SdG 11 - Die Kochenjäger
Stattdessen sahen sie in Tavores Gesicht zunehmende … Bestürzung. Und Angst. Und anfangs ergab keines dieser Gefühle einen Sinn.
Es sei denn …
Es sei denn, sie ist nicht in der Lage, eine solche Loyalität zu erwidern.
Und so wand sich der Zweifel ins Freie, wie neugeborene Vipern, die sich von ihrem Gelege wegschlängeln, und winzige, tödliche Fänge senkten sich in alle Personen, die da standen, die Zeugen dessen wurden, was ihr Gesicht offenbarte.
Was es offenbarte. Und dies bei einer Frau, deren verdammte Selbstkontrolle fast schon unmenschlich war.
Aufgeschreckt war die Rhizan ins Leben zurückgekehrt, hatte sich von ihrem Rastplatz erhoben, eine Runde gedreht, und war dann davongeflattert, den Strand entlang, wo sie sich auf der weißen Flanke eines großen Baumstumpfs niedergelassen hatte, den irgendein Sturm in der Vergangenheit ans Ufer gespült hatte; sie hatte die Beine gespreizt, den Bauch ans Holz gedrückt, und ihre winzigen Flanken hatten heftig gebebt. Beunruhigt und erschrocken hatte Buddl der Rhizan mit einer Fingerspitze über die Nasenwurzel gestrichen – eine Geste, die Trost spenden sollte –, während er den Lebensfunken des Tiers aus seinem Griff entlassen hatte. Die Kreatur war mit wild flatternden Flügeln und peitschendem Schwanz geflohen.
Und jetzt, fünf Tage später, hockte Buddl auf dem Vorderdeck der Silanda und starrte hinunter auf das Hauptdeck, auf jenen mit einer Persenning abgedeckten Haufen abgetrennter Köpfe, die Stürmisch seine Zuversicht nannte. Das klang komisch, ja, aber Buddl wusste, dass jene unsterblichen Augen durch die fadenscheinige Leinwand starrten und ihn beobachteten. Erwartungsvoll. Und was erwarten sie? Verdammt, ich kann euch armen Narren nicht helfen. Das müsst ihr doch sehen!
Außerdem gab es zur Zeit jede Menge andere Dinge, um die er sich kümmern musste. Es waren tatsächlich so viele, dass er nicht wusste, wo er anfangen sollte.
Er hatte das Symbol gesehen – den Orden, den die Mandata im Rahmen von etwas, das eigentlich eine Kriegsgerichtsverhandlung hätte sein sollen, Faradan Sort verliehen hatte. Ihr und der stummen Sünd – die, wie Buddl wusste, natürlich nicht wirklich stumm war. Das Mädchen hatte einfach niemandem viel zu sagen, mit Ausnahme von ihrem Bruder Scherbe. Das Wappen … eine in Silber gearbeitete Stadtmauer, über der sich rubinrote Flammen erhoben, und der Tel mit den abgeschrägten Hängen unterhalb der Stadtmauer bestand aus unzähligen, goldenen, menschlichen Totenschädeln. Die Ähnlichkeit mit dem alten Wappen der Brückenverbrenner war kein Zufall – nein, es war reinste Genialität. T’ambers Genialität.
Am Ende jenes Tages waren überall eiserne Nadeln und Seidenfäden zu sehen, als derbe Finger mit unterschiedlicher Begabung arbeiteten und die Umhänge der Soldaten der Vierzehnten Armee eine neue Verzierung bekamen. Passend zu baumelnden Fingerknochen, dem gelegentlichen Vogelschädel und durchbohrten Zähnen.
Alles schön und gut, was das betraf. Fast den ganzen ersten Tag lang, an dem Buddl und die anderen sich erholten, waren Soldaten vorbeigekommen, um sie einfach nur anzusehen. Diese ganze Aufmerksamkeit war zermürbend gewesen, und es fiel ihm immer noch schwer zu verstehen, was er in den eindringlichen Blicken gesehen hatte. Ja, wir sind am Leben. Das ist zugegebenermaßen unwahrscheinlich, aber nichtsdestotrotz wahr. Und was seht ihr jetzt?
Die Erinnerungen an die Zeit unter der Stadt waren ein beklemmender Refrain hinter jedem Wort, das Buddl und die anderen Überlebenden miteinander wechselten. Sie nährten nachts ihre schrecklichen Träume – er hatte sich mittlerweile daran gewöhnt, durch den gedämpften Schrei eines Truppmitglieds aufzuwachen; ob es nun Lächeln, Krake oder Corabb Bhilan Thenu’alas war. Schreie, die schwach von dort beantwortet wurden, wo die anderen Trupps auf dem steinigen Boden schliefen.
Ihre Ausrüstungen waren in ihrer Abwesenheit durchwühlt, Gegenstände und Sachen neu verteilt worden, wie es Brauch war, und an jenem ersten Tag kamen Soldaten, um das zurückzubringen, was sie mitgenommen hatten. Bei Einbruch der Abenddämmerung hatte jeder Überlebende mehr, als er zuvor jemals gehabt hatte – und konnte nur erheitert die aufgehäuften Schmuckstücke, Gürtelschnallen, Schließen und Amulette, die geflickten Tuniken, die sauber geschrubbten wattierten Unterpolster, die blank geriebenen Lederriemen und Waffengurte anstarren. Und die Dolche. Viele Dolche,
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