SdG 11 - Die Kochenjäger
verkaufe es schließlich nicht, oder? Nein, wie eine verdammte Närrin gebe ich das alles einfach weg.«
»Je länger und je öfter du das Mädchen halten wirst«, sagte L’oric, »desto unwahrscheinlicher wird es, dass du das, was du im Augenblick vorhast, tatsächlich tun wirst. Mutterschaft ist ein seelischer Zustand – auch du wirst schon bald zu dieser Erkenntnis kommen.«
»Das ist gut, also warum seid Ihr immer noch hier? Ganz offensichtlich bin ich bereits zur Sklaverei verdammt, ganz egal, wie viel ich auch schimpfe.«
»Seelische Epiphanie ist keine Sklaverei.«
»Das zeigt, wie viel Ihr wisst, Hohemagier.«
»Ich fühle mich genötigt dir zu sagen, dass deine Worte Graufrosch zerschmettert haben.«
»Er wird es überleben – er scheint in der Lage zu sein, auch alles andere zu überleben. Nun, ich werde sie gleich an die andere Titte anlegen – wollt Ihr beide dabei zusehen?«
L’oric drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum.
Graufrosch blinzelte Scillara mit seinen riesigen, halbdurchsichtigen Augen zu. »Ich bin nicht zerschmettert. Mein Bruder missversteht. Die Brut klettert heraus und muss sich wehren, jedes Kleine muss sich um sein eigenes Leben kümmern. Erinnerung. Viele Gefahren. Zwischengedanke. Kummer. Ich muss jetzt meinen armen Bruder begleiten, denn er ist über viele Dinge in dieser Welt beträchtlich und wirklich bekümmert. Wärme. Ich werde meine Verehrung für dich gut bewahren, denn sie ist eine reine Sache, weil ihre Erfüllung ewig unerreichbar bleibt. Die, wie du zugeben musst, in der Tat ungelenk wäre.«
»Ungelenk ist nicht das erste Wort, das mir in den Sinn kommt, Graufrosch. Aber ich danke dir für dein Gefühl, so krank und verdreht es auch sein mag. Hör zu, versuche, L’oric etwas zu lehren, ja? Nur ein paar Dinge, wie vielleicht Demut. Und diese ganze schreckliche Bestimmtheit – schlag sie nieder, prügel sie aus ihm heraus. Sie macht ihn unangenehm.«
»Ein väterliches Erbe, leider. L’orics eigene Eltern … ach, nicht wichtig. Lebwohl, Scillara. Köstliche Phantasien, langsam und äußerst fein in den dunklen, sumpfigen Wassern meines Vorstellungsvermögens enthüllt. Das ist alles, was notwendig ist, meinen fruchtbaren Geist aufrechtzuerhalten.«
Der Dämon watschelte hinaus.
Hartes Zahnfleisch klammerte sich an ihren rechten Nippel. Schmerz und Lust, bei den Göttern, was für ein armseliges, verwirrendes Bündnis. Nun, zumindest würde dieses Gefühl der Schiefe verschwinden – Nulliss hatte ihr das Kind immer auf die linke Seite gelegt, seit es herausgekommen war. Sie kam sich wie ein schlecht beladenes Maultier vor.
Mehr Stimmen im vorderen Zimmer, aber sie machte sich nicht die Mühe hinzuhören.
Sie hatten Felisin die Jüngere mitgenommen. Das war das Grausamste von allem. Für Heboric gab es jetzt zumindest irgendeinen Frieden, ein Ende für das, was auch immer ihn gequält hatte, und außerdem war er ein alter Mann gewesen. Von ihm war genug verlangt worden. Aber Felisin …
Scillara starrte auf die Kreatur an ihrer Brust hinunter, auf die winzigen, suchenden Hände, dann lehnte sie den Kopf gegen die Wand und machte sich daran, ihre Pfeife neu zu stopfen.
Etwas Formloses erfüllte seinen Geist, etwas, das zeitlos gewesen war und erst in den letzten Augenblicken, binnen weniger Atemzüge, zu Bewusstsein wurde, trug ihn von einem Moment zum nächsten. Woraufhin Schlitzer die Augen öffnete. Alte, graue Baumstämme überspannten die Decke über ihm, deren Fugen dicht an dicht mit Spinnennetzen überzogen waren, in die hier und da die Kadaver von Motten und Fliegen eingesponnen waren. Zwei Laternen mit niedrigen Dochten hingen an Haken. Er versuchte sich zu erinnern, wie er hierhergekommen war, in diesen unvertrauten Raum.
Darujhistan … eine hüpfende Münze. Assassinen …
Nein, das war lange her. Tremolor, das Azath-Haus und Moby … das von einem Gott besessene Mädchen – Apsalar, oh, meine Liebe … Ein harter Wortwechsel mit Cotillion, dem Gott, der einst durch ihre Augen geblickt hatte. Er war im Reich der Sieben Städte; er war mit Heboric Geisterhand und Felisin der Jüngeren und Scillara und Graufrosch, dem Dämon, unterwegs gewesen. Er war zu einem Mann mit Messern geworden, einem Mörder – wenn sich die Gelegenheit ergab.
Fliegen …
Schlitzer stöhnte, fuhr sich mit einer Hand versuchsweise unter der Decke über den Bauch. Die Wunde war nichts weiter als eine dünne Narbe. Er hatte gesehen … wie seine
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