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SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

Titel: SdG 10 - Die Feuer der Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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geflüsterte Antwort kaum hören. »Die Welt.«
    »Ja. Ich wünschte, ich könnte diese Tatsache vor dir verbergen – aber wenn ich das täte, dürfte ich nicht mehr behaupten, dein Freund zu sein.«
    »Nein, das ist wahr. Also schön, Taralack Veed, lass uns, wie du gesagt hast, mehr darüber sprechen, während wir nach Norden und Westen reisen. Zur Küste gegenüber der Insel Sepik. Ja, ich spüre es … Dort ist etwas. Es wartet auf uns.«
    »Du musst dafür bereit sein«, sagte der Gral.
    Icarium nickte. »Das werde ich auch, mein Freund.«
     
    Jedes Mal war die Rückkehr anstrengender, schlimmer und weit, weit weniger gewiss. Es gab Dinge, die hätten sie einfacher machen können. Zu wissen, wo er gewesen war, zum Beispiel, oder zu wissen, wohin er zurückkehren musste. Zurückkehren zur … geistigen Gesundheit? Vielleicht. Aber Heboric Geisterhand hatte keine richtige Vorstellung davon, was geistige Gesundheit war, wie sie aussah, sich anfühlte, roch. Es war möglich, dass er es nie wirklich gewusst hatte.
    Fels war Knochen. Staub war Fleisch. Wasser war Blut. Rückstände setzten sich in großer Zahl ab, wurden zu Schichten, und auf ihnen lagerten sich weitere Schichten ab, mehr und mehr, bis eine Welt entstanden war, bis all dieses Gestorbene dort, wo man stand, die Füße tragen konnte und sich erheben, um jedem Schritt zu begegnen. Ein festes Bett, auf das man sich legen konnte. So viel zur Welt. Der Tod trägt uns. Und dann waren da die Atemzüge, die die Luft erfüllten – sie erschufen – sich hebende und senkende Erklärungen, die das Verstreichen der Zeit maßen, wie Kerben den Bogen eines Lebens kennzeichneten, eines jeden Lebens. Wie viele dieser Atemzüge waren die letzten? Der letzte Atemausstoß eines Tiers, eines Insekts, einer Pflanze, eines Menschen mit einer dünnen Schicht über seinen oder ihren nachlassenden Augen? Und wie, ja, wie konnte man daher seine Lunge mit solcher Luft füllen? Mit dem Wissen, wie voll von Tod sie war, wie gesättigt von Versagen und Auslieferung?
    Solche Luft würgte ihn, brannte in seiner Kehle, schmeckte nach bitterster Säure. Löste ihn auf und verschlang ihn, bis er nichts mehr war als … ein Rückstand.
    Sie waren so jung, seine Begleiter. Es war unmöglich, dass sie begriffen, auf welchem Schmutz sie gingen, in welchen Schmutz sie hineingingen, durch welchen Schmutz sie hindurchgingen. Und welchen sie in sich aufnahmen, nur um einiges davon wieder auszuwerfen, mit ihren eigenen schäbigen Zusätzen gewürzt. Und wenn sie schliefen, Nacht für Nacht, waren sie leere Hüllen. Während Heboric weiter gegen das Wissen ankämpfte, dass die Welt nicht atmete, nicht mehr. Nein, jetzt ertrank die Welt.
    Und ich ertrinke mit ihr. Hier in dieser verfluchten Wüste. In dem Sand und der Hitze und dem Staub. Ich bin am Ertrinken. Jede Nacht. Am Ertrinken.
    Was konnte Treach ihm geben? Dieser wilde Gott mit seinem überwältigenden Hunger, seinen Begierden und Bedürfnissen. Seiner geistlosen Grausamkeit, als ob er jeden Atemzug zurückziehen und bessern könnte, den er in seine tierischen Lungen sog, und so der Welt trotzen, der alternden Welt und ihrer Sintflut des Todes. Er, Heboric, war fälschlicherweise erwählt worden, das sagten ihm alle Geister, vielleicht nicht mit Worten, aber dadurch, dass sie sich beständig um ihn drängten, sich erhoben, ihn mit ihren stummen, vorwurfsvollen Blicken überwältigten.
    Und da war noch mehr. Das Flüstern in seinen Träumen – Stimmen, die inständig flehend aus einem See aus Jade auftauchten. Er war der Fremde, der mitten unter sie getreten war; er hatte getan, was kein anderer getan hatte: er hatte durch das grüne Gefängnis gegriffen. Und sie hatten zu ihm gebetet, hatten um seine Rückkehr gebettelt. Warum? Was wollten sie?
    Nein, er wollte keine Antworten auf diese Fragen. Er wollte dieses verfluchte Geschenk aus Jade zurückgeben, diese fremde Macht. Er wollte es zurück in die Leere werfen und damit alles hinter sich bringen.
    Sich an diesem Gedanken festzuhalten, sich an ihn zu klammern, hielt ihn geistig gesund. Wenn man es denn geistig gesund nennen konnte, auf diese qualvolle Art zu leben. Ertrinken, ich bin am Ertrinken, und doch … Die verdammten Geschenke, die mit diesen Tigerstreifen gekommen sind, dieser Wirrwarr von Sinnen, so süß, so reichhaltig, ich kann sie spüren, wie sie versuchen, mich zu verführen. In diese flüchtige Welt zurückzukehren.
    Im Osten kämpfte sich die Sonne den Weg zurück

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