ihr Appetit unersättlich.
    Krieg? Das ist kein Krieg -
    »Wir rücken vor!«
    Trull starrte Ahlrada Ahn an.
    Der Krieger schüttelte ihn. »Vorwärts, Trull Sengar!«
     
    Udinaas schaute zu, wie die tödliche Zauberei einen Pfad durch die Schattengespenster schlug, dann auf die Anhöhe zurollte, auf der er mit Federhexe stand. Sie konnten nirgendwo hinrennen. Keine Zeit mehr. Es war perfekt -
    Ein kalter Wind rauschte von hinten über ihn hinweg, ein Ausatmen von Schatten. Die Schattenböe schoss vorwärts und stieß zwanzig Schritt weiter unten auf dem Hang mit der Letherii-Magie zusammen. Sie umfing das wilde Feuer gleich einem Netz und hielt es fest. Dann verschwanden Schatten und Flamme.
    Udinaas drehte sich um.
    Fünfzehn Schritt hinter ihm standen Uruth und vier andere Frauen in einer Reihe nebeneinander. Noch während er sie anstarrte, brachen zwei der Frauen zusammen, und Udinaas konnte sehen, dass sie tot waren, dass das Blut in ihren Adern verkocht war. Uruth schwankte und sank langsam auf die

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