SdG 11 - Die Kochenjäger
nasse Stoffstreifen aus dem Topf zu holen und zu der alten Semk zu tragen.
Sie hatte die Eingeweide wieder aus der Bauchhöhle gezogen, schien das pulsierende Durcheinander aber für den Augenblick nicht weiter zu beachten. Statt dessen hatte sie wieder beide Hände tief in der Bauchhöhle des Verletzten vergraben. »Fliegen!«, zischte sie, als Barathol den Raum betrat. »Sein ganzer verdammter Bauch ist voller toter Fliegen!«
»Du wirst ihn nicht retten«, sagte Barathol und ging zum Tresen, wo er seine Axt auf die zerschrammte, staubige Oberfläche legte. Es gab ein schweres, dumpfes Geräusch. Er machte sich daran, seine Handschuhe auszuziehen, und blickte dabei Hayrith an. »Hat sie geboren?« fragte er.
»Ja. Ein Mädchen.« Hayrith wusch sich die Hände in einer Schüssel, aber sie wies mit einem Nicken auf ein kleines Bündel, das auf der Brust der Frau lag. »Sie saugt schon. Ich hab’ zuerst gedacht, alles wäre schiefgelaufen, Schmied. Richtig schief. Das Kind war ganz blau, als es rausgekommen ist. Aber die Nabelschnur hatte sich gar nicht um seinen Hals verknotet.«
»Und warum war es dann blau?«
»Was heißt war? Es ist immer noch blau. Der Vater war ein Napanese, würde ich sagen.«
»Und was ist mit der Mutter?«
»Sie wird’s überleben. Ich habe Nulliss gar nicht gebraucht. Ich weiß, wie man eine Wunde saubermacht und näht. Natürlich weiß ich das, schließlich bin ich einst der Heiligen Armee des Falah’d von Hissar gefolgt und habe schon viele Schlachtfelder gesehen. Und auch viele Wunden saubergemacht.« Sie schüttelte die Hände und trocknete sie dann an ihrem schmuddeligen Kasack ab. »Sie wird natürlich Fieber bekommen, aber wenn sie das überlebt, wird sie in Ordnung sein.«
»Hayrith!«, rief Nulliss. »Komm her und wring die Lumpen aus! Und dann wirf sie wieder ins kochende Wasser – bei den Göttern hienieden, ich verliere ihn – sein Herzschlag wird schwächer.«
Die Tür schwang auf. Köpfe drehten sich, und alle Augen richteten sich auf L’oric, der langsam ins Innere des Gasthauses trat.
»Wer ist denn das, im Namen des Vermummten?«, fragte Hayrith.
Barathol, der gerade die Riemen seines Helms löste, sagte: »Das ist Hohemagier L’oric, ein Flüchtling der Apokalypse.«
Hayrith kicherte. »Na, da hat er ja genau den richtigen Ort gefunden! Willkommen, L’oric! Nehmt Euch einen Krug voller Staub und einen Teller voller Asche und gesellt Euch zu uns!
Fenar, hör auf, in der Gegend rumzuglotzen, und geh und such Chaur und Urdan – da draußen liegt Pferdefleisch rum, um das man sich kümmern muss – wir wollen doch nicht, dass die Wölfe aus den Hügeln hier runterkommen und sich zuerst drüber hermachen.«
Barathol schaute zu, wie L’oric zu Nulliss hinüberging, die über dem Jungen auf dem Tisch kniete. Sie schob Lumpen in die Bauchhöhle und zog sie wieder heraus – da war viel zu viel Blut – kein Wunder, dass sein Herzschlag schwächer wurde.
»Geh zur Seite«, sagte L’oric zu ihr. »Ich beherrsche zwar kein Hoch-Denul, aber zumindest kann ich die Wunde säubern und verschließen und dafür sorgen, dass es nicht zu einer Entzündung kommt.«
»Er hat zu viel Blut verloren«, zischte Nulliss.
»Vielleicht«, stimmte L’oric ihr zu, »aber lass uns zumindest seinem Herzen eine Möglichkeit geben, sich wieder zu erholen.«
Nulliss wich zurück. »Wie Ihr wollt«, schnappte sie. »Ich kann nichts mehr für ihn tun.«
Barathol ging hinter den Tresen, kauerte sich vor ein Stück Holztäfelung, dem er einen kräftigen Schlag versetzte. Das Holzstück fiel zu Boden, gab den Blick auf drei staubige Krüge frei. Er nahm einen, stand auf und stellte ihn auf den Tresen. Dann suchte er sich einen Bierkrug, wischte ihn sauber und füllte ihn.
Erst danach stellte er fest, dass er die Blicke aller Anwesenden auf sich gezogen hatte – mit Ausnahme von L’oric, der neben dem Jungen stand und ihm die Hände auf die Brust gelegt hatte. Hayrith fragte in ehrfürchtigem Tonfall: »Wo hast du den denn her, Schmied?«
»Aus dem Versteck vom alten Kulat«, antwortete Barathol. »Ich glaube nicht, dass er zurückkommen wird, um ihn sich zu holen.«
»Und was rieche ich da?«
»Falarischen Rum.«
»Gesegnet seien die Götter droben und hienieden!«
Schlagartig versammelten sich die Einheimischen im Raum um den Tresen. Knurrend schob Nulliss Filiad zurück. »Du nicht – du bist zu jung – «
»Zu jung? Frau, ich bin sechsundzwanzig!«
»Du hast gehört,
Weitere Kostenlose Bücher