SdG 09 - Gezeiten der Nacht
weißhäutige Krieger beunruhigt. »Und ja, er hat Eier.«
Alle drehten sich zu dem Krieger um und starrten ihn an, doch er zuckte nur die Schultern.
Shurq grunzte und sagte dann: »Bringt mich nicht zum Lachen.«
Kessel zeigte nach oben. »Mir gefällt das, Mutter. Das da in deiner Stirn. Es gefällt mir.«
»Und wir werden es auch da lassen, ja?« Glücklicherweise schien niemand die Bedeutung ihres Kommentars zu erkennen.
Der Krieger wandte sich an Eisenhart. »Wollt Ihr uns nun Euren Vorschlag mitteilen?«
Der Bekenner nickte.
Tehol Beddict lag auf dem Deckel des Sarkophags und schlief. Bagg starrte gerade nachdenklich auf ihn hinunter, als er fast direkt hinter sich Schritte hörte. Er drehte sich langsam um, während der Wächter aus der Wasserwand auftauchte, die die Tunnelmündung kennzeichnete.
Die Erscheinung trug einen Leichnam über der Schulter. Sie blieb stehen und musterte den Diener schweigend.
Hier, in diesem Grab, aus dem das Wasser entfernt worden war, an diesem Ort, an dem der Wille eines Älteren Gottes alles zurückhielt, blutete der Wächter nicht.
Bagg seufzte. »Oh, er wird sich grämen«, sagte er, als er den Letherii auf der Schulter des Wächters schließlich erkannte.
»Der Abtrünnige behauptet, die Namen in ihm seien noch lebendig«, sagte die Kreatur.
»Die Namen? Oh, ja, natürlich.«
»Du hast uns im Stich gelassen, Mael.«
»Ich weiß. Es tut mir Leid.«
Der Wächter trat an ihm vorbei und blieb neben dem Sarkophag stehen. Er legte den behelmten Kopf schief, als er Tehol Beddict betrachtete. »Der hier ist vom gleichen Blut.«
»Ein Bruder, ja.«
»Dann soll er die Erinnerung an die Namen tragen.« Der Wächter blickte auf. »Hast du etwas dagegen?«
Bagg schüttelte den Kopf. »Wie könnte ich …«
»Das stimmt. Du kannst gar nichts dagegen haben. Dieses Recht hast du verloren.«
Der Diener sagte nichts. Er schaute zu, wie der Wächter eine von Brys’ Händen packte und sie auf Tehols Stirn legte. Einen kurzen Augenblick lang, dann war es geschehen, und die Erscheinung schritt wieder davon, auf die ferne Wasserwand zu.
»Warte, bitte«, sagte Bagg.
Der Wächter blieb stehen, schaute zurück.
»Wo bringst du ihn hin?«
»In die Tiefe, wohin sonst, Älterer?«
Bagg runzelte die Stirn. »An jenem Ort …«
»Ja. Jetzt und für immer wird es dort zwei Wächter geben.«
»Was glaubst du – wird dieser ewige Dienst ihm gefallen?«
Die Erscheinung legte den Kopf ein wenig schräg. »Ich weiß es nicht. Gefällt er mir denn?«
Und noch während diese doppeldeutige Frage in der unbewegten Luft hing, trug der Wächter den Leichnam von Brys Beddict hinaus ins Wasser.
Nach einem langen Augenblick drehte Bagg sich wieder zu Tehol um. Sein Freund würde mit schrecklichen Kopfschmerzen aufwachen, das wusste er.
Doch dagegen kann man leider nichts tun. Außer vielleicht ein bisschen Tee … Ich habe eine besonders schreckliche Kräutermischung, die ihn seine Kopfschmerzen vergessen lassen wird. Und wenn es jemanden auf der Welt gibt, der das zu schätzen weiß, dann ist das Tehol Beddict aus Letheras.
Aber als Erstes sollte ich ihn aus diesem Grab herausschaffen.
Leichen lagen im Thronsaal des Ewigen Domizils. Eine davon, die halb vom Podest herunterhing, das Gesicht auf den blutigen Fliesen, sorgte immer noch dafür, dass Federhexe der Atem stockte und ihr Herz schneller schlug. Sie wusste nicht, ob vor Furcht oder vor Aufregung – vielleicht vor beidem. König Ezgara Diskanar, heruntergeworfen von dem Thron, auf dem jetzt Rhulad Sengar von den Tiste Edur saß. Die Dunkelheit in den Augen des Imperators schien unermesslich.
In diesem Raum waren Schmerzen erlitten worden – sie konnte die bitteren Nachwehen spüren, die noch immer in der Luft hingen. Und Rhulad hatte am meisten davon abbekommen. Verrat, mehr Verrat als irgendein Sterblicher hätte ertragen können. Sie wusste, dass dem so war, wusste es tief in ihrem Herzen.
Vor dem Imperator standen Tomad und Uruth, flankierten die zitternde, in sich zusammengesunkene Gestalt von Hannan Mosag, der einen hohen Preis für diesen Tag des Triumphs bezahlt hatte. Es schien, als würde er auf etwas warten, denn er hatte die Augen niedergeschlagen, und seine Haltung deutete auf schreckliche Angst hin. Doch Rhulad schien damit zufrieden, den Hexenkönig einfach nicht zu beachten. In diesem Augenblick wollte er in seinem bitteren Triumph schwelgen.
Doch wo war Forcht Sengar? Und Trull? Federhexe hatte Uruth
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