SdG 11 - Die Kochenjäger
tödlich verwundeten Pferd heruntergesprungen, doch genau in dem Augenblick, als sie mit einem Fuß den Boden berührt hatte, hatten die T’lan Imass sie gepackt und sie hochgehoben – sie hatte sich zweifellos gewehrt, doch gegen solch eine unmenschliche, unerbittliche Kraft war sie hilflos gewesen.
Und dann waren die T’lan Imass verschwunden. Zu Staub zerfallen. Und hatten sie irgendwie mitgenommen. Er hätte nicht gedacht, dass das möglich war. Doch … es führten keine Spuren von der Stelle weg.
Enttäuscht und gereizt machte Barathol sich auf den Weg zurück zum Wirtshaus.
Als er hinter sich ein wimmerndes Geräusch hörte, drehte er sich um. »Es ist in Ordnung, Chaur. Du kannst mit dem weitermachen, was du angefangen hattest.«
Ein breites Lächeln antwortete ihm.
Barathol spürte sofort, als er den Raum betrat, dass sich etwas verändert hatte. Die Einheimischen hatten sich an die Wand hinter dem Tresen zurückgezogen. L’oric stand mitten in der Schankstube und sah den Schmied an, der gleich hinter dem Eingang stehengeblieben war. Der Hohemagier hatte sein Schwert gezogen, eine schimmernde weiße Klinge.
L’oric starrte Barathol unverwandt an. »Ich habe gerade erst deinen Namen gehört.«
Der Schmied zuckte die Schultern.
Ein höhnisches Grinsen verzerrte L’orics bleiches Gesicht. »Ich nehme an, dass der Rum ihnen die Zunge gelockert hat, oder sie haben deinen Befehl, es zu verschweigen, schlicht und einfach vergessen.«
»Ich habe keine Befehle erteilt«, erwiderte Barathol. »Diese Leute hier wissen nichts von der Welt da draußen – und sie kümmert sie noch viel weniger. Was den Rum angeht …« Er ließ seinen Blick zu den Dorfbewohnern hinter dem Tresen schweifen. »Nulliss, ist noch was übrig?«
Sie nickte stumm.
»Dann stell ihn bitte auf den Tresen«, sagte Barathol. »Am besten neben meine Axt.«
»Ich wäre ein Narr, wenn ich dich in die Nähe deiner Waffe lassen würde«, sagte L’oric und hob sein Schwert.
»Das hängt davon ab, ob Ihr vorhabt, gegen mich zu kämpfen, oder?«, erwiderte Barathol.
»Mir fallen die Namen von hundert Männern ein, die – wenn sie jetzt an meiner Stelle wären – keinen Augenblick zögern würden.«
Barathol zog die Brauen hoch. »Die Namen von hundert Männern, sagt Ihr. Und wie viele von diesen Männern sind noch am Leben?«
L’orics Mund wurde zu einem schmalen Strich.
»Glaubt Ihr etwa«, fuhr Barathol fort, »dass ich damals, vor all diesen Jahren, einfach aus Aren weggegangen bin? Ich war nicht der einzige Überlebende, Hohemagier. Sie sind mir gefolgt. Man könnte fast schon sagen, dass es ein einziges verdammtes Rückzugsgefecht war – die ganze Strecke vom Arenweg bis Karashimesh. Bis ich den Letzten in einem Graben liegengelassen habe, wo er dann verblutet ist. Es mag sein, dass Ihr meinen Namen kennt, und es mag sein, dass Ihr glaubt, mein Verbrechen zu kennen … aber Ihr wart nicht dort. Diejenigen, die dort waren, sind alle tot. Nun – seid Ihr wirklich daran interessiert, diesen Fehdehandschuh aufzunehmen?«
»Sie sagen, du hättest die Tore geöffnet – «
Barathol schnaubte, ging quer durch den Raum zu dem Krug mit Rum, den Nulliss auf den Tresen gestellt hatte. »Lächerlich. T’lan Imass brauchen keine Tore.« Die Hexe vom Volk der Semk fand einen leeren Bierkrug und knallte ihn auf den Tresen. »Oh, es stimmt, ich habe eins aufgemacht – als ich auf dem Weg nach draußen war, auf dem schnellsten Pferd, das ich finden konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Gemetzel bereits angefangen.«
»Aber du bist nicht dort geblieben, oder? Du hast nicht gekämpft, Barathol Mekhar! Der Vermummte soll dich holen, Mann – sie haben in deinem Namen rebelliert!«
»Zu dumm, dass sie vorher nicht daran gedacht haben, mich zu fragen«, erwiderte er grollend und füllte den Bierkrug. »Und jetzt legt das verdammte Schwert weg, Hohemagier.«
L’oric zögerte, dann sackte er dort, wo er stand, ein wenig in sich zusammen und schob die Waffe langsam wieder in die Scheide. »Du hast recht. Ich bin zu müde für so etwas. Zu alt.« Er runzelte die Stirn, dann richtete er sich wieder gerade auf. »Du hast gedacht, die T’lan Imass wären deinetwegen gekommen, stimmt’s?«
Barathol musterte den Mann über den zerschlagenen Rand seines Bierkrugs hinweg, sagte jedoch nichts.
L’oric strich sich mit einer Hand durchs Haar und blickte sich um, als hätte er vergessen, wo er sich befand.
»Bei den Knochen des Vermummten«,
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