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SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

Titel: SdG 10 - Die Feuer der Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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jetzt die Drachenkarten, ein Kartenspiel mit den Hohen Häusern, das zu Prophezeiungen genutzt werden kann. Und ich bin der Meister dieser Karten –«
    »Ein Meister – auf die gleiche Weise wie der Abtrünnige?«
    »Wer?«
    »Der Meister der Festen in meiner Zeit«, erwiderte sie.
    »Ich vermute es, ja.«
    »Er war ein Aufgestiegener, Ganoes Paran. Wurde als Gott von Enklaven der Imass, Barghast und Trell angebetet. Sie haben ihm den Mund mit Blut gefüllt. Er hat den Durst nie kennen gelernt. Oder den Frieden. Ich frage mich, wie er umgekommen ist.«
    »Ich schätze, das würde ich auch gern wissen«, sagte Paran, den die Worte der Jaghut erschütterten. »Mich betet niemand an, Ganath.«
    »Sie werden es tun. Du bist gerade erst aufgestiegen. Ich bin mir sicher, dass es selbst in deiner Welt keinen Mangel an Anhängern gibt – an solchen, die verzweifelt glauben wollen. Und sie werden andere jagen und sie zu Opfern machen. Sie werden sie niedermachen und Schalen mit ihrem unschuldigen Blut füllen, in deinem Namen, Ganoes Paran, um dich so um dein Wohlwollen zu bitten – darum, dass du an dem Ziel festhältst, das sie gerade selbstgerecht verfolgen. Der Abtrünnige wollte sie abwehren, was du möglicherweise auch versuchen wirst, und so ist er zum Gott der Veränderung geworden. Er ist den Pfad der Neutralität gegangen, aber er hat ihn mit dem Vergnügen gewürzt, das in der Unbeständigkeit liegt. Der Feind des Abtrünnigen war Langeweile, Stillstand. Deshalb haben die Forkrul Assail versucht, ihn auszulöschen. Und alle seine sterblichen Anhänger.« Sie machte eine Pause. »Vielleicht hatten sie Erfolg. Die Assail haben sich nie leicht von ihrem Ziel abbringen lassen.«
    Paran sagte nichts. Ihre Worte enthielten Wahrheiten, die sogar er erkannte, die anfingen, auf ihm zu lasten und sich schwer und unwägbar auf seinen Geist legten. Bürden entstanden durch den Verlust der Unschuld. Der Naivität. Während die Unschuldigen sich danach sehnten, ihre Unschuld zu verlieren, beneideten jene, die es bereits hinter sich hatten, die Unschuldigen und trauerten um das, was sie verloren hatten. Zwischen den beiden war kein Austausch von Wahrheiten möglich. Paran spürte die Vollendung einer geistigen Reise, und er stellte fest, dass er weder daran Gefallen finden konnte, diese Tatsache zu erkennen, noch an dem Platz, an dem er sich jetzt wiederfand. Es passte ihm gar nicht, dass Unwissenheit unentwirrbar an die Unschuld gebunden blieb, und dass der Verlust der einen bedeutete, auch die andere zu verlieren.
    »Ich habe dir Kummer bereitet, Ganoes Paran.«
    Er sah auf, zuckte die Schultern. »Du hast … den rechten Zeitpunkt gewählt. Sehr zu meinem Bedauern, und doch« – er zuckte wieder die Schultern – »ist es vielleicht am besten so.«
    Sie starrte wieder auf das Meer hinaus, und er folgte ihrem Blick. Die Wasseroberfläche in der bescheidenen Bucht vor ihnen wurde plötzlich ruhig, während weiter draußen noch immer Schaumkronen die Wellen krönten. »Was ist passiert?«, fragte sie.
    »Sie kommen.«
    Von fern erklang jetzt Lärm – wie aus einer tiefen Höhle –, und der Sonnenuntergang wirkte plötzlich krank, seine Flammen Sklaven eines chaotischen Tumultes, als würden die Schatten von hunderttausend Sonnenuntergängen und Sonnenaufgängen einen himmlischen Krieg gegeneinander führen. Während die Horizonte näher rückten, vor Dunkelheit, Rauch und rasenden Sand- und Staubstürmen flimmerten.
    Im klaren Wasser der Bucht entstand plötzlich Bewegung; schlammige Wolken stiegen aus der Tiefe nach oben, und die Ruhe breitete sich weiter nach Süden aus und beruhigte die aufgewühlte See.
    Ganath machte einen Schritt zurück. »Was hast du getan?«
    Gedämpft, aber immer lauter werdend erklangen Schlurfen und Rumpeln, Klirren und kehliges Brummen, die Geräusche einer marschierenden Armee, die Echos von sich schließenden Schildreihen, der Trommelrhythmus von auf zerbeulte Ränder geschlagenen Waffen aus Eisen und Bronze, quietschende Wagen auf aufgewühlten, zerfurchten Straßen – und dann leises Rascheln, dröhnende Zusammenstöße, Mauern aus Pferdeleibern, die in Reihen erhobener Spieße einbrachen, die Schreie von Tieren, die die Luft erfüllten und verklangen, nur dass der Zusammenstoß sich wiederholte, lauter diesmal, näher, und dann war da ein heftiges Klappern, das eine Schneise in die Bucht schnitt, eine helle, matschige rote Straße hinter sich zurückließ, die nach außen blutete und

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