SdG 11 - Die Kochenjäger
Um nichts weiter. Doch von einigen Letherii-Sklaven im Dienste der Tiste Edur hatte er gehört, dass zwischen den Edur und den Tiste Andii eine uralte Feindschaft bestand, und wenn die Edur von den verborgenen Enklaven in Blaurose, von ihren verhassten dunkelhäutigen Verwandten wüssten, dann …
Und deswegen war Ahlrada Ahn hier. Er war ein Spion. Varat Taun wünschte ihm Glück. Die Mitglieder des Onyx-Ordens waren letztlich gütige Herrscher gewesen – natürlich lud die Vergangenheit unter den gegenwärtigen Umständen dazu ein, sie romantisch zu verklären.
Doch selbst, wenn man das in Betracht zieht – schlimmer als jetzt kann es gar nicht gewesen sein.
Eine weitere sinnlose Schlacht lag vor ihnen. Mehr tote Letherii. Er wünschte sich nichts sehnlicher als Zwielichts Anerkennung, und dass er nun diese Bogenschützen befehligte, konnte sich diesbezüglich als wahre Nagelprobe erweisen. War Varat Taun gut darin, zu befehligen? Konnte er das Gleichgewicht zwischen Wildheit und Vorsicht halten? Nun, ich bin schließlich beim besten Befehlshaber der letherischen Streitkräfte seit Preda Unnutal Hebaz in die Lehre gegangen, oder etwa nicht?
Dieser Gedanke allein schien den Druck zu verdoppeln.
Der Graben, den sie entlanggewatet waren, mündete in eine schlammige Ebene, deren Oberfläche von Pferdehufen und Wagenrädern aufgewühlt und von Detonationskratern zauberischer Energien übersät war. Der Gestank nach verwesendem Fleisch hing wie Nebel in der Luft. Hier und dort waren Grabsteine zu sehen – manche standen schief, andere waren zerbrochen –, und es gab zersplitterte Baumstämme, die von Fäulnis schwarz waren, und man sah dünne weiße Knochen inmitten der Leichen.
Etwa anderthalb Meilen entfernt verlief eine Anhöhe, möglicherweise eine erhöhte Straße, und dort waren Gestalten zu sehen, die mit geschulterten Piken in einer immer wieder ausfransenden Marschkolonne auf die ferne Schlacht zumarschierten.
»Schnell!«, zischte Sathbaro Rangar und humpelte weiter. »Bleibt in Deckung, rückt zusammen! Nein, dort drüben – duckt euch, ihr Idioten! Wir müssen hier weg!«
Steth und Aystar, Bruder und Schwester, die die gleichen Erinnerungen teilten – Erinnerungen an die Schmerzen, als ihre Hände und Füße an Holzkreuze genagelt gewesen waren und Raben nach ihren Augen gepickt hatten; schreckliche Albträume, die von einer einfallsreichen Vorstellungskraft heraufbeschworen wurden, wie ihre Mutter Minala sagte – krochen durch den düsteren Spalt. Der felsige Boden unter ihnen war glitschig, scharfkantig und trügerisch.
Sie hatten noch nicht gekämpft, obwohl sie ihren Eifer immer wieder verkündet hatten. Aber sie waren noch zu jung – zumindest war Mutter zu diesem Schluss gekommen. Doch Steth war zehn und Aystar, seine Schwester, neun, und sie trugen die Rüstung der Schattenkompanie und hatten Waffen im Gürtel stecken, und sie hatten zusammen mit den anderen geübt, genauso hart und gewissenhaft wie alle. Und ein Stück weiter vorn stand ihr Lieblingswachtposten und bewachte den Durchgang. Sie schlichen sich an ihn an, spielten ihr liebstes Spiel.
Tief geduckt bewegten sie sich immer weiter auf die Stelle zu, an der er normalerweise stand.
Und hörten plötzlich eine knirschende Stimme zu ihrer Linken. »Ihr beide atmet zu laut.«
Aystar kreischte vor Wut und Enttäuschung auf und sprang hoch. »Das ist Steth! Ich atme überhaupt nicht! Ich bin genau wie du!« Sie rückte zu dem ungeschlachten T’lan Imass vor, der mit dem Rücken zu einer Seitenwand der Spalte stand. Dann stürzte sie sich auf ihn, schlang ihm die Arme um den Bauch.
Onrack richtete seinen dunklen, leeren Blick auf sie. Die vertrocknete Hand, jene, die nicht das Schwert hielt, tätschelte ihr sanft den Kopf. »Jetzt atmest du aber«, sagte der Krieger.
»Und du riechst nach Staub und Schlimmerem.«
Steth ging an Onrack vorbei und postierte sich zwei Schritte weiter auf einem Felsblock, spähte in die Düsternis. »Ich habe heute eine Ratte gesehen«, sagte er. »Habe zwei Pfeile auf sie abgeschossen. Einer hat sie nur knapp verfehlt. Ganz knapp.«
»Klettere da runter«, sagte der T’lan Imass und schob Aystars Arme weg, die ihn noch immer umschlungen hielten. »Du gibst eine gute Zielscheibe ab.«
»Es kommt niemand mehr, Onrack«, sagte der Junge; er drehte sich um, als der untote Krieger zu ihm trat. »Sie haben aufgegeben – wir waren zu schlimm für sie. Mutter hat davon gesprochen, dass wir gehen
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