SdG 12 - Der Goldene Herrscher
in Anbetracht deiner Intelligenz und deines Weitblicks stolz auf dem Thron eines jeden Königreichs sitzen könntest.«
Das Grinsen des Sklaven war voller Bosheit. »Verdammt sollst du sein, Forcht Sengar.«
»Wieso fühlst du dich angegriffen?«
»Du hast gerade das entscheidende Argument sowohl für als auch gegen die Sklaverei vorgebracht. Ich war vergeudet, ja? Oder aus Notwendigkeit fest unter dem Joch. Wenn zu viele Leute wie ich frei rumlaufen, kann kein Herrscher, ob Tyrann oder nicht, mehr sicher auf seinem Thron sitzen. Wir würden die Dinge aufwühlen, wieder und wieder. Wir würden in Frage stellen, Einspruch erheben, uns widersetzen. Dadurch, dass wir aufgeklärt sind, würden wir das größte Chaos heraufbeschwören. Und deshalb schieb einen weiteren Korb mit Fischen hier rüber, Forcht, das ist besser für uns alle.«
»Außer für dich.«
»Nein, sogar für mich. Auf diese Weise bleibt all mein Scharfsinn kraftlos, bleibt er harmlos für alle und daher auch ganz besonders für mich - sonst würden meine hochfliegenden Ideen womöglich noch eine Sturzflut aus Blut auslösen.«
Seren Pedac gab einen überraschten Laut von sich. »Du hast Angst vor deinen eigenen Ideen, Udinaas?«
»Die ganze Zeit, Freisprecherin. Ihr nicht?«
Sie sagte nichts.
»Hört mal«, sagte Forcht. »Der Gesang hat aufgehört.«
Wie üblich endete die Debatte damit, dass alle verloren. Der Zusammenprall halsstarriger Auffassungen erzeugte keine Harmonie, sondern nur Erschöpfung und einen Schmerz im Hinterkopf. Clip, der in der Düsternis auf der obersten Stufe saß, von der aus man die lächerlicherweise als solche bezeichnete Scheibe der Übereinstimmung sehen konnte, hatte die Füße auf die nächst niedrigere Bank gestellt und bemühte sich, vollends wach zu werden, während sich dort unten die fünf finster dreinblickenden Onyx-Magier alle gleichzeitig Silchas Ruin zuwandten.
Ordant Brid, der Traummeister des Felsens, der Clip losgeschickt hatte, um diese furchtbaren Wanderer hierher zu holen, ergriff als Erster das Wort. »Silchas Ruin, Bruder im Blute unseres Schwarzen Geflügelten Herrn, wir wissen, was Ihr sucht.«
»Dann wisst Ihr auch, dass Ihr Euch mir nicht entgegenstellen solltet.«
Bei diesen kalten Worten setzte Clip sich aufrechter hin.
»Das ist genau das, wovor ich gewarnt habe!«, schrie Rin Varalath, det Traummeister der Nacht, mit seiner schrillen und zugleich kratzigen Stimme. »Er taucht hier auf wie ein Gigant der Vernichtung! Welcher von den Brüdern wurde mit dem größeren Anteil an Bedachtsamkeit und Weisheit beschenkt? Nun, die Antwort ist offensichtlich!«
»Beruhige dich«, sagte Penith Vinandas.
Clip lächelte in sich hinein und fragte sich dabei einmal mehr, ob der Aspekt der Träume die Persönlichkeit ihrer Meister - oder im Falle Peniths, ihrer Meisterin - gestaltete. Oder war es andersherum? Natürlich würde die Meisterin der Wurzel zur Ruhe raten, zur Beruhigung der wilden Willenskräfte, denn sie war ganz gewiss zutiefst … verwurzelt.
»Ich bin ruhig!«, zischte Rin Varalath. Er deutete mit einem Finger auf Silchas Ruin. »Wir dürfen dem da nicht nachgeben, sonst wird alles, was wir erreicht haben, über uns zusammenstürzen. Das Gleichgewicht ist das Einzige, was uns am Leben erhält, und ihr alle wisst das. Und wenn ihr es nicht wisst, habt ihr euch mehr verirrt, als ich mir das jemals vorgestellt habe.«
Draxos Hulch, der Traummeister des Dunklen Wassers, sprach in seinem tiefen Bariton. »Die Sachlage, werte Mitmagier, steht weit weniger zur Debatte, als ihr vielleicht hofft. Es sei denn, wir können diesem Krieger die Art unseres Kampfs und das unbehagliche Gleichgewicht erklären, das wir erst kürzlich erreicht haben.«
»Warum sollte er daran interessiert sein?«, fragte Rin Varalath. »Es bedeutet ihm nichts, wenn das alles hier zusammenbricht. Er wird weitergehen, achtlos - unser Tod wird bedeutungslos sein, soweit es ihn betrifft.«
Silchas Ruin seufzte. »Es ist nicht so, dass mir nicht bewusst wäre, welche Schlacht Ihr hier geschlagen habt, Magier. Aber Ihr verdankt Euren Erfolg einzig und allein der unvermeidlichen Auflösung des Jaghut-Rituals.« Er ließ den Blick über die Gesichter vor ihm schweifen. »Ihr habt Omtose Phellack nichts entgegenzusetzen, wenn - wie in diesem Fall - derjenige, der sich des Gewirrs bedient hat, kein anderer als Gothos war. Jedenfalls ist das Gleichgewicht, das ihr erreicht zu haben glaubt, eine Illusion. Das Ritual
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