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SdG 11 - Die Kochenjäger

SdG 11 - Die Kochenjäger

Titel: SdG 11 - Die Kochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Herr. Der am meisten fordernde Herr. Doch sie hatte ihre Rüstung abgeworfen, dort unten, knietief im Schlick auf dem Hafengrund stehend, und der Kiel von dem verdammten Schiff hätte sie beinahe geköpft – er hatte den Helm mitgenommen, richtig? Und wenn der Riemen nicht praktischerweise gerissen wäre … Wie auch immer, sie hatte sogar ihren Waffengürtel abgelegt. Sie hatte nichts mehr, was sie hätte versetzen können, und das war schlecht. Da war nur noch dieses Messer, aber es war das einzige Messer, das ihr noch geblieben war.
    Aber sie war immer noch durstig. Sie musste den Geschmack von dieser Hafenbrühe aus dem Mund bekommen, vor allem angesichts des ersten, keuchenden Atemzugs, nachdem sie sich wieder an die Oberfläche gekämpft und den aufgeblähten Kadaver einer abscheulichen Ratte mit dem Kopf voran eingesaugt hatte. Das war so nahe dran gewesen, sie umzubringen, wie kaum etwas zuvor. Was, wenn sie noch lebendig gewesen wäre, wild darauf, ihre Kehle runterzuklettern? Früher einmal hatte sie solche Albträume gehabt. Während eines Trockenspruchs war’s gewesen, aber das war das, was Trockensprüche normalerweise taten – sie erinnerten einen daran, dass die Welt schrecklich und hässlich und elend war und dass es dort draußen Dinge gab, die einen beißen wollten: Spinnen, Ratten, Aale, Raupen …
    War dort oben eine Menschenmenge gewesen? Es waren nicht mehr viele da, und die, die in ihre Nähe kamen, schrien auf und rannten von irgendeiner verrückten blinden Panik gepackt davon. Sie wischte sich über die brennenden Striemen in ihrem Gesicht, blinzelte noch ein bisschen mehr Dreck aus den Augen, hob den Kopf und schaute sich um.
    Und jetzt? Wer ist das da?
    Schlagartig war sie wieder nüchtern, schlagartig war da eine Entschlossenheit, eine weißglühende Woge, die ihr Gehirn – und wer weiß was sonst noch – klärte.
    Und jetzt, jetzt, jetzt -ja wer, oh, wer ist denn das da, genau vor mir? Nein, dreh dich nicht um, es ist zu spät. Ha! Ha! Zu spät, zu spät, es ist zu spät, zu spät, zu spät!
    Hellian kroch vorwärts, so leise sie konnte, richtete sich direkt hinter ihm auf. Zog mit der rechten Hand ihr Messer, während sie die linke nach ihm ausstreckte. Noch fünf Schritte …
     
    Saygen Maral trat aus der Seitengasse. Das Zielobjekt war umgekehrt, dieser elende Dreckskerl. Aber da war er, keine zehn Schritte weit weg, und um ihn herum nur wenige Leute. Die Gelegenheit war günstig. Er würde sich nicht mehr weiterhin feinsinnig geben. Manchmal zahlte es sich aus, die Bürger daran zu erinnern, dass die Klaue immer gegenwärtig war – und immer bereit, das zu tun, was notwendig war.
    Der Assassine zog einen Dolch unter seinem Umhang hervor, der mit Paralt beschmiert war, legte sich die Waffe behutsam in die Hand und bewegte sich vorwärts.
    Irgendeine Frau starrte Banaschar an – ein ergrautes, durchnässtes Ding. Ein Aal baumelte unter ihrem rechten Ohr, und das, was von ihrer Haut sichtbar war, war mit roten Schwären übersät. Alle Leute, die sie sahen, rannten davon. Klar, sie sieht aus, als ob die Pest sie erwischt hätte, aber dem ist nicht so. Sie muss ins Wasser gefallen sein oder so was. Ist auch nicht wichtig.
    Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Rücken seines Zielobjekts, bewegte sich geschmeidig und lautlos vorwärts. Er würde den Narren herumreißen, um die Erkenntnis des bevorstehenden Todes in den Augen des Mannes zu sehen. Das war immer höchst befriedigend, dieses Gefühl von Macht, das durch den Mörder hindurchraste, wenn sich die Blicke trafen und dann die Erkenntnis heraufdämmerte, gefolgt von dem Schmerz und dem plötzlichen Wissen, dass der Tod unmittelbar bevorstand.
    Er war davon abhängig, das wusste er. Aber da war er wohl kaum der Einzige, oder?
    Mit einem dünnen Lächeln richtete Saygen Maral sich hinter dem Säufer auf, streckte den Arm aus und packte den Mann an der Schulter, riss ihn herum, während das Messer in seiner anderen Hand unter dem Umhang hervorkam, vorwärtszuckte -
     
    Ein Schrei ertönte auf der Straße.
    Als Banaschar herumgezogen wurde, sah er auf dem Gesicht des Mannes, der ihm gegenüberstand, einen zunächst erschreckten, dann bestürzten Ausdruck.
    Eine Frau hatte den Unterarm des Mannes gepackt – einen Arm, an dessen Ende sich ein glänzendes, fleckiges Messer befand – und noch während Banaschar es anstarrte und immer noch nicht so recht begriff, sah er, wie sie mit der Handkante kräftig gegen das

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