SdG 11 - Die Kochenjäger
der noch immer wütete, aber die Gegend, durch die sie zogen, war leblos, Stille lag wie ein Mantel über der Landschaft, und die einzigen Geräusche kamen zittrig ganz aus der Nähe -das schmatzende Geräusch, mit dem sich Stiefel aus dem grauen Matsch lösten, das Rascheln und Klirren von Rüstungen und Waffen und gelegentlich ein leiser Fluch.
Tagelang nichts als dieser Wahnsinn, diese brutale Erinnerung daran, was möglich war, wie die Dinge abrutschen konnten, immer weiter abrutschen, bis Krieger sinnlose Kämpfe fochten und Leben erloschen, die schlammige Tümpel füllten – kaltes Fleisch, das unter ihren Schritten nachgab.
Und wir marschieren in unsere eigene Schlacht und tun dabei so, als wäre uns alles um uns herum vollkommen gleichgültig. Er war kein Narr. Er war in einen Stamm hineingeboren worden, den die meisten primitiv nannten. Rückständig. Kriegerkasten, Blutkulte und unaufhörliche Blutrache. Die Gral besaßen keinerlei Kultiviertheit, wurden von niederen Beweggründen und unbegründeten Überzeugungen angetrieben. Sie verehrten die Gewalttätigkeit. Doch lag nicht Weisheit darin, Regeln aufzustellen, um den Wahnsinn im Zaum zu halten, um das Blutvergießen niemals zu weit gehen zu lassen?
Taralack Veed wurde plötzlich klar, dass er bestimmte zivilisierte Denkweisen angenommen hatte. Als hätte er schlechtes Wasser getrunken und davon Fieber bekommen, waren seine Gedanken durch Träume von Vernichtung verzerrt worden – er hatte gewollt, dass ein ganzer Clan getötet würde, hätte alle seine Mitglieder am liebsten eigenhändig getötet. Männer. Frauen. Kinder. Säuglinge. Und dann, in etwas maßvollerer, milderer Stimmung, hatte er sich ein nicht ganz so großes Gemetzel vorgestellt, eines, das ihm genügend Verwandte übrig lassen würde, über die er würde herrschen können; unbehindert und frei mit ihnen zu tun, was ihm beliebte. Er würde der Leitwolf in der Blüte seiner Jahre sein, der mit einem Blick herrschte, mit einer einfachen Geste seine absolute Herrschaft beweisen konnte.
Nichts von alledem ergab für ihn noch irgendeinen Sinn.
Ein Stück voraus verkündete der Edur-Krieger Ahlrada Ahn eine Ruhepause, und Taralack Veed ließ sich gegen die schräge, nasse Böschung eines Grabens sinken und starrte auf seine Beine hinunter, die direkt unterhalb der Knie zu enden schienen, denn der Rest verschwand in der trüben Brühe, die so grau war wie der Himmel über ihnen.
Der dunkelhäutige Tiste Edur ging an der Reihe seiner Leute entlang, blieb schließlich vor dem Gral und dem Jhag-Krieger stehen. »Sathbaro Rangar sagt, wir sind dicht dran«, sagte er. »Er wird das Tor bald öffnen – wir sind so oder so schon viel zu lange in dieser Sphäre.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte Taralack.
»Es wäre besser, wenn wir hier nicht gesehen würden – wenn uns die Bewohner dieser Sphäre nicht sehen würden. Natürlich wären wir nur geisterhafte Erscheinungen für sie, einfach nur eine weitere Kolonne von Soldaten, die sich hier entlangschleppt. Trotzdem, wenn sie uns sehen, könnte das … Wellen erzeugen.«
»Wellen?«
Ahlrada Ahn schüttelte den Kopf. »Ich weiß es selbst nicht genau, aber unser Hexer ist beharrlich. Diese Sphäre ist wie das Entstehende – den Weg zu öffnen heißt, sich der Verwüstung auszusetzen.« Er machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr: »Ich habe das Entstehende gesehen.«
Taralack Veed schaute dem Edur hinterher, als der Krieger weiterging und dann und wann Halt machte, um mit einem anderen Edur oder einem Letherii zu sprechen.
»Er führt ehrenvoll«, sagte Icarium.
»Er ist ein Narr«, murmelte der Gral leise vor sich hin.
»Du urteilst hart, Taralack Veed.«
»Er benutzt Täuschungen, Schlächter, und sie sind alle darauf hereingefallen, aber ich nicht. Kannst du es nicht sehen? Er ist anders als die anderen.«
»Es tut mir leid«, sagte Icarium, »aber ich sehe nicht so wie du. Er ist anders – wie anders?«
Taralack Veed zuckte die Schultern. »Er bleicht seine Haut. Ich kann das Zeug riechen das er benutzt – es erinnert mich an die Gotharblüten, die mein Volk benutzt, um Tierfelle weiß zu machen.«
»Er bleicht …« Icarium richtete sich langsam auf und sah an der Reihe der Krieger entlang. Dann seufzte er. »Ja, jetzt kann ich es sehen. Ich war unachtsam – «
»Du hattest dich in dir selbst verloren, mein Freund.«
»Ja.«
»Das ist nicht gut. Du musst dich bereitmachen, du musst aufmerksam bleiben, Schlächter –
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