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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Bürger – ja, ihre Sicht der Dinge  – antreibt. Die Burse … das sind nicht einfach nur hohe Münzstapel in irgendwelchen geheimen Gewölben. Das sind nicht nur Händler, die ihre Zahlen schreien, bevor der Tag schließt. Die Burse ist die Wurzel unserer Zivilisation, von ihr gehen die Fasern aus, die sich ausstrecken, um alles zu durchdringen. Alles.«
    »Worauf wollt Ihr hinaus, Finadd?«
    »Ihr seid klüger, als Ihr jetzt tut, Freisprecherin. Ihr versteht genau, was ich sagen will. Jenes Herz nährt sich von den besten und den schlechtesten Eigenschaften, über die wir Menschen verfügen. Begeisterung und Leistung, Ehrgeiz und Gier, alle agieren in sich selbst dienender Harmonie. So haben wir also vier Facetten unserer menschlichen Natur, und nicht eine davon kommt gut damit zurecht, wenn ihr Verhalten, ihr Ausdruck eingeschränkt wird. Wir gewinnen nicht nur durch unsere Armeen, Seren Pedac. Wir gewinnen, weil unser System sich an das Beste und an das Schlimmste in allen Völkern wendet, nicht nur bei den Menschen.«
    »Ihr sprecht von Bestimmung.«
    Er zuckte die Schultern. »Nennt es, wie Ihr wollt. Aber wir haben es zu etwas Zwangsläufigem und alles Verschlingendem gemacht –«
    »Ich kann nur wenig Begeisterung und Leistung in dem erkennen, was wir tun, Finadd. Mir scheint, es gibt ein wachsendes Ungleichgewicht –«
    Sein Lachen schnitt ihr das Wort ab. »Das ist die wahre Freiheit, Seren Pedac.«
    Sie spürte, wie Ärger in ihr aufstieg. »Ich habe immer geglaubt, Freiheit bedeutet das garantierte Recht, anders sein zu dürfen, ohne Furcht vor Unterdrückung haben zu müssen.«
    »Eine erhabene Vorstellung, aber in der wirklichen Welt werdet Ihr sie nicht finden. Wir haben aus der Freiheit ein Schwert geschmiedet. Und wenn man nicht sein will wie wir, dann werden wir dieses Schwert benutzen und einen nach dem anderen töten, bis der Geist gebrochen ist.«
    »Was ist, wenn die Tiste Edur Euch überraschen, Finadd? Werdet Ihr Euch Eurerseits dafür entscheiden, für Eure große Sache zu sterben?«
    »Manche könnten sterben. Manche werden es auch tun. Tatsächlich könnten wir alle sterben, so unwahrscheinlich das auch sein mag. Aber die Sieger müssten schon nichts als Asche zurücklassen, denn sonst wird das Herz weiterschlagen. Die Wurzeln werden neues Fleisch finden. Der Imperator mag seine Meeresdämonen haben, aber wir besitzen ein unvorstellbar riesiges Monster, das alles verschlingt. Und was es nicht verschlingen kann, wird es ersticken oder aushungern. Egal, ob wir gewinnen oder verlieren, die Tiste Edur werden verlieren.«
    Sie trat zurück. »Finadd Gerun Eberict, ich möchte mit Eurer Welt nichts zu tun haben. Und daher braucht Ihr auch nicht auf meine Antwort zu warten, denn ich habe sie Euch gerade gegeben.«
    »Wie Ihr wollt, aber Ihr solltet wissen, dass ich nicht weniger von Euch halten würde, solltet Ihr Eure Meinung ändern.«
    »Das werde ich nicht.«
    Er wandte sich ab. »Wir alle müssen arbeiten, um etwas zu essen zu haben, Schätzchen. Wir sehen uns in Letheras.«
     
    Udinaas hatte still im Zwielicht gestanden, während die Delegation ihre Audienz erhalten hatte. Die Letherii hatten ihn nicht bemerkt. Und selbst wenn sie ihn bemerkt hätten – es hätte keine Rolle gespielt, denn der Imperator hatte die Unterredung beherrscht. Nachdem die Delegation entlassen worden war und auch die Freisprecherin gegangen war, hatte Rhulad Hull Beddict näher herangewinkt.
    »Du schwörst uns Lehenstreue«, hatte der Imperator gemurmelt, langsam, als würde er sich jedes Wort auf der Zunge zergehen lassen, ehe es über seine zerschundenen Lippen kam.
    »Ich verfüge über das Detailwissen, das Ihr benötigt, Imperator, ich weiß, wo jede einzelne Garnison liegt und wie viele Soldaten sie beherbergt, ich kenne jedes Lager an der Grenze. Ich kenne ihre Taktiken, ich weiß, wie sie ihre Armeen für die Schlacht aufstellen. Wie sie Zauberei einsetzen. Ich weiß, wo die Vorräte an Wasser und Nahrungsmitteln verborgen sind – das sind die militärischen Lager, und sie sind riesig.«
    Rhulad beugte sich vor. »Du willst dein eigenes Volk verraten. Warum?«
    »Ich will mich rächen«, erwiderte Hull Beddict.
    Die Worte jagten Udinaas einen kalten Schauer über den Rücken.
    »Höherer«, fuhr Hull fort, »mein Volk hat mich betrogen. Vor langer Zeit. Ich habe lange auf eine solche Gelegenheit gewartet.«
    »Und nun rächst du dich also. Ist es ein würdiges Gefühl?«
    »Imperator, etwas anderes

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