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SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

Titel: SdG 10 - Die Feuer der Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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in den Himmel, der Rand irgendeiner riesigen eisernen Klinge, die gerade aus dem Schmiedeofen gezogen worden war. Er sah, wie das rote Glühen die Dunkelheit zerteilte, und wunderte sich über dieses seltsame Gefühl von bevorstehender Gefahr, das die Morgenluft so still werden ließ.
    Ein Ächzen aus dem Bündel von Decken, wo Scillara schlief, dann: »So viel zum glückseligen Gift.«
    Ein weiteres Ächzen, als sie sich in eine sitzende Position mühte. »Es tut weh, alter Mann. Mein Rücken, meine Hüften, alles. Und ich kann nicht schlafen – egal, wie ich liege, es ist nie bequem, und ich muss ständig pinkeln. Das ist schrecklich. Bei den Göttern, warum tun Frauen so etwas? Immer und immer und immer wieder – sind sie alle verrückt?«
    »Das solltest du besser wissen als ich«, sagte Heboric. »Aber ich kann dir sagen, Männer sind keineswegs weniger unerklärlich. Im Hinblick auf das, was sie denken. Was sie tun.«
    »Je früher ich dieses Tier aus mir rauskriege, desto besser«, sagte sie, die Hände auf dem geschwollenen Bauch. »Schau mich an, ich werde schwabbelig. Überall. Ich werde schwabbelig.«
    Die anderen waren wach geworden, und Felisin starrte Scillara mit weit aufgerissenen Augen an – seit sie entdeckt hatte, dass die ältere Frau schwanger war, hatte die junge Felisin ihr einige Zeit lang fast so etwas wie Verehrung entgegengebracht. Nun schien es, als hätte die Ernüchterung eingesetzt. Schlitzer hatte seine Decken zurückgeschlagen und war bereits dabei, das Feuer der letzten Nacht neu zu entfachen. Graufrosch war nirgendwo zu sehen. Wahrscheinlich war er auf der Jagd, wie Heboric vermutete.
    »Heute Morgen«, bemerkte Scillara, »sehen deine Hände aber besonders grün aus, alter Mann.«
    Er machte sich nicht die Mühe, diese Bemerkung zu bestätigen. Er konnte den fremden Druck nur zu gut spüren. »Nichts als Geister«, sagte er, »von jenseits des Schleiers, aus den tiefsten Tiefen des Abgrunds. Oh, wie sie schreien. Früher einmal war ich blind. Jetzt wünsche ich mir, ich wäre taub.«
    Sie sahen ihn seltsam an, wie sie es oft taten, wenn er gesprochen hatte. Wenn er Wahrheiten ausgesprochen hatte. Seine Wahrheiten – diejenigen, die sie nicht sehen und auch nicht verstehen konnten. Es spielte keine Rolle. Er wusste, was er wusste. »Heute werden wir zu einer riesigen toten Stadt kommen«, sagte er. »Ihre Bewohner wurden umgebracht. Alle. Von Icarium, vor langer Zeit. Diese Stadt hatte eine Schwesterstadt im Norden – als sie dort davon gehört haben, was geschehen war, sind sie hierhergereist, um selbst nachzusehen. Und dann, meine jungen Gefährten, haben sie beschlossen, E’napatha N’apur zu begraben. Die ganze Stadt. Sie haben sie vollkommen erhalten begraben. Tausende von Jahren sind seither vergangen, in denen Stürme und Regenfälle die feste Oberfläche wieder verwittern lassen haben. Und jetzt kommen die alten Wahrheiten erneut ans Licht.«
    Schlitzer goss Wasser in einen Zinntopf und hängte ihn an den Haken, der unter dem eisernen Dreibein befestigt war. »Icarium«, sagte er. »Ich bin eine Weile mit ihm gereist. Zusammen mit Mappo und Fiedler.« Er verzog das Gesicht. »Und mit Iskaral Pustl, diesem kranken kleinen Wiesel von einem Mann. Er hat gesagt, er wäre ein Hohepriester des Schattens. Ein Hohepriester! Nun, wenn das das Beste ist, was Schattenthron zustande bringt …« Er schüttelte den Kopf. »Icarium … war ein … Nun, er war eine tragische Gestalt, vermute ich. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er die Stadt ohne Grund angegriffen hat.«
    Heboric gab ein bellendes Lachen von sich. »Oh, es fehlt nie an Gründen in dieser Welt. Der König hatte die Tore verriegelt. Er wollte ihn nicht hineinlassen. Denn um den Namen Icarium rankten sich zu viele dunkle Geschichten. Ein Soldat auf den Zinnen schoss einen Pfeil ab – es sollte ein Warnschuss sein. Der Pfeil prallte von einem Stein ab, streifte Icariums linkes Bein und grub sich dann tief in die Kehle seines Begleiters – der arme Bastard ist an seinem eigenen Blut ertrunken –, und so wurde Icariums Zorn entfesselt.«
    »Woher weißt du das alles«, fragte Scillara, »wenn es doch keine Überlebenden gegeben hat?«
    »Die Geister wandeln in diesem Gebiet«, erwiderte Heboric. Er machte eine ausschweifende Geste. »Bevor das alles zur Wüste wurde, haben hier Bauernhöfe gestanden.« Er lächelte die anderen an. »Tatsächlich ist heute Markttag, und die Straßen – die niemand außer mir

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